Henry dreht Auf
Tour beigebracht. Er hatte einfach gesagt, daß Henry draußen in Baconheath gewesen sei. Mehr brauchte er nicht zu sagen. Henry war jeden Freitagabend rausgefahren, während er ihr sagte, er ginge ins Gefängnis, und die ganze Zeit ... Nein, sie würde sich nicht kleinkriegen lassen. Zum Äußersten entschlossen, fuhr Eva in die Canton Street. Mavis hatte doch recht gehabt und obendrein gewußt, wie sie mit Patricks Seitensprüngen umzugehen hatte. Dazu kam noch, daß sie als Sekretärin der Bewegung ›Mütter gegen die Bombe‹ die Amerikaner in Baconheath haßte. Mavis würde wissen, was zu tun war.
Genauso war es. Aber erst mußte sie ihre Schadenfreude loswerden. »Du wolltest ja nicht auf mich hören, Eva«, sagte sie. »Ich habe dir immer gesagt, daß Henry etwas Mieses und Falsches an sich hat, aber du hast ja darauf bestanden, daß er ein guter, treuer Ehemann sei. Trotzdem kann ich mir nach dem, was er mir neulich antun wollte, nicht vorstellen ...«
»Das tut mir leid«, sagte Eva, »aber ich dachte, ich sei daran schuld gewesen, weil ich Dr. Kores aufgesucht habe und ihm dieses ... o Gott, du glaubst doch nicht, daß das der Grund ist ...?«
»Nein«, sagte Mavis, »völlig ausgeschlossen. Wenn er dich seit sechs Monaten mit dieser Frau betrügt, dann hatte Dr. Kores’ Kräutermixtur nichts damit zu tun. Natürlich wird er versuchen, das als Ausrede ins Feld zu führen, wenn es zur Scheidung kommt.«
»Aber ich will gar keine Scheidung«, entgegnete Eva. »Ich will nur diese Frau in die Finger kriegen.«
»Wenn das so ist und du ein sexueller Helot sein willst ...«
»Ein was?« sagte Eva, die vor diesem Wort zurückschauderte. »Ein Sklave, Liebes«, sagte Mavis, die ihren Fehler sofort erkannte, »ein Leibeigener, eine Dienstmagd, die nur zum Kochen und Putzen da ist.«
Eva sank völlig in sich zusammen. Sie wollte nichts weiter, als eine gute Ehefrau und Mutter sein und die Mädchen so aufziehen, daß sie eines Tages den ihnen zustehenden Platz in einer technologisierten Welt einnehmen würden. Ganz oben. »Aber ich weiß nicht einmal den Namen dieser abscheulichen Frau«, sagte sie und wandte sich damit wieder praktischen Dingen zu.
Mavis ließ sich das Problem durch den Kopf gehen. »Vielleicht kennt Bill Paisly ihn«, meinte sie schließlich. »Er hat da draußen unterrichtet und ist jetzt mit Patrick an der Volkshochschule. Ich werd ihn mal anrufen.« Eva saß derweilen, in tiefe Teilnahmslosigkeit versunken, in der Küche. Doch unter dieser Lethargie wappnete sie sich bereits für die Konfrontation. Egal, was Mavis auch sagte, niemand würde es schaffen, ihr Henry wegzunehmen. Die Vierlinge sollten auch weiterhin einen Vater und ein anständiges Zuhause haben und die beste Ausbildung bekommen, die Wilts Gehalt zuließ, ganz gleich, was die Leute redeten oder wie sehr ihr eigener Stolz verletzt sein mochte. Stolz war eine Sünde, und außerdem würde Henry dafür bezahlen.
In Gedanken formulierte sie, was sie ihm alles an den Kopf werfen wollte, als Mavis triumphierend zurückkam. »Bill Paisley weiß genau Bescheid«, sagte sie. »Offenbar hat Henry einen Kurs über Britische Kultur abgehalten. Vorwiegend weibliche Hörer. Da braucht man nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was passiert ist.« Sie schaute auf einen Zettel. »›Britische Kultur und Britische Einrichtungen. Hörsaal 9.‹ Und der Mensch, an den du dich wenden mußt, ist der Bildungsoffizier. Seine Nummer habe ich. Wenn du willst, erledige ich das für dich.«
Eva nickte dankbar. »Ich würde nur die Beherrschung verlieren und mich aufregen«, sagte sie, »und du bist doch so gut im Organisieren.«
Mavis ging wieder in die Diele zurück. Während der nächsten zehn Minuten hörte Eva sie mit zunehmender Heftigkeit reden. Dann knallte der Hörer auf die Gabel.
»Der Mensch hat vielleicht Nerven«, sagte Mavis, als sie bleich vor Zorn zur Küchentür hereinstürmte. »Anfangs wollte man mich überhaupt nicht mit ihm verbinden und war erst dazu bereit, als ich sagte, ich sei von der Zentralbibliothek und wolle den Bildungsoffizier wegen der kostenlosen Büchersendung sprechen, die ich ihm habe schicken lassen. Und dann hieß es: ›Kein Kommentar, Madam. Tut mir leid, aber kein Kommentar‹.«
»Aber hast du ihn denn nach Henry gefragt?« fragte Eva, die beim besten Willen nicht verstand, was die Zentralbibliothek oder die kostenlose Büchersendung mit ihrem Problem zu tun haben sollte.
»Natürlich habe ich
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