Herbst - Ausklang (German Edition)
ist?«, fragte Harte. Er lief weiter um die Ecke und erblickte Jas. Der sah ihn ebenfalls, hob sofort das Gewehr an und zielte auf ihn. Dann tauchte Kieran auf, und Harte war schlagartig vergessen. Stattdessen richtete Jas die volle Wucht seiner Wut auf Kieran.
»Du hast mich verraten, du Arschloch!«, brüllte er, stürmte auf Kieran los und ließ ihn durch die Luft fliegen. Dann richtete er das Gewehr auf ihn. Kieran richtete sich unstet auf, stolperte über den Bordstein und landete wieder auf dem Hintern.
»Du hast falsch gelegen, Jas«, sagte er, brachte die Worte kaum hervor.
»Großer Gott, Jas«, rief Lorna. »Gibt es eigentlich irgendjemanden, auf den du nicht stocksauer bist? Sagt dir das nicht irgendetwas? Zum Beispiel, dass vielleicht du derjenige bist, der im Irrtum ist?«
Jas schleuderte ihr einen finsteren Blick zu, wurde jedoch abgelenkt, als ein weiterer Leichnam mit ihm zusammenstieß. Er schrak zurück und stieß die widerliche Kreatur von sich. Der Tote versuchte weiter, sich auf ihn zuzubewegen, um das ferne Feuer zu erreichen, aber Jas legte das fälschlicherweise als Angriff aus. Er hob das Gewehr an, rammte den Lauf in den offenen Mund des Kadavers und feuerte. Die Überreste des Gehirns spritzten in einem Schauer dunkelbrauner Körperflüssigkeiten auf den Asphalt. Jas wirbelte herum und sah einen weiteren Leichnam, der auf ihn zuschlurfte. Er schoss erneut. Diesmal traf er sein Ziel in die rechte Schulter. Der Tote brach zusammen, zog sich jedoch sofort mit dem verbliebenen, noch funktionstüchtigen Arm weiter voran. Jas drosch mit dem Kolben des Gewehrs auf seinen Hinterkopf ein.
»Jas, hör auf!«, brüllte Harte, aber seine Worte erzielten keine Wirkung.
»Sie kommen!«, schrie Jas mit unüberhörbarer Panik in der Stimme. Das einstürzende Gebäude hatte die Aufmerksamkeit zahlreicher weiterer Kreaturen erregt, und eine weitere Woge toten Fleisches rückte in ihre Richtung vor.
»Das mag schon sein«, versuchte Harte weiter, Jas aufzuhalten, »aber nicht deinetwegen, du Idiot. Hast du es noch nicht durchschaut? Die Toten sind nicht unsere Feinde. Sie sind genauso verängstigt und verloren wie wir.«
Jas wirbelte abermals herum. Ein weiterer Kadaver, ein weiterer Schuss ins Gesicht. Diesmal wollte ihn Ainsworth aufhalten, indem er den Lauf des Gewehrs packte. In seiner Panik und Verwirrung spannte Jas den Abzugsfinger an und feuerte. Ainsworth wurde zurückgeschleudert. Er prallte mit einem wandelnden Leichnam zusammen, dann fiel er mit einem klaffenden, blutenden Loch in der Brust zusammen.
»Was um alles in der Welt hast du getan?«, stieß Lorna hervor, die sich neben Ainsworths zuckenden Körper stellte und kaum begreifen konnte, was soeben geschehen war. Rauch kräuselte sich in dünnen Schlieren von den Rändern der Wunde empor. Sie brauchte sich nicht zu bücken, um zu wissen, dass er tot war. Lorna schaute auf und sah, dass sich die anderen weiter von Jas entfernten, der das Gewehr mit einer Handvoll Patronen aus seiner Tasche nachlud. »Was ist nur mit dir passiert, Jas?«
»Die letzten drei Monate sind mir passiert«, gab er zurück und hielt Ausschau nach dem nächsten Ziel. Er zielte und schoss auf einen weiteren Toten, dann auf noch einen und noch einen ... Der Rest der Lebenden sprang auseinander, als er erneut nachlud, und gruppierte sich um das Heck eines Müllwagens neu. Harte versuchte, Lorna zuzurufen, doch sie hörte ihm nicht zu. Stattdessen kauerte sie immer noch neben Ainsworths leblosen Körper. Jas feuerte auf einen weiteren Kadaver.
»Die letzten drei Monate haben uns allen zugesetzt«, sagte sie. »Aber ich dachte wirklich, du wärst anders. So hätte es nicht kommen müssen. Du, ich, die Toten ... weißt du, wir sind alle Opfer. Es geht nicht um uns gegen sie oder um dich gegen mich – es geht darum, dass wir alle zu überleben versuchen.«
»Das weiß ich«, sagte er und senkte kurz das Gewehr. »Das weiß ich besser als sonst jemand. Das will ich euch ja klarmachen. Auf der Insel werdet ihr nicht überleben, das ist eine Sackgasse. Ihr solltet hier bleiben. Hier bei mir.«
Lorna richtete sich auf und ging zu ihm. Sie hatte schreckliche Angst, dass er jeden Moment die Waffe anheben und wieder schießen könnte, trotzdem verspürte sie das Bedürfnis, mit ihm zu reden. Sie fand, dass er verzweifelt klang. Ihr Blick wanderte die Straße entlang zurück, wo sie in der Ferne den Schimmer der Flammen sah. Der warme Wind wehte weiter in ihre Richtung,
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