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Henningstadt

Henningstadt

Titel: Henningstadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Brühl
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an. Alles sieht genau so aus wie vorher. Die Wand mit der Raufasertapete, die Wand hat sich kein Stück verändert, die Wand steht genau, wo sie vorher ge stan den hat.
    Henning geht durch die Tür seines Zimmers über den Flur durch die Badezimmertür ins Bad und macht sich die Stirn mit kaltem Wasser nass. Henning hasst seinen Selbst hass. Jede Wand hat eine Tür, durch die man gehen kann, denkt es in seinem Kopf.
    Und wenn es eine Wand ohne Tür gibt, dann hat sie ein Fenster, durch das man springen kann, echot es.
    Er hasst seine Ironie, sein Denken, das alle Antworten besser weiß und nicht sein Gefühl ist, nicht er ist.
     
     
     
    21
     
    Steffen nutzt das Park-and-Ride-System in Mont pellier. Er sitzt auf der hintersten Bank, um möglichst vie le Einheimische im Bus beobachten zu können. Rechts schau kelt eine riesige Bougainvillea an ihm vorbei. Als er den Kopf nach links dreht, sieht er den großen und steifen Schwanz eines jungen Arabers, der aus seiner Hose ragt. Der Araber, oder was er ist, grinst Steffen auffordernd an. Steffen erschreckt sich vor dem Traum ganzer Heer scharen von Homosexuellen. Er sieht starr geradeaus. Er dreht sich wieder um. Der Araber hat seine Hand um seinen prallen Schwanz gelegt und wichst langsam und auffordernd. Er starrt Steffen selbstbewusst an. Steffen fragt sich, ob das hier wohl üblich ist. Er setzt sich breit bei nig hin. Unwillkürlich fasst er sich in den Schritt. Sein Schwanz ist hart. Er sieht den Araber an, schätzt seine Figur ab. Sie ist phantastisch! Das Grinsen des Typen ver brei tert sich, als er merkt, dass Steffen auf ihn anspringt. Demonstrativ packt er sein Ding ein. Drückt den Halte knopf und steht auf. Steffen ist verdutzt über den plötzli chen Sinneswandel. Während er zur Tür geht, wirft er Stef fen einen kurzen Blick zu. Steffen ist sich nicht sicher, ob er ihn auffordernd ansieht oder hämisch. Er stellt sich vor die Tür, dreht sich noch einmal zu ihm um und macht eine kleine nickende Kopfbewegung zur Tür. Ganz sicher auffordernd. Dann sieht er geradeaus. Steffen ist unent schlos sen, ob er mitgehen soll. Der Mann hat einen geilen Knackarsch in der Jeans, das kann er jetzt sehen. Steffen hat keine Ahnung, wo er ist, was aber keine Rolle spielt, er muss ja nur zur Bushaltestelle zurück, wenn er mit dem Typen mitgeht. Das ist kein Problem. Der Bus hält. Steffen steht auf. Die Tür öffnet sich. Der Typ steigt aus. Steffen geht zur Tür. Steffen bleibt vor der Tür stehen. Der Typ geht ein paar Schritte, ohne sich umzusehen. Sehr unauffällig, denkt Steffen. Steffen will sich einen Ruck geben. Der muskulöse Rücken zeichnet sich unter dem T-Shirt ab. Steffen bleibt stehen. Die Tür schließt sich, der Bus f ä hrt weiter. Während der restlichen Fahrt ärgert er sich schwarz.
    Gegen Abend geht er in die schwule Sauna von Mont pellier und hat zufriedenstellenden Sex. Weil er schließ lich in Urlaub ist und was erleben will, bleibt er da bis in die frühen Morgenstunden und hat mit drei Leuten was. – Aus Trotz über die verpasste Chance vom Mittag nur mit den bestaussehenden Männern. Er verlässt das Eta blis se ment mit aufgemöbeltem Selbstbewusstsein und ge nießt den Duft des frühen Morgens. Er schlendert auf eine Anhöhe im städtischen Park und setzt sich auf eine Bank. Aus seinem Rucksack kramt er einen Schokoriegel. Woh lig seufzend beißt er rein. Da erhebt sich am Horizont zwischen Palmen und grünen Sträuchern die Sonne mit dem ganzen Getöse ihrer goldenen Pracht.

I
     
     
     
     
     
     
     
     
     
    Und immer z u ihm
    Klopfendesher z wie das Haus schwankt
     
    Sarah Kirsch

22
     
    Irgendwann ist es tatsächlich Sonntag geworden, ob wohl Henning die Hoffnung darauf schon fast aufgege ben hatte. Er hat den Stadtplan von Henningstadt rausge sucht und sondiert, wo sich diese Burgstraße befindet, in der die Schwulengruppe sich trifft. Und siehe da, es ist eine der kleinen Gassen mitten in der Altstadt. Nummer vierundzwanzig ist sogar verzeichnet: das Haus der evan ge lischen Studentengemeinde. Zum Glück ist das ein un auf fälliger und neutraler Ort, an dem auch ein Konzert oder irgendwas stattfinden könnte. Henning ist beruhigt. Insgeheim hatte er wohl befürchtet, eine lange, hell ange strahlte Rampe hochgehen zu müssen, von der es eine Live-Videoübertragung in alle Kneipen und Café s der Stadt gibt.
    Er macht sich auf den Weg.
    Als er in die Katzgasse biegt, kommt ihm Isa entgegen. Mit Andrea, Gerrit, Meike und Guido.

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