Hengstgeflüster (German Edition)
Charakter…“, sagte sie und schüttelte fast bedauernd den Kopf, wäre da nicht ihr hämisches Grinsen gewesen.
„Jetzt reicht´s mir, Lady! Entweder Sie lassen jetzt sofort meine Freundin in Ruhe, oder Sie werden gleich ihr blaues Wunder erleben.“
Die Alte lachte boshaft.
Lori war überrascht. Bell, ihre Freundin! Noch nie hatte sie eine Freundin gehabt, die sich so für sie einsetzte. Und noch dazu so eine witzige und hübsche Freundin. Denn Bell war wirklich sehr hübsch, auch, wenn sie immer komische Klamotten trug.
Ein paar Stände weiter hörte Natalia, die gerade frischen Lachs inspizierte, einen gellenden Kampfschrei. Erschrocken ließ sie alles stehen und liegen und rannte mit einem gewissen Gefühl der Unruhe in die Richtung des Gemenges.
„Lassen Sie mich bitte durch. Bitte, treten Sie ein Stück zur Seite“, sagte sie, als sie sich durch die schaulustige Meute drängte, die sich bereits um das kleine Grüppchen gebildet hatte.
Langsam teilte sich vor Natalia die Menge und … Nein! Das durfte doch nicht wahr sein…
Bell, was zum Teufel ist das…?“ Bestürzt blickte Natalia auf das fremdartige Wesen, das ohne Haare und mit seltsamen hautfarbenen Binden um den Kopf sprachlos dastand. Eine unheilvolle Zornesröte breitete sich über das Gesicht dieses seltsamen Wesens aus. Sie stand ohne Zweifel kurz vor der Explosion. Die Frau trug einen sonderbaren glänzend-blauen Kampfanzug und ihr bizarr angeschmierter, zusammengekniffener Mund bebte. In Bells Faust ruhte eine weißblonde Lockenpracht.
„Bell, bitte, gib der Dame sofort ihre Haare zurück“, sagte Natalia erschrocken.
„Wer sind Sie? Mata Hari?“, blaffte die Alte mit hämischer Stimme.
„Ohh….“ Natalia, die auf eine solche Unfreundlichkeit nicht vorbereitet gewesen war, fehlten die Worte. Lori schob sich unauffällig hinter Bell vorbei und klammerte sich an Natalia.
„Was ist mit dir, Kleine? Hast du gar kein Rückrad?“, herrschte die Fremde Lori an. „Tssst, tssst, was für eine verzogene, freche Göre du doch bist“, zischte sie. „Wo bist du aufgewachsen, hm? Bei einer Sekte?“
„Natalia, du fährst mit Lori heim“, befahl Bell resolut. „Lass sie Lulu waschen...“, fiel ihr ein, damit die Kleine auf andere Gedanken kam. Sie hatte doch genug mitgemacht in den letzten paar Jahren. Da kam die gemeine, niederträchtige Alte ohne Namen gerade noch recht, um dem Kind die letzte Selbstachtung zu nehmen.
„Um den Rest hier kümmere ich mich.“ Bell klemmte sich die Wallemähne unter die Achseln und streckte Natalia und Lori ihre Einkäufe entgegen.
„Und du hältst das wirklich für eine gute Idee?“, flüsterte Natalia. „Warum kommst du nicht einfach mit und lässt die alte Frau hier einfach stehen?“
Die Alte schnaubte empört. „Haben Sie in letzter Zeit schon einmal in den Spiegel geschaut…!“, geiferte die Fremde Natalia an.
„Also, das ist doch …! Komm Lori, die böse Frau hat es nicht anders verdient.“
Natalia stürmte mit Lori an der Hand davon.
„Natalia?“, frage Lori.
„Hmm?“
„Nimmt Bell die Frau jetzt so richtig auseinander?“
„Wir werden jetzt deinen Dad holen, der wird sich darum kümmern.“
„Dad hat gesagt, Bell hat einen tollen rechten Haken.“ Sie rannte neben Natalia her, die den schnellsten Weg zum Auto nahm.
„Das bezweifle ich nicht“, murmelte Natalia und hoffte, dass sie mit Chris rechtzeitig wieder zurück war.
„Bell hat mir geholfen“, hielt die Kleine fest.
„Das war wirklich sehr nett von ihr“, sagte Natalia, während sie die gepflasterte Kopfsteinstraße hinunter rannten, „aber, weißt du, sie ist deine Freundin und da hilft man sich gegenseitig.“
„Mhm …“, sagte Lori ernst. Die Kleine schien schon oft verletzt worden zu sein.
In der unmittelbaren Nähe hörten Natalia und Lori das metallene Tüten einer sich nähernden Sirene. Carabinieri! Auch das noch!
Mit quietschenden Reifen fuhr Natalia auf der Podere la Buti ein. Chris hatte die Pferde gefüttert und ausgemistet, den Stall geputzt und die beiden Tiere noch dazu. Gerade ruhte er sich schweißüberströmt im schmalen Schatten der Zypresse aus, als der Wagen mit Natalia und Lori schlitternd im Hof zum Stehen kam. Verdutzt rappelte er sich auf.
Natalia half Lori aus dem Auto und schickte sie ins Haus. Dann wandte sie sich suchend nach Cris um, der ihr bereits eilig entgegenkam.
„Wo ist Bell?“, blaffte er sie an.
„Na ja … “, Natalia rang nach Worten, „
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