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Herbst - Ausklang (German Edition)

Herbst - Ausklang (German Edition)

Titel: Herbst - Ausklang (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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trug. Hier oben herrschte eine nicht allzu schlechte Luftqualität. Nicht so gut wie auf der Insel, aber durchaus erträglich. Zwar nahm er einen Anflug des sofort vertrauten Gestanks des Todes wahr, an den sie sich alle gewöhnt hatten, doch er war nicht so beherrschend, wie er ihn in Erinnerung hatte. Die Meeresbrise verwehte ihn, bevor er zu eindringlich wurde.
    Michael ging zum Rand des Parkhauses und spähte über die Mauer hinab auf die mutmaßliche Haupteinkaufsstraße der Ortschaft. Einst hatte er sich mit Emma einige Tage auf dem Dach eines solchen Parkhauses versteckt. Das war gleich zu Beginn ihres Albtraums gewesen – einer der schlimmsten Tage der schlimmsten Zeiten, kurz, nachdem sie ihren Unterschlupf in dem Bauernhaus und ihren Freund Carl Henshawe verloren hatten. Er bemühte sich, nicht bei diesen Erinnerungen zu verweilen. Damals waren sie vollkommen orientierungslos gewesen, hatten nicht gewusst, wie sie überleben sollten und ob sie es überhaupt wollten.
    »Alles in Ordnung, Mike?«, fragte Cooper und riss ihn damit aus seinen Gedanken. Er war froh über die Störung.
    »Bestens«, antwortete er. »Sehe mir nur die Umgebung an.«
    Cooper blickte hinab. Auf den Straßen herrschte ein wenig stockende Bewegung vor, aber nichts im Vergleich zu dem, woran sie gewöhnt waren. Nur noch wenige der Toten waren hier verblieben und schlurften rastlos umher, wenngleich sehr langsam.
    »Statt nur runterzuschauen, könnten wir auch runtergehen und es hinter uns bringen«, schlug Harry sarkastisch vor. Michael blickte über die Schulter zu dem anderen Mann, der am Helikopter lehnte und sein Schwert mit einem Stück Stoff reinigte. Der verrückte Penner hatte kein Geheimnis daraus gemacht, dass es ihn in den Fingern juckte, die Waffe wieder zu benutzen. Michael hatte ihn oft mitten auf einem Feld außerhalb von Danver’s Lye gesehen, dem kleinen Dorf im Herzen von Cormansey, wo er mit dem Schwert geübt hatte wie ein frustrierter Kampfkunstmeister ohne Schüler. Jack Baxter zog Harry gern auf, indem er ihn fragte, ob er auch Hecken schneide, weil seine gestutzt werden müsste.
    »Was meint ihr?«, fragte Richard, der von der anderen Seite des Dachs des Parkhauses zurückkehrte, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. »Da hinten ist ein Jachthafen, der gut aussieht. Dort sollten wir schon etwas Geeignetes finden.«
    »Klingt nach einem Plan«, fand Donna. »Wir suchen uns ein paar Boote, laden sie voll, verschwinden von hier und fahren nach Hause.«
    Zu fünft gingen sie die Zufahrtsrampe hinab, die ins Erdgeschoss führte. Dabei mussten sie über das Wrack eines pflaumenfarbigen Minis mit schwarz-weiß kariertem Dach klettern, der gegen eine Absperrung gekracht war und die wendeltreppenartige Fahrbahn blockierte. Michael bog um die letzte Ecke und trat hinaus auf die Straße. Sein Puls raste. Er verspürte ein unangenehmes, vertrautes Unbehagen, das er nicht mehr empfunden hatte, seit er zuletzt auf dem Festland gewesen war. Kampfbereit, in Erwartung eines Angriffs umklammerte er ein Brecheisen. Zwar stürmte nichts auf ihn zu, dennoch legte sich seine Anspannung nicht. Die Situation fühlte sich nicht richtig an. Mittlerweile hatten sich die Lebenden darauf eingestellt, einen Kampf mit den Toten zu erwarten.
    »Los geht’s«, sagte Harry, beschleunigte die Schritte und übernahm mit dem Schwert in der Hand die Führung. Vor ihnen näherte sich vom fernen Ende einer langen, geraden Straße, auf der sonst keinerlei Bewegung herrschte, eine einzelne Leiche. Harry ging zielstrebig darauf zu, blieb jedoch ein Stück entfernt von ihr stehen, zugleich neugierig und angewidert. Der Verfall der Toten war bemerkenswert.
    In den Monaten, seit alles begonnen hatte, war allen Überlebenden so mancher grausige Anblick zuteilgeworden. Harry selbst erinnerte sich an mehrere – beispielsweise, als er auf einen Mann gestoßen war, der sich noch bewegte, obwohl er von einer zerbrochenen Spiegelfensterscheibe beinah entzweigeschnitten worden war. Die Beine des Toten waren zerquetscht gewesen, aber die Arme hatten hin und her gefuchtelt. Diese grotesken Erinnerungen verblassten im Vergleich zu der Kreatur, die nun auf ihn zuwankte. Aus manchen Blickwinkeln stellte er unwillkürlich infrage, ob das Wesen überhaupt je menschlich gewesen war, so entstellt und verwest war es, ein Anblick wie aus einem Albtraum, der nichts glich, was er je zuvor gesehen hatte.
    Die Wiederauferstehung jedes einzelnen Toten stellte eine

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