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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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sich durch den Kordon durchzukämpfen, mit dem der Lieutenant den Hörsaal umringt hatte. Unter anderen Umständen hätte er sich irritiert über dessen Gründlichkeit geäußert, in der die gegenwärtigen Situation respektierte er die Kompetenz seines Zweiten Diensthabenden. Als Leiter des APPT, des Anti-Peripherie- Penetrations-Trupps, hatte Lieutenant Harah die harten Trainingsprogramme in Fort Knox und in Panama absolviert, als britischer Bobby getarnt den Ernstfall im Greenham Common erlebt und sich einen Tapferkeitsorden verdient, nachdem ihn eine Mutter von vier Kindern ins Bein gebissen hatte – ein Erlebnis, dem Harah sein gesundes Vorurteil Frauen gegenüber verdankte. Glaushof schätzte seine Frauenfeindlichkeit. Zumindest bei einem Mann in Baconheath konnte man sich darauf verlassen , daß er Mona Glaushof nicht flachlegte, und Harah würde auch mit keiner von diesen KANN-Frauen herumschäkern, falls diese versuchen sollten, in Baconheath einzufallen.
    Andererseits schien er diesmal wirklich zu weit gegangen zu sein. Abgesehen von den sechs Männern seiner Einsatztruppe, die in Gasmasken an der vorderen Tür zum Hörsaal standen, und jenen, die draußen unter den Fenstern Position bezogen hatten, gab es da ein kleines Grüppchen Frauen, das mit ausgestreckten Händen sich gegen die Wand des benachbarten Gebäudes stützte.
    »Um wen handelt es sich?« fragte Glaushof und konnte sich des häßlichen Verdachtes nicht erwehren, Mrs. Ofreys schottische Stricksachen erkannt zu haben.
    »Mutmaßliche Frauen«, sagte Lieutenant Harah. »Was soll denn das heißen, ›mutmaßliche Frauen‹?« wollte Glaushof wissen. »Entweder sind es Frauen oder nicht.«
    »Daß sie wie Frauen gekleidet sind, Sir«, erwiderte der Lieutenant, »bedeutet nicht, daß sie welche sind. Es könnte sich ja auch um verkleidete Terroristen handeln. Wünschen Sie, daß ich das überprüfe?«
    »Nein«, sagte Glaushof und verfluchte sich innerlich dafür, daß er den Befehl gegeben hatte, das Gebäude hermetisch abzuriegeln, bevor er selbst vor Ort war. Es würde ohnehin keinen sonderlich guten Eindruck hinterlassen, daß die Frau des Verwaltungschefs mit gespreizten Beinen an die Wand gestellt und ihr ein Gewehrlauf an die Schläfe gedrückt wurde, aber an ihr auch noch Geschlechtsbestimmung durch Lieutenant Harah vornehmen zu lassen, würde alles noch verschlimmern. Andererseits konnte sich selbst Mrs. Ofrey kaum darüber beschweren, daß man sie vor einer möglichen Geiselnahme bewahrt hatte.
    »Sind Sie sicher, daß er unmöglich entwischt sein kann?«
    »Absolut«, sagte der Lieutenant. »Ich habe auf dem umliegenden Häuserblock Scharfschützen postiert, für den Fall, daß er über das Dach zu fliehen versucht, und sämtliche Versorgungstunnel sind abgeriegelt. Wir brauchen nichts weiter zu tun, als einen Kanister Agenten-Ex einzubringen, und dann hat’s sich. Keine weiteren Probleme.«
    Glaushof warf einen nervösen Blick auf die aufgereihten Frauen und hegte Zweifel. Ohne Probleme würde die Sache nicht abgehen, und da war es besser, wenn die Damen mitbekamen, wie ernst diese Probleme zu nehmen waren. »Ich bringe erst die Frauen in Sicherheit, und dann erst dringen Sie ein«, sagte er. »Und keine Schießerei, es sei denn, er feuert zuerst. Ich möchte diesen Kerl nämlich verhören. Verstanden?«
    »Völlig, Sir«, erwiderte der Lieutenant. »Sobald er eine Nase voll Agenten-Ex erwischt hat, wird sein Finger vergebens nach dem Abzug suchen.«
    »In Ordnung. Geben Sie mir fünf Minuten. Und dann gehen Sie«, sagte Glaushof und ging hinüber zu Mrs. Ofrey. »Wenn die Damen mir bitte folgen würden«, sagte er, und nachdem er die Männer, die sie in Schach hielten, weggeschickt hatte, mußte die kleine Gruppe im Eiltempo um die Ecke zu einem anderen Hörsaal flitzen. Mrs. Ofrey war sichtlich verärgert.
    »Was bilden Sie sich eigentlich ein ...«, begann sie, doch Glaushof brachte sie mit erhobener Hand zum Schweigen. »Lassen Sie mich das bitte erklären«, sagte er. »Es ist mir durchaus klar, daß man Ihnen Unannehmlichkeiten bereitet hat, aber wir sind mit einer Infiltrationssituation konfrontiert und konnten unmöglich das Risiko eingehen, Sie einer Geiselnahme auszusetzen.« Er wartete ab und stellte zu seiner Zufriedenheit fest, daß selbst Mrs. Ofrey begriffen hatte. »Wie absolut entsetzlich«, murmelte sie. Captain Clodiaks Reaktion allerdings überraschte ihn. »Infiltrationssituation? Der Teilnehmerkreis an der

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