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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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gute Geschichte zurechtgelegt hatte. Mechthild gehörte ihm, de Bruce hatte nie von ihr erfahren sollen. »Sie war viel zu vornehm gekleidet für eine Magd, und gesprochen hat sie wie eine Tochter aus gutem Hause.«
    De Bruce strich sich nachdenklich über das Kinn. »Noch etwas?«
    »Die Leute dort halten sie für eine Hexe, weil sie heilkundig ist.« Er biss sich auf die Lippen. »Und wegen ihres Haares. Es ist feuerrot.«
    De Bruce starrte ihn ungläubig an. »Wie alt ist sie?«
    »Noch keine zwanzig, würde ich sagen.« Ihm wurde schwindelig, als er begriff, worauf de Bruce hinauswollte. Todesangst jagte durch seinen schwitzenden Körper, ein Gefühl, das ihm fremd war.
    De Bruce schüttelte langsam den Kopf. »Ihr seid ein Teufelskerl, Eberhard von Säckingen, wisst Ihr das?«
    Von Säckingen schluckte und schickte ein Stoßgebet zum Himmel.
    »Ihr wolltet mich mit einem kleinen Geschenk überraschen, ist es nicht so?«
    Von Säckingen nickte heftig.
    De Bruce sprang auf, schlug mit der Faust auf den Tisch und reckte sie dann gen Himmel. »Wer auch immer da oben sich über mich lustig gemacht hat, jetzt ist es so weit! Fünf Jahre! Seit fünf Jahren jage ich dieser Teufelsbrut hinterher.« Er blickte auf von Säckingen herab, der am liebsten im nächsten Mauseloch verschwunden wäre. »Und, wo steckt die kleine Metze? Seit fünf Jahren warte ich darauf, sie ihrer Familie hinterherzuschicken. Spannt mich nicht länger auf die Folter!«
    »Sie ist mir entwischt«, flüsterte von Säckingen und senkte den Kopf.
    »Was?« De Bruce packte ihn beim Surcot und setzte ihm das Messer an den Hals. »Ihr habt sie entkommen lassen? Was seid Ihr nur für ein dämliches Stück Dreck!«
    Von Säckingen spürte die kalte scharfe Klinge an seiner Haut. De Bruce’ keuchender Atem, der nach Wein und Kohl stank, blies ihm ins Gesicht. »Lasst mich erklären«, bat er.
    »Was gibt es da zu erklären?« De Bruce packte ihn beim Haar und zog ihm den Kopf in den Nacken. »Wenn ich meinen Blutdurst nicht an Melisande Wilhelmis stillen kann, müsst Ihr dafür herhalten.«
    Eberhard von Säckingen spürte, wie de Bruce mit dem Messer in seine Haut ritzte. Es brannte, Blut rann ihm den Hals herab. »Der Pöbel war es, der den Fronhof in Brand gesteckt hat«, wisperte er. Der Druck des Messers wurde stärker, von Säckingen schloss die Augen.
    »Sie ist tot?« De Bruce ließ das Messer auf den Tisch fallen. Er sah vollkommen fassungslos aus. »Verbrannt?«
    Von Säckingen fuhr sich an den Hals und fühlte das klebrige Blut. Es war nur ein Kratzer. »Das glaube ich nicht«, sagte er. »Ich bin sicher, dass sie noch lebt. Ich war nach dem Feuer auf dem Hof und habe alles abgesucht. Ich habe nur zwei Leichen gefunden, wahrscheinlich die der beiden alten Leute, für die sie gearbeitet hat. Das Mädchen muss entkommen sein.«
    »Dieses Gör hat mehr Leben als eine Katze.« De Bruce musterte nachdenklich den Boden. »Ihr werdet sie suchen«, befahl er und bohrte von Säckingen seinen Zeigefinger in die Brust. »Ihr brecht sofort auf. Nehmt Fackeln mit, es ist dunkel. Und Eure besten Leute. Durchkämmt die ganze Gegend. Und lasst Euch ja nicht wieder hier blicken, bevor Ihr sie habt! Und zwar lebend.«
    Die letzten Worte schrie de Bruce. Er rieb sich die Hände, schenkte sich Wein ein, sein Blick wurde glasig. »Der Tag der Rache ist nah.« Er trank in einem Zug aus, brüllte nach Mathis, seinem Pagen, und stürmte aus dem Saal.
    Eberhard von Säckingen blieb allein zurück. Benommen starrte er in den Weinkelch. Mechthild war Melisande Wilhelmis? War das möglich? Die Umstände passten jedenfalls. Das Alter, das rote Haar, die vornehme Herkunft. Er selbst hatte das Mädchen damals bei dem Überfall nur flüchtig und von weitem gesehen. Ihr Gesicht war ihm fremd. Kein Wunder also, dass er sie nicht erkannt hatte. In Urach hatte man ihm erzählt, dass sie erst seit wenigen Wochen auf dem Fronhof lebte. Wo hatte sie sich all die Jahre versteckt? Wie hatte sie ihre Herkunft geheim gehalten?
    Von Säckingen erhob sich. Sie selbst würde ihm diese Fragen beantworten. Wenn er sie gefunden hatte.
***
    Melisande legte die Feder auf dem Schreibpult ab und betrachtete ihr Werk. Gar nicht so schlecht für jemanden, der in den letzten fünf Jahren nur mit einem Griffel auf einer Wachstafel herumgekratzt hatte. Allemal besser als die Dokumente, die der alte Schreiber aufgesetzt hatte. Seine Schrift war zitterig, die Zeilen verliefen schief in alle Richtungen,

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