Hera Lind
Dann müsste ich nämlich Gegenmaßnahmen ergreifen.« Der Mann klang plötzlich richtig gefährlich.
»Gegenmaßnahmen?«
»Dann würde ich einen Detektiv auf ihn ansetzen. Oder ihm sonst wie einen Denkzettel verpassen.«
Bitte? Der war doch nicht ganz dicht! Ich presste die Hand vor den Mund. Dann würde hier so eine Art Matula im Garten stehen und sich hinter den Bremer Stadtmusikanten verstecken. Sehr witzig! So langsam glaubte ich an einen schlechten Scherz.
»Aber vielleicht sind SIE ja bereit, mir Auskunft über ihn zu geben«, beharrte der Anrufer. So verunsichert und aufgeregt er auch wirkte: Es schien ihm todernst zu sein.
Tja, war ich das? Eigentlich nicht. Was sollte ich einem Wildfremden Auskunft über meinen Mann geben? Na, der hatte Ideen!
»Meine Frau scheint sich jedenfalls Hals über Kopf in ihn verliebt zu haben, auch wenn sie das heftig abstreitet«, erklärte dieser Immekeppel. Ursula Kobalik hielt noch immer die Luft an. Gleich würde sie platzen.
»Ich will meine Lebensgefährtin ja auch nur vor einer großen Dummheit bewahren. Sie ist so leicht zu beeinflussen, so leicht zu blenden!« Er lachte traurig. »Sie gehört hierher, zu mir, nach Heilewelt.«
Er tat mir leid. Und alles, was er sagte, tat mir richtig weh. Aber ich verstand immer noch nicht, warum er mich anrief! Konnte er das nicht mit seiner Frau klären?
»Sie müssen mir helfen, eine Katastrophe abzuwenden! Bitte!«
»Ja.« Ich konnte wirklich nichts anderes sagen. So ein Telefonat hatte ich noch nie geführt.
»Sie wollen doch Ihre Familie auch nicht zerstören!«
»Nein.« Woher wusste der von meiner Familie? Ich rieb mir fröstelnd über die nackten Arme. Vielleicht war das ein Trickbetrüger, der rausfinden wollte, ob und wann mein Mann zu Hause war? Oder war der von Versteckte Kamera ? Vielleicht wurde ich hier nur vorgeführt, vor einem Millionenpublikum, das sich lachend auf die Schenkel schlug? Vielleicht war Ursula Kobalik der Lockvogel? Bestimmt!, schoss es mir durch den Kopf. Das würde zu ihr passen. Die hatte doch immer solche Langeweile. Und mischte gern irgendwo mit, um sich interessant zu machen. In einer plötzlichen Aufwallung reichte ich Ursula den Hörer. »Sag du was!« So. Jetzt war der Ball bei ihr.
»ICH?« Ursula tat entsetzt. »Was soll ICH denn dazu sagen? Das steht mir doch gar nicht zu!«
Ein zögerliches Klopfen an der Tür ließ uns beide aufblicken.
»Hallo? Jemand zu Hause?«
In diesem Moment entdeckte ich Wolfgang Kobalik in der Terrassentür. Wahrscheinlich wollte er schauen, wo sein liebendes Weib geblieben war. Oder er war der andere Lockvogel. Und das war jetzt punktgenau sein Auftritt.
»Ich wäre einfach nur sehr dankbar für eine Auskunft«, kam es gleichzeitig aus dem Hörer. »Damit ich meine Frau wieder zur Vernunft bringen kann.«
Ursula winkte sensationslüstern ihren Gatten herbei.
»Können Sie mir nicht irgendwas NEGATIVES über Christian Meran sagen? Damit sie aufhört, für ihn zu schwärmen. Manchmal muss man Verliebten einfach die Augen öffnen. Ich will meine Frau ja nur vor sich selbst schützen!« Er lachte wieder so selbstmitleidig.
»Etwas Negatives?«, fragte Ursula Kobalik. Verhörte ich mich da, oder schwang tatsächlich so etwas wie Freude in ihrer verrauchten Stimme mit?
»Oh ja, das können wir!«, rief Wolfgang Kobalik und stieß ein joviales Lachen aus. »Von dem können wir ein Lied singen!« Er beugte sich vertrauensvoll vor und sprach in den Hörer: »Hallo, ick bins, der Nachbar von nebenan. Kobalik mein Name. Wat kann ich für Sie tun?«
Meine Rippen schmerzten plötzlich heftig, ich musste husten, mir wurde schlecht. Die amüsierten sich hier auf meine Kosten! Inzwischen klebten wir zu dritt an dem Hörer.
Die Stimme des Unbekannten sagte beflissen: »Ja, hallo, Immekeppel. Sparkassenleiter aus Heilewelt.« Er räusperte sich verlegen. »Es geht um meine Lebensgefährtin und Ihren, ähm … Nachbarn, Herrn Meran. Die beiden haben sich wohl … Ich sagte es bereits zu Frau Meran.« Er räusperte sich heiser. »Wir hatten heute Nacht furchtbaren Streit. Meine Lebensgefährtin hat mir im Zorn gesagt, sie könne sich vorstellen, mit Christian Meran zusammenzuleben. Sie nannte mich einen Spießer und Langweiler, Christian Meran dagegen sei ein toller, interessanter, witziger und einfühlsamer Mann.« Seine Stimme brach.
»DAS hat sie gesagt?« Wolfgang Kobalik schlug sich mit gespielter Entrüstung auf die Schenkel.
Ganz klar: ein
Weitere Kostenlose Bücher