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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Sommerferien mit mir und meiner Schwester für ein paar Tage hier.«
    »Hat sich stark verändert, oder?« Donna lächelte.
    »Ein wenig. Das Meer sieht unverändert aus ...«
    »... aber alles andere ist im Arsch.«
    »So ziemlich.«
    Mittlerweile befanden sich mehrere weitere Tote rings um sie. Michael schaute zurück und sah, dass sich eine kleine Schar auf das Parkhaus zubewegte, wo sie den Helikopter zurückgelassen hatten. Zweifellos reagierten sie noch auf den Lärm und die unerwartete Ankunft der Maschine. Michael wurde klar, dass die Leichen sie gar nicht zu bemerken schienen, solange sie selbst keinen größeren Lärm verursachten, und dass sie denjenigen, die sie doch wahrnahmen, mühelos ausweichen konnten. Sie brauchten nur einen Schritt zur Seite zu treten oder die Geschwindigkeit geringfügig zu erhöhen.
    Das Parkhaus lag in der Nähe des großen, einst stark frequentierten Busbahnhofs der Ortschaft. Bei Letzterem handelte es sich um einen relativ neuen Bau, der vorwiegend aus Glas und Metall bestand. Harry blieb vor Automatiktüren stehen, die zum Glück so nutzlos wie überall im Land waren, und starrte auf den entsetzlichen Anblick auf der anderen Seite. Die Halle strotzte vor Toten. Manche waren noch in Bussen gefangen, andere in Warteräumen.
    »Es war gerade Stoßzeit«, sagte Donna leise. »Erinnert ihr euch noch daran?«
    Michael erinnerte sich gut an die tägliche Hölle der Stoßzeit. Wie die Menschen, die hier gestorben waren, hatte auch er sich einst in überfüllte Busse und Züge zwängen müssen, um zur Arbeit und wieder nach Hause zu gelangen. Nun dachte er mit leichter Nostalgie daran zurück, doch ein weiterer Blick in die Trostlosigkeit ließ sie schlagartig verpuffen. Das Innere des modernen Gebäudes ähnelte einem Massengrab. Zahlreiche Leichen lagen in den Schatten übereinander, viele weitere bewegten sich noch träge durch die Düsternis. Einige hielten auf das Glas zu. Verwesende Hände krallten an den Fenstern und Türen, als versuchten sie, Aufmerksamkeit und Hilfe zu erlangen. Die Zeit dafür war längst vorbei.
    Michael ließ die anderen zurück und ging weiter um das Gebäude, wie gebannt von der Abfolge grauenhafter Anblicke, die sich vor ihm entfaltete. Ein Bus steckte an der Ausfahrt fest, war auf einer Seite gegen die Wand geprallt, hatte sich verkeilt und blockierte den Weg. Michael konnte eine zähflüssige Verwesungsmasse sehen, die den einstigen Passagieren entstammte. Durch mehrere Monate, in denen sie in dem beengten Raum ständig aneinander gerieben hatten, waren sie zu wenig mehr als einer von Knochen durchsetzten Brühe geworden. Wie viele Menschen in dem Bus gestorben waren, ließ sich nicht abschätzen, aber unter der Tür troff immer noch eine abscheulich stinkende, gelblich-braune Flüssigkeit hervor.
    Michael setzte den Weg in die Richtung fort, in die er gegangen war, und stellte fest, dass das Gebäude auch einen Bahnhof beherbergte, nicht nur eine Busstation. Er stieg über die verschrumpelten Überreste einer Leiche hinweg, die am Fuß einer steilen Treppe lag, das Genick durch einen Sturz gebrochen. Michael erklomm die Stufen zu einem erhöhten Steg. Offensichtlich hatte diese Fußgängerbrücke dazu gedient, die direkt darunter verlaufenden Eisenbahnschienen zu überspannen, aber sie bot auch einen Aussichtsbereich. Von der Mitte aus hatte er einen ungehinderten Ausblick auf den gesamten Bereich darunter – die Schienen, die Lokomotiven, die Bahnsteige, die Busstationen. Großer Gott , dachte er. Dieser Ort war gerammelt voll, als die Welt vergangenen September abrupt zum Stillstand gekommen ist . Das Gebäude strotzte vor Verfall. Und die Züge selbst ... Er konnte nur wenige Sekunden lang hinschauen, bevor er den Blick abwenden musste. Durch jedes Fenster jedes Waggons starrten unzählige tote Gesichter, die nach all der Zeit immer noch zu entkommen versuchten.
    Harry erledigte einige der ihnen nahekommenden Leichen, als sie den Weg zum Jachthafen fortsetzten – es fühlte sich falsch an, es nicht zu tun. An vielen anderen jedoch liefen sie einfach vorbei. Es war fast, als wäre die Zeit stehen geblieben und alles erstarrt, was sich unmöglich, geradezu surreal und doch auch auf bizarre Weise gut anfühlte.
    Es ist, als hätten wir wieder die Kontrolle , dachte Cooper, als sie über offene Flächen gingen – gingen! –, die sie bei ihrem letzten Aufenthalt auf dem Festland noch unmöglich zu Fuß hätten bewältigen können. Er durchquerte

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