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Henry dreht Auf

Henry dreht Auf

Titel: Henry dreht Auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Sharpe
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herumgelaufen, bis meine Tante Annie von diesem Chirurgen in Kansas City hörte und Onkel Rolf da hinschleppte. Natürlich wollte er erst nicht, aber er hat es nie bereut. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen Namen und Adresse geben.«
    »Scheiße«, sagte Wilt. Dem Geräusch nach zu urteilen, war der Reißverschluß unten ausgerissen.
    »Sagten Sie etwas, Mr. Wilt?« fragte der Ingenieur. »Nein«, entgegnete Wilt.
    Einen Augenblick lang herrschte Schweigen, während der Ingenieur vermutlich seinen nächsten Schritt erwog und Wilt krampfhaft versuchte, das untere Ende des Reißverschlusses festzuhalten und gleichzeitig den Schieber hochzuziehen. »Wie ich die Sache sehe – und Sie haben sicher gemerkt, daß ich kein Mediziner, sondern Ingenieur bin und mich mit konstruktiven Mängeln auskenne –, liegt im unteren Bereich eine muskuläre ...«
    »Hören Sie mal zu«, sagte Wilt. »Im Augenblick ist der einzige konstruktive Mangel, mit dem ich zu kämpfen habe, der Reißverschluß meiner Hose. Da hat sich nämlich was eingeklemmt.«
    »Auf welcher Seite?« fragte der Ingenieur. »Was heißt da, welche Seite?« wollte Wilt wissen. »Das ... äh ... Ding, das sich eingeklemmt hat?« Wilt beugte sich zu seinem Reißverschluß hinunter. In der engen Toilette ließ sich nur schwer feststellen, auf welcher Seite sich irgendwas befand. »Wie zum Teufel soll ich das wissen?«
    »Haben Sie ihn rauf- oder runtergezogen?« fuhr der Ingenieur unbeirrt fort.
    »Rauf«, erwiderte Wilt.
    »Manchmal hilft es, ihn erst wieder runterzuziehen.«
    »Er ist bereits unten, verdammte Scheiße«, sagte Wilt, der seiner Gereiztheit jetzt freien Lauf ließ. »Ich würde doch wohl kaum versuchen, das Scheißding hochzuziehen, wenn es nicht unten wäre, oder?«
    »Wohl kaum«, sagte der Ingenieur mit einem Unterton duldsamer Güte, der Wilt noch mehr auf die Palme brachte als seine penetrante Hilfsbereitschaft. »Trotzdem, wenn er nicht ganz unten ist, wäre es möglich, daß das Ding ...« Er stockte. »Sagen Sie, Mr. Wilt, was hat sich denn überhaupt in ihrem Reißverschluß verklemmt?«
    Auf der anderen Seite der Toilettentür starrte Wilt blöde auf einen Aushang, der ihn nicht nur aufforderte, sich die Hände zu waschen, sondern davon auszugehen schien, man müßte ihm erst erklären wie. »Zähle bis zehn«, murmelte er vor sich hin und stellte zu seiner Überraschung fest, daß sich der Reißverschluß von allein befreit hatte. Gleichzeitig wurde er von der unerwünschten Hilfsbereitschaft des Ingenieurs befreit. Das Klirren von splitterndem Glas hatte die Geduld des Mannes offenbar erschüttert. »Jesus, Maria und Joseph, was ist dann jetzt los?« kreischte er.
    Doch das war keine Frage, die Wilt ihm beantworten konnte. Und so, wie sich der Lärm von draußen anhörte, wollte er das auch nicht. Irgendwo barst eine Tür, und das Getrampel laufender Füße auf dem Gang dämpfte die Befehle, sich nicht von der Stelle zu rühren. Genau dieses tat Henry auf der Toilette. Obwohl er sich schon fast daran gewöhnt hatte, daß anscheinend jegliches Aufsuchen einer solchen Örtlichkeit außerhalb der eigenen vier Wände zwangsläufig mit Gefahren verbunden war, bildete es doch eine völlig neue Erfahrung für ihn, in einem Lokus eingesperrt zu sein, während die Typen vom Anti-Peripherie-Penetrations-Trupp das Gebäude stürmten. Auch für den Ingenieur war das ziemlich neu. Als die Kanister mit Agenten-Ex auf dem Boden aufschlugen und maskierte, mit Maschinengewehren bewaffnete Männer die Tür eintraten, verlor er jegliches Interesse an Wilts Kampf mit dem Reißverschluß und stürzte in den Hörsaal zurück, wo er mit der Navigatorin und dem PX-Angestellten zusammenstieß, die in die entgegengesetzte Richtung liefen. In dem Chaos, das dieser Kollision folgte, machte Agenten-Ex seinem Namen alle Ehre. Der PXler versuchte, dem Ingenieur auszuweichen, der sich seinerseits redliche Mühe gab, diesen zu umrunden, und die Navigatorin umarmte beide in der irrigen Annahme, sie würden sie in die falsche Richtung drängen.
    Als alle drei zu Boden gingen, tauchte über ihnen der massige und durch die Gasmaske besonders furchteinflößend wirkende Lieutenant Harah auf.
    »Wer von Ihnen ist Wilt?« brüllte er. Seine sowohl durch die Gasmaske als auch durch die Wirkung des Gases auf ihr Nervensystem verzerrte Stimme erreichte sie nur langsam. Nicht einmal der gutwillige Ingenieur war in der Lage, ihm weiterzuhelfen.
    »Nehmen Sie alle drei mit«, befahl

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