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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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alles.«
    »Das sehe ich anders.« Wendel schwieg, genoss die jetzt fragenden Gesichter der Umstehenden.
    Er wandte sich ab und ging zu einem der Wagen, nestelte an einer Plane herum, bis der Ritter die Beherrschung verlor und losbrüllte. »Was fällt Euch ein, Euch dem Befehl des Grafen Ulrich zu widersetzen?«
    Wendel fuhr herum. Die Söldner hatten ebenfalls die Geduld verloren und ihre Waffen fester gegriffen. Mit einer unauffälligen Geste gebot Wendel ihnen Einhalt. »Was glaubt Ihr, wer Ihr seid? Was glaubt Ihr, wo Ihr seid?« Er stampfte mit dem rechten Fuß auf den Boden. »Dies ist die heilige Erde der freien Reichsstadt Reutlingen. Ihr seid Gast hier und nicht König noch Kaiser. Schert Euch zurück nach Urach, und richtet Ulrich aus, es ehrt mich, dass ihm mein Wein schmeckt. Aber wenn er welchen geliefert haben will, soll er einen anderen Boten schicken. Einen, der die Regeln der Höflichkeit kennt und sich aufs Verhandeln versteht. Ansonsten verzichte ich auf das Geschäft. Ein paar Fässer Wein mehr oder weniger zu verkaufen, das macht mir nichts aus.«
    Wendel wandte sich ab und hielt auf das Haus zu.
    »Wartet, mein Herr.«
    Wendel ging weiter.
    »Bitte!«
    Er blieb stehen, drehte sich aber noch nicht um.
    »Verzeiht meine groben Worte. Der Ritt war lang und anstrengend, es ist heiß, da kann es passieren, dass einem die falschen Worte von der Zunge rutschen. Der Graf hat ausdrücklich gewünscht, diesen Euren Wein zu kaufen. Ich bezahle Euch gerne den doppelten Preis ...«
    Wendel wandte sich um. Er warf sich in Positur, als wolle er ein paar Verse rezitieren, und funkelte den Ritter an. »Glaubt Ihr, ich bin ein Halsabschneider? Ein Betrüger? Ein falscher Hund und gottlos?«
    Fast tat Wendel der Ritter leid. Aber er hatte es nicht anders verdient.
    »Nein«, stotterte der Bote. »Wie kommt Ihr denn darauf? Ich ... Ich ... Verzeiht mir.«
    Wendel holte tief Luft, trat auf den Mann zu, legte ihm eine Hand auf die Schulter und blickte ihm tief in die Augen. »Graf Ulrich soll nicht leiden, nur weil er den falschen Mann ausgesandt hat. Allerdings habe ich eine Bedingung: Macht mich zum Hoflieferanten in Urach. Denn nichts liegt mir mehr am Herzen, als unserem sehr geschätzten, ja ich würde sogar behaupten, verehrten Grafen Ulrich den besten Wein zu liefern, den es für Geld zu kaufen gibt. Und um der schwachen Erinnerungskraft des Menschen nachzuhelfen, setzen wir einen Vertrag auf, den Ihr siegelt. Ihr habt doch ein Siegel des Grafen dabei, oder?«
    Reinhard von Traunstein und Hofberg schluckte hart. »Aber Ihr könnt erst ab dem Herbst Lieferant werden. Ulrich ist noch an andere Verträge gebunden.«
    Wendel runzelte die Stirn. »Er bezieht aus anderer Quelle Füger’schen Wein?«
    »So ist es.«
    »Aha.« Wendel lächelte nachdenklich. »Das ist kein Problem, mein lieber Traunstein. Kommt mit ins Haus, der Vertrag ist schnell aufgesetzt, im Groben zumindest, für die Einzelheiten haben wir später noch genügend Zeit.«
    Nur eine Stunde später verabschiedete Wendel den Boten und befahl seinen Männern, weitere Wagen zu beladen. Bis Urach war es mit dem Tross ein knapper Tagesmarsch. Wenn sie auf längere Pausen verzichteten, würden sie vor Einbruch der Dunkelheit eintreffen. Wie gut, dass er für den Weg zur Adlerburg einen zusätzlichen Reisetag gerechnet hatte! Er würde das Geschäft in Urach machen und Ottmar de Bruce trotzdem noch pünktlich beliefern. Aber wo war Vater abgeblieben?
    Wendel gab bereits das Zeichen zum Aufbruch, als dieser in den Hof stürmte, gefolgt von einem jungen Mann in leichter Rüstung. »Warte noch einen Moment, Wendel!«, rief der alte Füger. »Auf ein Wort.«
    Ob sie heute wohl noch irgendwann loskämen? Gottergeben stieg Wendel vom Pferd.
    Rasch zog ihn sein Vater auf die Seite. »Ich wollte dir nur sagen ...« Er brach ab und umarmte Wendel zum zweiten Mal an diesem Tag. »Du bist ein Teufelskerl, mein Junge!«
    »Du hast alles mitbekommen?«
    »Jedes Wort. Weißt du, den Vertrag wird Ulrich natürlich nicht einhalten.«
    Wendel wollte Einwände erheben, aber sein Vater ließ es nicht zu. »Mach dir nichts draus. Darum geht es ja auch gar nicht. Ich hätte den Kerl in einem Fass aus der Stadt gejagt und damit vielleicht einen Händel ausgelöst. Ich bin nun mal ein Heißsporn, und dieser Ritter war anmaßend und frech, ein Widerling. Du hast ihn mehr gedemütigt, als ein Aufenthalt in einem Fass das je vermocht hätte. Das war findig, aber leider nicht

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