Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
Vom Netzwerk:
geschützt. Zudem stand innerhalb der Mauern immer ein kleines Heer bereit. Was für eine Not könnte dort also ausgebrochen sein, die seiner Hilfe bedurfte? Wer war der Fremde eigentlich?
    »Ehrenwerter Herr.« Wendels betont freundliche Stimme verbarg kaum seinen Ärger über die mangelnde Höflichkeit des Württembergers. »Wenn ich erstens wüsste, wie ich Euch ansprechen soll, und zweitens, welche Not denn ausgebrochen ist, so seid versichert, dass ich mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen, zur Hilfe eilen würde.«
    »Reinhard von Traunstein und Hofberg ist mein Name, und ich bin Ritter des Grafen Ulrich III. von Württemberg.« Er hob das Kinn, als wolle er seinen schönen Hals zeigen, aber der steckte hinter blinkendem Metall. Trotz der Hitze war sein Gesicht nicht gerötet, sondern hatte eine ungesunde graue Farbe.
    Bei Gott, in einer Rüstung herumzulaufen, die fast so schwer war wie man selbst, das war vermutlich im Winter schon schweißtreibend. Wie mussten die Männer erst im Sommer in ihren eisernen Gefängnissen gebraten werden! Wendel war froh, dass er kein Ritter war. »Habt Dank, Herr Ritter Reinhard von Traunstein und Hofberg. Ich bin erfreut, Euch als meinen Gast begrüßen zu dürfen. Darf ich Euch einen Becher kühlen Weins reichen? Dazu ein Stück von unserem ausgezeichneten Ziegenkäse? Ein Stück Brot? Oder lieber einen Batzen saftigen Schinkens? Ihr müsst hungrig sein und durstig, so wie Euer Pferd, das mit Sicherheit einen scharfen Ritt hinter sich hat.«
    Wendel nickte zu dem prachtvollen Tier, dessen Flanken zitterten und von weißem Schaum troffen. »Bringt Wasser für das Pferd, und ein wenig Stroh!«, befahl er, und schon lief ein Knecht, als ginge es um sein Leben.
    »Und Ihr?« Wendel gab nicht auf.
    »Wein, aber mit Wasser verdünnt, und ein Stück Brot, das muss genügen.«
    Eiligst wurde sein Wunsch ausgeführt. Mit ins Haus wollte der Mann nicht kommen, er verzehrte das Brot, wie ein Hund einen saftigen Braten verschlingt, goss den Wein hinterher, stieß einmal kräftig auf und neigte zum Dank den Kopf ein winziges Stück weit nach vorne. Er zeigte auf die Wagen. »Wie ich sehe, geht Ihr auf Fahrt? Was habt Ihr geladen? Wein?«
    Wendel schwieg und neigte den Kopf um ein ebenso minimales Stück wie der Ritter.
    »Das trifft sich gut. Ihr werdet den Wein nach Urach bringen.«
    Wendel war froh, dass Vater im Hinterhaus war. Er hätte sich den Ritter kurzerhand geschnappt und in einem Fass vor den Toren der Stadt zur Schau gestellt, allerdings ohne seine Rüstung. Niemand hatte das Recht zu befehlen, wo, wann und wohin ein Füger Wein lieferte. Mit Ausnahme des Zunftgerichts und des Königs. Offenbar stand der Ritter bei seinem Herrn nicht in hohem Ansehen, denn sonst wäre er nicht Bote, sondern Hauptmann oder Berater. Er war zweifellos ungehobelt und dreist, aber vielleicht ließ sich dennoch aus seinem Besuch Kapital schlagen.
    »Verehrter Traunstein.« Wendel spürte die Spannung unter seinen Leuten. Die fragten sich natürlich, ob er klein beigeben oder den Angeber in die Schranken weisen würde. »So besteht die Not darin, dass Euch der Wein ausgegangen ist, sehe ich das recht?«
    »Euer Scharfsinn ist bestechend.«
    Auch diese Unverschämtheit überhörte Wendel geflissentlich. Er musste mehr aus dem Mann herausbekommen, bevor er entscheiden konnte, ob er ihn seinem Vater zum Fraß vorwerfen oder seinem Wunsch nachkommen würde. »Dafür bin ich bekannt, edler Ritter. Und mein Scharfsinn sagt mir auch, dass Ihr nicht ohne Grund ausgerechnet hierherkommt. Denn wir sind beileibe nicht die einzigen Karcher in diesem schönen Lande. Versteht mich nicht falsch. Wir sind nicht nur Händler, sondern auch Weinbergseigner, und wir sind stolz auf unseren Wein. Gerne verkaufe ich Euch meine edlen Tropfen, denn ich bin überzeugt, dass der Füger’sche Wein eines Grafen würdig ist.«
    Der Ritter schwitzte. »Ebendieser hat angeordnet, es soll der Reutlinger sein, der Füger’sche Traminer, und kein anderer. Mehr werdet Ihr nicht erfahren.«
    Wendel lächelte gewinnend. Was für eine Geheimnistuerei wegen ein paar Fässern Wein! »Freut mich zu hören. Wenn ich also meinen Scharfsinn weiter bemühe ...«, Wendel sah zufrieden die schmunzelnden Gesichter rundherum, »... dann solltet Ihr weitreichende Vollmachten mit Euch führen, zumindest was den Abschluss unseres Geschäftes angeht.«
    Die Miene des Ritters versteinerte. »Ich brauche ein paar Fässer Wein, das ist

Weitere Kostenlose Bücher