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Henkerin

Titel: Henkerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Martin
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um sie zu stützen. »Und du«, fuhr er Mathis an, »mach, dass du verschwindest, bevor ich es mir anders überlege!«
    Das ließ sich der Bursche nicht zweimal sagen. Wie ein Hase vor den Hunden rannte er davon.
    De Bruce führte seine Amme zu einem Scherenstuhl mit lederner Sitzfläche. Die Sonne war inzwischen verschwunden, doch der Himmel glühte noch, als lodere eine Feuersbrunst hinter dem Horizont.
    Emelin sah sich um, ihr Blick blieb an dem Bett hängen, das mit kostbaren Schnitzereien versehen und mit einem purpurfarbenen Überwurf bedeckt war. »Bald werdet Ihr nicht mehr allein schlafen, Ottmar«, sagte sie nachdenklich.
    »Seid Ihr gekommen, um mir das zu sagen?« Er lachte dröhnend. »Ihr wollt mir doch wohl keinen Vortrag über die Ehe halten? Ich hatte bereits eine Gemahlin, wie Ihr sicherlich noch wisst, und Weiber hatte ich mehr als genug.« Er schenkte sich Wein ein, blickte mit erhobenem Krug fragend zu ihr, doch sie schüttelte den Kopf.
    Er leerte den Becher in einem Zug, trat zu ihr und kniete sich neben sie auf den Boden, sodass er ihr in die Augen sehen konnte. Sie war der gütigste Mensch, den er kannte, und der einzige, dem er vertraute. Ja, in der Tat. Er musste zugeben, dass er ihr sein Leben anvertraut hätte, die einzige Schwäche, die er sich zugestand.
    Emelin lächelte und griff nach seiner Hand. »Mein lieber Junge, ich will Euch weiß Gott nichts über die Ehe erzählen. Wie könnte ich auch? Es gibt nichts, das ich Euch lehren könnte. Weder über die Ehe noch über sonst irgendetwas. Ihr seid tausendmal klüger und gebildeter als ich.« Sie strich über seine rauen Finger. »Es gibt nur eine Sache, über die ich mehr weiß als Ihr, Ottmar de Bruce. Und das seid Ihr selbst. Ich kenne Euch besser, als Ihr Euch selbst kennt.«
    Ottmar griff ihre Hand und verzog die Lippen zu einem schrägen Lächeln. »Nun, da bin ich aber gespannt.«
    »Ihr wisst, dass ich Euch mehr liebe als einen eigenen Sohn?«
    De Bruce ließ ihre Hände los, stand auf und schenkte sich Wein nach. »Das weiß ich, natürlich. Spannt mich nicht auf die Folter. Was habt Ihr auf dem Herzen?«
    Emelin faltete ihre Hände im Schoß. »Darf ich offen sprechen? Ich möchte doch nur, dass Ihr nicht blind in Euer Unglück rennt.«
    De Bruce kniff die Augen zusammen. »Unglück? Was für ein Unglück?«
    Sie hob ihre Hände, als wollte sie ihm ihren Segen geben. »Ich weiß, warum Ihr Othilia von Hohenfels als Braut ausgewählt habt.«
    Wut kochte in de Bruce hoch. Mühsam unterdrückte er den Impuls, Emelin zu schütteln. »Ihr habt doch meine Wahl gebilligt«, sagte er, presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen.
    »Ja, weil sie ein hübsches, gesundes Mädchen mit guten Verbindungen ist.« Emelin suchte seinen Blick. »Und weil ich Euch niemals von dieser Wahl hätte abbringen können.«
    De Bruce stellte sich breitbeinig vor seine Amme und verschränkte die Arme. Sein Atem ging schwer. »Und wieso hättet Ihr mich davon abbringen wollen?«
    »Die Mutter von Beata Wilhelmis war eine Tochter Gernots von Hohenfels. Eure zukünftige Gemahlin ist eine entfernte Verwandte Eures alten Erzfeindes Konrad Wilhelmis. Obwohl Ihr Euch an ihm und seiner ganzen Familie bitter gerächt habt für den Tod Eures geliebten Sohnes, habt Ihr dennoch bis heute keinen Frieden gefunden. Ihr seid besessen von Konrad Wilhelmis. Oder sollte ich besser sagen: Ihr seid besessen von Melisande Wilhelmis. Dieses arme Ding, das von Säckingen angeschleppt hat, Ihr habt nie geglaubt, dass sie es war. Ihr seid Euch sicher, dass sie noch lebt, und indem Ihr eine entfernte Base von ihr heiratet, gebt Ihr Euch dem Gefühl hin, ihr nahe, ihr auf den Fersen zu sein. Melisande Wilhelmis wäre jetzt ebenfalls achtzehn Jahre alt, genau wie Othilia, Eure Braut.«
    Ottmar de Bruce schlug mit der Faust gegen den Bettpfosten, dass das Holz ächzte. »Sie lebt noch«, stieß er wütend hervor und senkte sofort die Stimme zu einem Flüstern. »Ich spüre es mit jeder Faser meines Körpers. Ich weiß nicht, wo sie sich versteckt hält. Ich weiß nicht, wie sie es angestellt hat zu entkommen, aber eines Tages wird sie aus ihrem Loch hervorkriechen, und dann wird sie sich wünschen, nie geboren worden zu sein!« Er sah sie wieder vor sich. Am Rand der Lichtung. Roter Nebel stieg vor seinen Augen auf. Er fuhr zu Emelin herum. »Warum reißt du diese Wunden auf? Was habe ich dir getan, dass du mich so quälst?«
    Emelin stand auf und nahm seine Hände. »Aber

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