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Hera Lind

Hera Lind

Titel: Hera Lind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Männer sind wie Schuhe
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ließen!
    Der Anwalt nickte ernst. »Seelische Grausamkeit wiegt vor Gericht genauso schwer.« Er sah mich eindringlich an. »Am besten zieht natürlich beides. Der blaue Fleck am Arm ist ein echtes Beweismittel. Aber man muss jetzt rasch handeln. Also noch heute.«
    »Wir sollten dem Mädchen klarmachen, dass sie sich jetzt dringend absichern muss«, sagte Wolfgang Kobalik und fasste den Anwalt am Arm. »NOCH ist der Mann Soloflötist bei den Wiener Philharmonikern. Aber so wie der seine Dienste vernachlässigt und sich in der Weltgeschichte rumtreibt, kann sein Stuhl auch ganz schnell wackeln. Da können wir Freunde und Förderer ein Lied von singen.«
    »Ja, und da haben wir nämlich auch ein Wörtchen mitzureden!«, krähte Ursula triumphierend. Ihre Augen begannen zu glänzen. »Wenn sich einer moralische Verfehlungen erlaubt und dem Ansehen des Orchesters schadet …« Sie war ganz rot geworden vor Eifer.
    »Also immerhin hat er Unzucht vor Minderjährigen getrieben, oder wie war das in der Musikschule?« Wolfgang Kobalik wurde nachdenklich. »Wenn uns schon der Sparkassenleiter dieser Kleinstadt anruft und sagt, dass der Saukerl im Parkhaus eine Lehrerin und Mutter verführen wollte, ist Schluss mit lustig. Das muss dem Orchestervorstand eigentlich gemeldet werden!«
    »Ja, Mädchen, jetzt unterschreib det!«, drängte mich Uschi.
    »Denn bald ist die schöne Kohle weg, die unserer Anita hier ihr schönes Leben garantiert«, sagte Wolfgang mit tiefem Bedauern. »Und die lieben Kinder erst. Was das für ne Umstellung für die wäre, wenn se det schöne Haus nicht mehr hätten.«
    Irgendwie war mein Gehirn wie leer gefegt. Wie hypnotisiert starrte ich auf den Kugelschreiber. Ihre negative Energie zehrte mich völlig aus. Würden sie von mir ablassen, wenn ich jetzt unterschrieb?
    »Außer, du sicherst dich jetzt ganz schnell ab.« Wolfgang schnaufte vor Ungeduld.
    »Det is deine Pflicht als Mutter!« Ursulas Wangen waren zornesrot.
    Mit einem riesigen Kloß im Hals nahm ich mechanisch den edlen Kugelschreiber entgegen, den der Anwalt mir reichte.
    »Da, wo das Kreuzchen ist.«
    Hilfe suchend sah ich mich um.
    »Also, was ist? Du musst jetzt an dich und die Kinder denken!«
    Bei der Vorstellung, ich wäre wirklich auf mich allein gestellt, wurde mir schwindelig. Was, wenn Christian doch vorhatte, mich zu verlassen? Wie sollte ich uns dann durchbringen?
    »Ja«, flüsterte ich. »Wie ihr meint.«

LOTTA
    »Frau von Thalgau! Wie schön, Sie noch an Silvester hier zu erwischen!« Justus Schaumschläger vom Heilewelter Tagblatt schob sich aufgeräumt in mein Büro. Ich saß am Schreibtisch und starrte Löcher in die Luft. »Wie geht es Ihnen? Sie sehen blass aus!«
    Ich erhob mich und schüttelte ihm herzlich die Hand. Er hatte eine wirklich tolle Kritik geschrieben. Und tolle Fotos gemacht, auf denen ich richtig gut aussah. Das war das einzig Erfreuliche gewesen in letzter Zeit.
    »Ganz gut«, log ich. In Wirklichkeit kämpfte ich ständig mit den Tränen. »Danke für die Lobeshymnen. Ich werde in der ganzen Stadt darauf angesprochen.«
    Das stimmte. Überall, wo ich hinkam, ob Supermarkt oder Bäcker, Kindergarten oder Spielplatz: Die Menschen gratulierten mir. Sie machten mich auf die Plakate aufmerksam, die überall riesengroß und in Farbe an den Litfaßsäulen hingen. Sie zeigten mein lächelndes Gesicht. Darunter stand: »Jahresabschlusskonzert. Peter und der Wolf. Mit freundlicher Unterstützung der Sparkasse Heilewelt.«
    »Ja, Sie genießen wirklich einen guten Ruf in der Stadt. Darf ich bei Ihnen rauchen?«
    »Na ja, weil Sie es sind, Herr Schaumschläger.« Ich drückte auf die Sprechtaste: »Frau Zweifel, können Sie irgendwo einen Aschenbecher auftreiben?«
    »Aber hier ist doch absolutes Rauchverbot im Haus!« Frau Zweifel kam schon angewatschelt. »Ach, Herr Schaumschläger.« Sie lächelte nachsichtig. »Für Sie machen wir eine Ausnahme.«
    Justus Schaumschläger zündete sich genüsslich eine Zigarette an. Er stand an der Fensterbank, genau wie ich vor einer Woche, als mich Christian zum ersten Mal besucht hatte. Der Reporter inhalierte und blies den Rauch durch den Fensterspalt ins Freie. Er war in eine dichte blaue Wolke gehüllt, und ich dachte, ich hätte mich verhört, als er sagte: »Und diesen guten Ruf wollen Sie sich doch sicherlich erhalten.«
    Der Rauch lichtete sich, und mein Herz setzte einen Schlag aus. Was wollte er denn damit andeuten? Brunhilde Zweifel sandte mir einen fragenden

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