Henry dreht Auf
Lieutenant Harah, worauf die drei Verdächtigen, deren mühsam hervorgegurgelte Sätze sich anhörten, als ließe man einen Kassettenrecorder mit altersschwacher Batterie unter Wasser ablaufen, aus dem Gebäude geschleift wurden.
Wilt lauschte in seinem Kabäuschen mit zunehmendem Mißfallen den ungewohnten Geräuschen. Splitterndes Glas, sonderbar verzerrte Schreie und Stiefelgetrampel hatten noch keinen seiner früheren Besuche auf dem Stützpunkt begleitet, und er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was das zu bedeuten hatte. Aber was es auch war, sein Bedarf an Ärger war jedenfalls für heute gedeckt, und er wollte sich nicht noch mehr davon einhandeln. So schien es ihm das Sicherste, sich ruhig zu verhalten und abzuwarten, bis der Spektakel vorbei war. Wilt knipste das Licht aus und hockte sich auf die Klobrille.
Draußen meldeten Lieutenant Harahs Leute mit dumpfen Stimmen, daß der Hörsaal geräumt sei. Das sah der Lieutenant trotz der Gasschwaden selbst. Er linste durch die Augengläser seiner Gasmaske und ließ den Blick mit einem Gefühl der Enttäuschung über die leeren Sitze wandern. Eigentlich hatte er gehofft, der Eindringling würde sich auf spektakuläre Weise zur Wehr setzen; die Leichtigkeit, mit der sich der Bastard hatte schnappen lassen, wußte ihn nicht zu befriedigen. Auch erkannte er, daß es ein Fehler gewesen war, die auf Mann abgerichteten Hunde einzusetzen, ohne sie mit Gasmasken auszurüsten. Agenten-Ex wirkte auch bei ihnen. Einer von ihnen rutschte hilflos und eher friedlich knurrend auf dem Boden herum, während ein anderer bei dem Versuch, sich am rechten Ohr zu kratzen, äußerst beunruhigend mit einem Hinterlauf in der Luft herumfuchtelte.
»Okay, das hätten wir«, sagte er und marschierte hinaus, um seine drei Gefangenen zu verhören. Doch denen erging es wie den Hunden: Sie waren völlig außer Gefecht gesetzt, und er hatte keine Ahnung, welcher der ausländische Agent war, den er festhalten sollte. Sie waren alle in Zivil und völlig außerstande zu sagen, wer oder was sie waren. Lieutnant Harah erstattete Glaushof Bericht. »Ich glaube, Sie sehen sie sich besser selbst an, Sir. Ich weiß nämlich nicht, welcher Hurensohn welcher ist.«
»Wilt«, sagte Glaushof und starrte auf die Gasmaske, »der Mann heißt Wilt. Er ist ein ausländischer Angestellter. Dürfte doch kein Problem sein, den Kerl herauszufinden.«
»Für mich schauen alle Tommys gleich aus«, sagte der Lieutenant und wurde prompt mit einem Handkantenschlag gegen den Hals und einem in den Unterleib gerammten Knie dafür belohnt von Captain Clodiak, die soeben ihren sexistischen Angreifer unter seiner Gasmaske erkannt hatte. Als der Lieutenant wie ein Taschenmesser zusammenklappte, packte sie seinen Arm, und Glaushof wurde zu seiner Verblüffung Zeuge, wie leicht sein Zweiter Diensthabender von einer Frau aus dem Verkehr gezogen wurde.
»Bemerkenswert«, sagte er. »Es ist ein echtes Privileg, mit ansehen zu dürfen ...«
»Sparen Sie sich den Quatsch«, sagte Captain Clodiak und wischte sich die Hände ab. Sie erweckte ganz den Anschein, als würde sie liebend gern ihre Karatekünste an einem weiteren Mann demonstrieren. »Dieser Schleimscheißer machte eine sexistische Bemerkung, und Sie sagten Wilt, habe ich recht?« Glaushof wirkte etwas irritiert. Er hatte weder »Hurensohn« als sexistisch empfunden, noch wollte er sich unbedingt vor den anderen Frauen über Wilt auslassen. Andererseits hatte er keine Ahnung, wie Wilt aussah, und irgend jemand mußte ihn ja schließlich identifizieren. »Vielleicht gehen wir besser hinaus, um das zu bereden, Captain«, schlug er vor und ging voran. Captain Clodiak folgte ihm zögernd. »Was haben wir denn zu bereden?« fragte sie.
»Den Fall Wilt«, sagte Glaushof.
»Sie sind verrückt. Ich habe gehört, was Sie gesagt haben. Wilt soll ein Agent sein?«
»Ohne Zweifel«, sagte Glaushof kurz und bündig. »Wie denn das?« fragte Clodiak ebenso knapp. »Ist mit einem in seinem Wagen versteckten Sender in die Peripherie eingedrungen, der ausreichen würde, um unsere Position von Moskau oder vom Mond aus zu bestimmen. Ganz im Ernst, Captain. Dazu kommt, daß es sich nicht um handelsübliches Zeug handelt, das man in jedem Laden kaufen kann«, sagte Glaushof und stellte zu seiner Erleichterung fest, daß der ungläubige Ausdruck aus ihrem Gesicht gewichen war. »Und deshalb brauche ich Sie, um ihn zu identifizieren.« Als sie um die Ecke bogen, sahen sie
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