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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Hass auf diesen fränki schen Bäckermeister, dass heute unmöglich Weihnachten sein konnte.
    »Junge, mach jetzt mal das Ding aus«, bat Lenchen, an Jürgen gewandt. »Hilf mir lieber mit dem Baum.«
    »Ich kümmere mich gleich um die Kerzen«, erwiderte Jürgen geistesabwesend. »Nur noch diesen einen Vertrag hier …«
    Caspar, mein neuer Au-pair-Junge deckte ganz selbstverständlich den Tisch. Ich sah ihn dankbar an. Außer mir wusste niemand, dass er schwul war. Heimlich gab er mir süße Modetipps und zeigte mir Outfits aus der Cosmopolitan . Doch von denen konnte ich nur träumen. Tolle Modegeschäfte gab es bei uns in Heilewelt nicht. Nur runtergesetzte Pullöverchen aus reiner Schurwolle, in Blö und Beige, die Margot nicht müde wurde, mir anzupreisen. »Eins-a-Qualität, kaschiert und macht schlank!« Am besten noch mit einem Korsett drunter, wie Oma Margot es trug. Und mit Kittelschürze drüber. Wie gern wäre ich mit meinem neuen Verbündeten Caspar einmal in die Großstadt gefahren, um mich schick einzukleiden. Irgend wo nach Oldenburg, Hannover, Braunschweig oder Osnabrück. Alles Weltstädte, die in ein bis zwei Autostunden zu erreichen waren. Aber dafür war bis jetzt keine Zeit gewesen. Außerdem: Wer sollte sich dann um die Kinder kümmern? Ich warf Caspar einen bedauernden Blick zu. Der arme Bursche hatte sich Weihnachten in Heilewelt bestimmt ganz anders vorgestellt. Aber was nicht war, konnte ja noch werden. Mit etwas Verspätung würden wir gleich wie eine große harmonische Familie um den Tisch sitzen und Oma Margots Weihnachtsgans essen. Dann würden die Kinder ihre Fahrräder entdecken und damit begeistert im Borkenkäferweg herumfahren. Alle vier Großeltern würden lachen und jauchzen, und Jürgen würde seine unvermeidliche Videokamera auf das Idyll richten. Die Nachbarn würden uns darum zu beneiden.
    Tja, Frau Ehrenreich, da schauen Sie!
    »Frohe Weihnachten allerseits«, sagte ich fröhlich und verteilte Sektgläser. »Wir können uns doch schon mal ein bisschen warm trinken!«
    »Schon wieder Alkohol!«, mäkelte Oma Margot. »Hast du nicht noch genug von gestern?«
    »Ich will auch, ich will auch!«, bettelten die Kinder.
    »Wasser aus dem Kran reicht«, sagte Oma Margot.
    »Jürgen, würdest du mir bitte helfen?« Ich hielt meinem Lebensgefährten die Sektflasche hin, doch der beachtete mich gar nicht, sodass Caspar herbeisprang und behände die Flasche öffnete.
    Ich schenkte schwungvoll ein, und es schäumte. Die Kinder klatschten, und ich verbeugte mich spaßeshalber.
    »Sie braucht schon wieder Beifall!«, stichelte Oma Margot. »Hatte wohl gestern nicht genug davon!«
    »Das war ein SEHR schönes Konzert!«, verteidigte mich Lenchen kopfwackelnd.
    »Du hast doch gar nichts gehört!«, wies Opa Walter sie zurecht. »Du hattest ja dein Hörgerät nicht mit!«
    »Aber der lustige Vogel, den der Flötenspieler geblasen hat, den habe ich gehört!«, beharrte Lenchen.
    »Die hohen Frequenzen kriegt sie gerade noch mit«, erklärte uns Walter.
    »Wo sind eigentlich die Konzertplakate, die ich gestern von der Sparkassen- und Musikschultür mitgebracht habe?«, fragte Jürgen. »Wir wollten sie doch rahmen und aufhängen. Das wäre mein Weihnachtsgeschenk an dich gewesen, Lotta.«
    »Da hab ich aus Versehen Kartoffeln drauf geschält«, tat Oma Margot überrascht. »Ich konnte ich ja nicht wissen, dass das kein Altpapier war.«
    »Oh!« Jürgen sprang auf. »Wo sind sie? Vielleicht kann man sie noch retten?«
    »Ich könnte sie bügeln!«, rief Lenchen hilfsbereit.
    »Ich habe sie schon draußen in die Tonne gestopft«, sagte Oma Margot.
    »Na, macht ja nichts«, sagte ich schnell. »Kinder, wie sieht’s aus? Wollen wir unser Musikstück für die Bescherung noch mal üben?«
    »Bitte nicht!«, rief Opa Dietrich und hielt sich die Ohren zu. »Ich habe ja gestern schon alles hören müssen.«
    In dem Moment kam eine E-Mail herein. Jürgens Laptop machte ping!
    Jürgen las sie mit gerunzelter Stirn.
    »Dieser Lärm«, rief Opa Dietrich angewidert. »Muss das sein?«
    »Also, was ist jetzt mit den Christbaumkerzen?«, rief Opa Walter. »Ein richtiger Mann fackelt nicht lange! Mit einer so schönen Frau gehe ich gern in den Keller.«
    Ich wunderte mich, dass Jürgen nicht entschieden sein Veto einlegte, aber der war viel zu sehr mit seiner E-Mail beschäftigt.
    »Wo hast du denn den Thymian?«, kam es giftig aus der Küche. »Natürlich hat sie überhaupt keinen Thymian. Bilde dir nicht

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