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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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sondern von zahlreichen Fackeln zu kommen. Mit einem Mal wurde es taghell, eine riesige Flamme schoss in den Nachthimmel.
    Ida! Hermann! Melisande stürzte um die Ecke. Sie hatte richtig vermutet. Das kleine Haus der beiden Alten brannte lichterloh. Holz knackte, das Strohdach knisterte, Funken stoben mit dem Wind über den Hof. Ein paar Gestalten standen vor dem Haus und johlten ausgelassen. Der Feuerschein machte aus ihren hassverzerrten Gesichtern hässliche Fratzen.
    »Die Hexe brennt!«, schrie ein dürrer Mann mit langem strähnigen Haar.
    »Die Flammen verschlingen das Teufelsweib!«, brüllte ein anderer und ballte siegestrunken die Faust.
    Im selben Moment schrie Ida um Hilfe.
    Melisande schossen die Tränen in die Augen. Sie musste ihr helfen! Doch wie? Zwischen ihr und dem brennenden Haus standen die Männer, deren Grölen immer lauter wurde. Soweit sie es erkennen konnte, waren es fünf. Selbst wenn die Männer betrunken und unbewaffnet waren, konnte Melisande gegen diese Überzahl nichts ausrichten.
    Idas Hilfeschreie wurden immer lauter, schließlich kreischte sie in Todesangst. Von Hermann war nichts zu hören, vielleicht war er bereits erstickt. Oder die feigen Mörder hatten ihn umgebracht, bevor sie das Feuer legten.
    Melisande hob das Schwert. Einer der Männer, ein kleiner mit einem merkwürdig verformten Gesicht, drehte sich um und riss die Augen auf.
    »Da ist sie!«, schrie er aufgebracht. »Die Hexe! Sie entkommt uns! Sie darf nicht auf ihren Besen steigen! Schnell!«
    Die anderen drehten sich ebenfalls um. Zwei Männer stürmten auf sie zu, während die anderen drei immer noch verständnislos zwischen ihr und dem brennenden Haus hin- und herblickten. Offenbar hatten sie nicht gewusst, dass Mechthild ein eigenes Häuschen bewohnte, und glaubten nun, sie sei den Flammen durch irgendeine Teufelei entkommen. Also waren nicht sie es gewesen, die ihr die Kröte an die Wand gemalt hatten.
    Melisande packte das Schwert fester. Wenn diese gemeinen Mörder glaubten, sie besäße Zauberkräfte, konnte ihr das vielleicht das Leben retten.
    In dem Augenblick, als die beiden Männer Melisande erreichten, brach das Dach des brennenden Hauses krachend zusammen. Idas Schreie erstarben.
    »Herr, nimm die Seelen dieser beiden guten Menschen bei dir auf – und steh mir bei!«, betete Melisande stumm. Dann ließ sie die Klinge mit der ganzen Kraft ihrer Wut auf den ersten Feuerteufel niederfahren. Er glotzte sie verdutzt an und taumelte. Doch ihr Triumph währte nur kurz. Schon hieb der andere mit seiner Waffe auf sie ein. Nur mit Mühe gelang es ihr, seine Hiebe mit dem Schwert abzuwehren.
    Auch die Übrigen hatten sich offenbar von ihrem Schreck erholt und rannten nun auf sie zu, ihre Schwerter zum tödlichen Schlag erhoben. Der Hass in ihren Gesichtern ließ Melisande das Blut in den Adern gefrieren. Sie riss ebenfalls die Waffe hoch. Wenn dies ihre letzte Stunde war, so würde sie sich zumindest nicht kampflos ergeben.
***
    Eberhard von Säckingen setzte sich an einen Tisch und winkte dem Wirt. »Einen Krug Wein! Und zwar von Eurem besten!«
    Er strich sich durch das Haar und gähnte. Morgen würde er zur Adlerburg zurückkehren, und er wusste kaum mehr über die Metze vom Fronhof als zuvor. Was hatte er sich auch eingebildet? Diese Reise war eine schwachsinnige Idee gewesen. Er sollte sich die Kleine aus dem Kopf schlagen, bevor sie ihm den Verstand raubte.
    Der Wirt des »Wilden Mannes« brachte ihm den Krug eigenhändig. »Mein Herr, wenn ich recht unterrichtet bin, habt Ihr Euch erst kürzlich nach der Magd vom Weigelin-Hof erkundigt. Ist es nicht so?«
    »Und?«, schnauzte von Säckingen ihn an. »Was geht Euch das an?«
    Der Wirt hob die Schultern. »Ich dachte, es interessiert Euch vielleicht, dass vorhin ein paar Männer losgezogen sind, um der kleinen Hexe einen Besuch abzustatten.«
    Mit einem Schlag war von Säckingen hellwach. »Was soll das heißen? Was für einen Besuch?«
    »Genaues weiß ich auch nicht.« Der Wirt setzte eine ahnungslose Miene auf. »Meine Schankmagd, die Maria, hat gehört, wie sie sich unterhalten haben. Man müsse etwas gegen die Hexe unternehmen. Sie gehöre auf den Scheiterhaufen. Was solche Kerle halt von sich geben, wenn sie bereits ein paar Humpen Bier in sich hineingekippt haben.«
    »Und weiter?« Von Säckingen war aufgesprungen.
    »Dann sind sie weg. Mehr weiß ich auch nicht. Vermutlich sind sie nach Hause geschlichen und zu ihren Weibern ins Bett gekrochen.

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