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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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mit einem Boten losgeschickt werden.«
    Sempach presste die Lippen aufeinander und nickte. »Sehr wohl, Schultheiß.« Noch saß Remser am längeren Hebel. Doch er würde diese Gemeinheit bitter bereuen.
    Johann Remser winkte einer der Mägde. »Bring uns mehr Bier und Braten und Brot!«
    Als die frischen Krüge vor ihnen standen, griff sich Remser einen und erhob ihn. »Auf gutes Gelingen!«
    Von den Fildern stimmte ein, und auch Sempach hob zähneknirschend seinen Krug. Sie setzten an und tranken, bis sie den Boden der Krüge sahen, und ließen sie dann auf die Tischplatte krachen.
    Remser zwinkerte Sempach zu. »Eure bereitwillige Hilfe soll Euer Schaden nicht sein«, sagte er. »Im richtigen Moment werde ich mich daran erinnern.«
    Von den Fildern nickte eifrig. »Es ist die beste Lösung. Wir Reichsstädte müssen zusammenhalten. Im Kampf gegen die allmächtigen Württemberger steht Reutlingen letztlich auf unserer Seite. Nur das zählt.«
    »Wohl gesprochen«, pflichtete Remser ihm bei.
    »Was wird denn nun aus dem wahren Mörder? Diesem Simon Brecht?«, unterbrach Sempach.
    »Wir lassen ihn von den Ulmern herbringen«, erklärte Johann Remser. Alle Anspannung hatte sich aus seinem feisten Gesicht gelöst, selbstzufrieden grinste er Sempach an. »Und ihren Henker sollen sie gleich mitschicken. Der wird die Hinrichtung übernehmen.«
***
    Der Kelch aus Glas zerbarst an der rauen Wand. Eine Bauernfamilie hätte von dem Gegenwert des Gefäßes gut und gerne ein Jahr lang leben können, doch das scherte Ottmar de Bruce nicht. Im Gegenteil. Seine Wut war noch lange nicht verraucht. Er schaute sich um und beschloss, den Scherenstuhl in Feuerholz zu verwandeln. Mit beiden Händen nahm er ihn hoch und warf ihn aus dem Fenster, krachend schlug der Stuhl im Hof auf.
    De Bruce schaute hinunter und sah noch, wie die Leute, die die ganze Zeit neugierig hinaufgestarrt und dem Lärm gelauscht hatten, weghuschten wie Ungeziefer. Normalerweise hätte er sie für ihre Faulenzerei schwer bestraft, doch heute hatte er andere Sorgen. Er trat zurück an den Tisch, wo das Schreiben lag, das er soeben erhalten hatte. Warum war er nur so gestraft mit nichtsnutzigen Stümpern, mit hirnlosen Hornochsen, die noch nicht einmal in der Lage waren, einen einzigen Mann zu vernichten! Er riss das Pergament vom Tisch, trampelte darauf herum und warf es in den Kamin, der allerdings nicht unter Feuer stand. Er versetzte einer Truhe einen Fußtritt, dass das Holz splitterte, und leerte einen weiteren Becher starken Weins.
    Langsam ebbte der Feuersturm in seinem Kopf ab. Mit spitzen Fingern fischte er das Pergament aus der kalten Asche, rollte es auf und las es noch einmal. Er konnte es immer noch nicht glauben. Der echte Mörder war gefasst. Verflucht! Von Säckingen gehörte gevierteilt und dann geröstet, und zwar auf kleiner Flamme – es sollte dauern, bis seine gottverdammte Seele in die Hölle fuhr. Nein, besser! Er würde ihm eigenhändig das Schwert in den Leib rammen! Von Säckingens hochgepriesener Spion war nicht nur ein Stümper, nein, er hatte auch noch einen Mörder gedungen, den man nur einmal an der Nase hatte kitzeln müssen, damit er gestand. Was für ein dilettantisches Pack!
    De Bruce rieb sich über den vernarbten Unterarm. Zu allem Ärger musste er nun auch noch die Belohnung zahlen, die er auf Wendels Ergreifung ausgesetzt hatte. Wenn er sich weigerte, weil nicht Wendel, sondern der tatsächliche Mörder gefasst worden war, würde das nur unnötiges Gerede verursachen. Wie gut, dass zumindest niemand wusste, wer das Kopfgeld ausgesetzt hatte. Gleich morgen würde er einen Mann zu dem Wirt nach Ulm schicken, dann war diese Sache schon mal vom Tisch.
    Blieb Wendel. Dieser verfluchte Weinpanscher! Der langsame, qualvolle Todeskampf, den de Bruce für ihn vorgesehen hatte, würde ihm erspart bleiben, denn noch einmal würde er sicherlich nicht in die Falle tappen. Seiner Strafe würde der Karcher dennoch nicht entgehen. Wendel Füger musste sterben. Und diesmal würde er selbst, Ottmar de Bruce, sicherstellen, dass der Plan glückte.
    De Bruce unterdrückte den Drang, seine vernarbte Haut blutig zu kratzen, und zog rasch den Ärmel seines Gewandes hinunter. Hinter ihm öffnete sich die Tür zum Schlafgemach.
    »Kommt Ihr nicht wieder zurück ins Bett, mein Gemahl?«, fragte eine zarte Stimme.
    »Jetzt nicht«, gab er unwillig zurück. »Lass mich allein, ich habe dringende Geschäfte zu erledigen.«
    »So spät am Abend? Es ist

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