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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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Baum?«
    »Du hattest mir versprochen, dass wir heute gemeinsam einen kaufen!«, sagte ich ungehalten. »Ich kann ihn schlecht allein schleppen!«
    Hastig hatte Jürgen seine Eltern angerufen, und die hatten nun in ihrem schlammgrünen Opel Astra, auf dessen Hutablage ein bedenklich dreinblickender Wackeldackel ihr Einparkmanöver bewachte, einen letzten krummen Baum herbei geschafft. Leider brachten sie auch ihren ewig kläffenden Mischlingsköter Leffers mit, der so hieß, weil ihn jemand vor dem gleichnamigen Modehaus ausgesetzt hatte. Und der brachte wiederum meine lärmempfindlichen Eltern zur Weißglut. Überhaupt konnten sich die vier älteren Herrschaften untereinander nicht besonders gut leiden. Ich mochte Jürgens alte Mutter Lenchen Immekeppel eigentlich recht gern. Eine gutmütige, hilfsbereite Frau, die stets bemüht war, alles richtig zu machen. Dabei hatte sie keine Chance. Ihr Gatte Walter kanzelte sie ab, wann immer er konnte.
    »Was willst du denn mit dem Lametta?!«
    »Den Baum schmücken?«
    »Aber doch nicht mit dem grässlichen Sauerkraut!«
    Auch wenn ich Opa Walters Art nicht gerade liebenswürdig fand, musste ich ihm insgeheim recht geben: »Ich finde den Baum auch ohne Lametta schön.«
    »Nein, nein, das war der letzte Baum, den der Straßenhändler schon wieder auf seinen Trecker geworfen hatte!«, verteidigte sich Oma Lenchen. »Ohne Lametta sieht der nach nichts aus!«
    »Wir können ja erst mal Kerzen draufmachen«, schlug ich vorsichtig vor. Wie kam es eigentlich, dass ich in meinem eigenen Haus nichts zu sagen hatte? Wann hatte ich vergessen, Grenzen zu setzen und meine Angehörigen, die hier schließlich nur zu Besuch waren, in ihre Schranken zu verweisen?
    Am liebsten hätte ich den Baum jetzt selbst geschmückt, nur mit den Kindern!
    »Aber keine ECHTEN!«, befahl meine Mutter und stach mit einer langen Gabel in die Gans. »Du bringst es fertig und steckst noch das Haus in Brand.«
    »Da lege ich aber ganz entschieden mein Veto ein!«, sagte Jürgen von seinem Laptop aus. Er hatte ihn auf den Esszimmertisch gestellt und arbeitete sich noch durch lange Zahlenkolonnen.
    »Muss das denn sein! Am hochheiligen Weihnachtsfest!«, sagte Opa Dietrich tadelnd. Er selbst wäre nie im Leben auf die Idee gekommen, sich zu erheben und einen einzigen Hand griff zu tun. Dafür kommentierte er die der anderen umso lieber.
    »Jürgen, du könntest mit mir in den Keller gehen und nach den elektrischen Kerzen suchen«, schlug ich vor.
    »Ich habe hier noch etwas zu erledigen.« Ohne von seinem Computer aufzusehen, scrollte sich Jürgen durch seine Formulare. »Gestern haben doch noch ein paar Eltern Bausparverträge für ihre Kinder in Auftrag gegeben.« Er sah kurz auf: »Als Weihnachtsgeschenk. Das muss alles noch bis zur Bescherung fertig werden.«
    »Ich kann mit in den Keller gehen!«, erbot sich das steinalte Lenchen und suchte schon nach ihrem Stock.
    »Nein, du brichst dir nur die Haxen«, sagte Walter barsch.
    Ich wollte auf keinen Fall mit dem alten Oberstleutnant in den Keller gehen.
    »Wenn die Kinder das bisher nicht erledigt haben, frage ich mich, was wir hier eigentlich sollen!«, sagte Vater Dietrich missbilligend und starrte wie immer in den auf stumm gestellten Fernseher.
    »Tja!«, machte Margot von ihrem Backofen aus, hinter dem sie sich verschanzt hatte. »Dass Weihnachten dieses Jahr auf den 24. Dezember fällt, hat die liebe Lotta nicht gewusst.« Dabei übergoss sie die Gans so vehement mit heißem Fett, dass ich mir vorstellte, sie würde mich damit übergießen. »Es ist wirklich eine Schande, dass MEINE Tochter nicht kochen kann! Wie stehe ich denn da vor den Leuten! Alle sind bei mir in die Haushaltsschule gegangen und machen heute Abend eine perfekte Gans! Und hier sollte es FRIKADELLEN geben!« Ihre Augen wurden schmal: »Im Übrigen hat mir Bäckermeister Gerngroß heute etwas sehr Interessantes erzählt.«
    Mir wurde glühend heiß. Vor meinen Augen tanzten schwar ze Punkte. »Was dieser Mann so daherschwätzt, interessiert hier keinen Menschen!«, zischte ich scharf. Meine Hände zitterten, als ich nach dem Kellerschlüssel suchte.
    »Wieso nicht? Er meinte, dass seine Viktoria noch Weltkarriere machen wird«, sagte meine Mutter scheinheilig. »Mithilfe dieses Wiener Philharmonikers wird sie es bis ganz nach oben schaffen. Bei Wetten, dass wird sie auftreten. Und Werbeverträge in Millionenhöhe bekommen.« Sie schnaubte verächtlich.
    Ich empfand einen derartigen

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