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Herbst - Beginn

Herbst - Beginn

Titel: Herbst - Beginn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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sollten bleiben oder –«
    »Ich finde, es wäre dumm, sofort wieder aufzubrechen«, meldete Michael sich zu Wort und überraschte die beiden anderen damit, die leicht zusammenzuckten und sich ihm zuwandten. Noch vor wenigen Augenblicken hatte er fest geschlafen.
    »Wie lange bist du schon wach?«, wollte Carl wissen.
    »Nicht lange«, gab er gähnend zurück. »Jedenfalls, um deine Frage zu beantworten: Ich denke, wir sollten eine Weile bleiben und abwarten, was passiert.«
    »Gar nichts wird passieren«, murmelte Emma.
    »Ich hoffe, du hast Recht«, meinte Michael und gähnte abermals. »Wir sollten uns morgen darum kümmern, genauer herauszufinden, was wir hier alles haben. Wenn uns alles sicher erscheint, sollten wir bleiben.«
    »Einverstanden«, pflichtete Carl ihm bei. Seine wahren Beweggründe behielt er für sich. Es war keineswegs so, dass Carl sich in dem Bauernhaus sonderlich wohl fühlte, vielmehr wollte er zumindest die nächsten paar Tage nirgendwo anders hin. Während der Fahrt aus der Stadt hatte er mehr Tod, Blut und Zerstörung gesehen, als er je für möglich gehalten hatte. Die alten, aber soliden Mauern des Bauernhauses schützten ihn vor dem Rest der zerstörten Welt.
    »Ich suche mir ein Bett«, sagte Michael, stand auf und streckte sich. »Ich könnte eine Woche durchschlafen.«
    18
    Emma war die Erste, die am nächsten Morgen erwachte. Es war Samstag – wenngleich der Wochentag keine Rolle mehr zu spielen schien –, und sie vermutete anhand des geringen Lichts, das durch den Spalt zwischen den Vorhängen einfiel, dass es noch früher Morgen wahr, vermutlich zwischen vier und fünf Uhr.
    Nach ein paar Sekunden der Orientierungslosigkeit fiel ihr ein, wo sie sich befand und wie sie hierher gelangt war. Sie blickte zur Decke über dem Bett empor und musterte die unzähligen Unebenheiten, Sprünge und Blasen. Dann ließ sie die Augen im Halbdunkel zu den Wänden wandern, wo sie das Muster der Tapete zu zählen begann. Es bestand aus fünf verschiedenen pastellrosa Blumen, die in der Düsternis gräulich wirkten und auf einen cremeweißen Hintergrund gedruckt waren. Die Blumen reihten sich in strengen Wiederholungen aneinander.
    Emma hatte dreiundzwanzig Durchläufe des Blumenmusters an der Tapete gezählt, ehe sie damit aufhörte und sich fragte, was sie da eigentlich tat. Ihr wurde klar, dass sie ihren Verstand unterbewusst mit Müll füllte. Es schien um so viel einfacher, über die Muster an der Wand und ähnliche Belanglosigkeiten nachzudenken als darüber, was in der Welt außerhalb der Penn Farm geschehen war.
    Neben dem Bett ertönte plötzlich ein Stöhnen, das sie schlagartig vor Angst erstarren ließ. Sie lag reglos da und lauschte aufmerksam. Jemand befand sich bei ihr im Schlafzimmer. Sie konnte hören, dass sich auf dem Boden neben dem Bett etwas bewegte; einen Augenblick war sie zu verängstigt, um sich zu bewegen. Ihr Herz hämmerte wild in der Brust, und sie hielt den Atem an, um ihre Gegenwart nicht preiszugeben.
    Zehn lange, schreckliche Sekunden verstrichen, bevor sie genug Mut aufbrachte, um sich über die Bettkante zu beugen und hinabzublicken. Eine Woge der Erleichterung spülte über sie hinweg, als sie sah, dass es Michael war, der in einem dünnen Schlafsack auf dem Boden schlief. Emma legte sich zurück aufs Bett und seufzte.
    Sie war sicher, dass Michael zu Beginn der Nacht woanders geschlafen hatte. Nachdem Carl losgegangen war, um sich ein Bett zu suchen, hatten sie noch ein paar Minuten auf dem Flur vor ihrem Zimmer miteinander geredet. Insgesamt gab es im Haus vier Schlafzimmer – drei im ersten Stock, eines auf dem Dachboden –, und Emma konnte sich deutlich erinnern, dass Michael in einen der an ihr Zimmer angrenzenden Räume gegangen war. Warum also schlief er nun auf dem Boden neben ihrem Bett? Hatte er gedacht, sie bräuchte ihn als Beschützer hier, oder hatte er selbst Gesellschaft und Rückhalt in den dunklen Stunden der soeben verstrichenen Nacht gebraucht? Was immer der Grund gewesen sein mochte, Emma gelangte zu dem Schluss, dass es keine Rolle spielte. Sie war froh über seine Anwesenheit.
    Mittlerweile war sie hellwach, und jede Aussicht darauf, noch einmal einzuschlafen, schien vorbei. Missmutig und nach wie vor müde rollte sie sich auf die andere Bettseite und schwang die Beine hinaus. Sie senkte die Füße hinab, bis sie den kahlen, lackierten Fußboden erreichten und zuckte angesichts der plötzlichen Kälte zusammen, die ihre Zehen

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