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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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dummes Zeug über seine Viktoria und ihre unabwendbare Weltkarriere, dass ich den schon lange nicht mehr ernst nehme.« Er zeigte mit seinem glimmenden Zigarettenstummel auf mich: »Sie glauben gar nicht, wie oft der bei mir in der Redaktion sitzt und mich bedrängt, eine Homestory über seine Viktoria zu machen. Mit Beinprothese und ohne Beinprothese, mit und ohne Rollstuhl, mit und ohne Klarinette.« Er machte eine wegwerfende Handbewegung. »Der Mann ist für mich überhaupt kein Thema!«
    »Dann werden Sie ihm in dieser Angelegenheit auch keinen Glauben schenken«, entfuhr es mir erleichtert.
    Herr Schaumschläger tat seinen letzten Lungenzug. »Wenn der sagt, er bringt seine Vicki auf die Couch von Wetten, dass , lässt mich das genauso kalt wie wenn er sagt, Sie heiraten den Flötisten. Glauben Sie mir.«
    Ich musste erleichtert lachen. »Na also!« Hastig stand ich auf. »Ich müsste dann jetzt zum Unterricht …« Ich öffnete die Tür. Lautes Gefiedel und Geklimper kamen uns entgegen.
    »Aber ich habe die Information nicht von ihm.«
    Die Klinke glitt mir aus den Fingern, sodass die Tür mit einem lauten Knall wieder zufiel. Die plötzliche Stille danach drohte mich zu verschlingen. »Sondern?!« Die Bürolampe füllte mein Zimmer mit grellem Licht, und ich fühlte mich wie in einem Verhörzimmer der Stasi.
    »Ich habe viel seriösere Quellen«, fuhr Schaumschläger fort. Er trat einen Schritt auf mich zu und ließ seine nächste Zigarette in mein Gesicht ragen: »Und wirklich, Frau von Thalgau, es geht um IHREN guten Ruf, den Sie da gerade aufs Spiel setzen.« Nach diesem drohenden Satz schlug er wieder einen versöhnlicheren Ton an. »Wie kommen wir jetzt aus der Sache raus?«
    Immerhin sagte er »Wir«. Wie ein Arzt, der sich mit seinem Patienten identifiziert. »Wie werden wir denn wieder gesund?«
    »Aber ich heirate den Flötisten nicht«, rief ich entrüstet. »Wer erzählt denn so einen Blödsinn! Mein … Ich meine, Jürgen Immekeppel?!«
    »Herr Immekeppel? Nein. Ich muss gestehen, dass ich ihn schon in seiner Sparkasse aufgesucht und darauf angesprochen habe. Rein unter Männern, wenn Sie verstehen …« Er wies mit dem Kinn über die Schulter, wo hinter ihm die Leuchtreklame der Sparkasse zu erkennen war. »Wir sichern Ihren Kindern eine Zukunft.«
    »Sie haben WAS?!«
    »Na ja, nichts für ungut, ich musste sowieso gerade Geld holen, heute ist ja Silvester. Und da habe ich scherzhaft die Sprache drauf gebracht, dass das Gerücht umgeht, Sie würden nach Wien ziehen und den Flötisten heiraten. Und was würde dann aus unserer schönen Musikschule?« Er räusperte sich und schnippte den Zigarettenstummel aus dem Fenster. »Aber Herr Immekeppel schweigt wie ein Grab. Er ist eben ein echter Ehrenmann. Aus dem ist nichts rauszukriegen.«
    Ich hätte beinahe laut aufgelacht. Jürgen und ein Ehrenmann? Nur weil er schweigen konnte, war er das noch lange nicht! Meine Nerven lagen blank.
    »Ich HEIRATE niemanden!«, zischte ich gereizt. »Weder den Flötisten der Wiener Philharmoniker noch den Sparkassendirektor noch … den Bäckermeister!« So. Ich hatte es geschafft, witzig zu sein, der Sache etwas Surreales zu verleihen. Und surreal war dieser Vorwurf wirklich.
    »Aber es ist bereits Stadtgespräch, fürchte ich.« Herr Schaumschläger ließ sich schwer in den Besucherstuhl fallen, in dem sonst immer heiter plaudernd Sophie saß. »Wenn es nicht stimmt, bringen wir schnellstens eine Gegendarstellung! In Ihrem eigenen Interesse!« Er zog dienstfertig einen eselsohrigen Notizblock aus der schmierigen Lederjacke. Kalter Rauchgestank entströmte dem Innenfutter. »Also: Ich, Frau von Thalgau, verwehre mich entschieden gegen das Gerücht …« Ich bekam Gänsehaut. Ich hatte mich noch nie entschieden gegen etwas verwehrt. Das war gar nicht mein Vokabular. Das war O-Ton Jürgen.
    »Dazu muss ich erst wissen, WER das Gerücht in die Welt gesetzt hat!«
    »Na ja …«
    Herr Schaumschläger suchte nach einer neuen Zigarette, und ich ertappte mich dabei, wie ich ihm mit zitternden Fingern Feuer gab.
    »Es tut mir wirklich leid, Ihnen das sagen zu müssen. Aber es ist vielleicht besser, man erfährt rechtzeitig, wer die wahren Freunde sind.« Er hob die buschigen schwarzen Augenbrauen und sah mich lauernd an.
    »Nämlich?!« Meine Stimme klang brüchig.
    »Nun ja, die Frau Rollmopsfabrikantin erzählt es herum.«
    Das war nicht wahr. Das konnte nicht wahr sein. Nicht meine Sophie! Sie gab gern Geschichten zum

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