Herbst - Läuterung
überrannten uns, bevor wir überhaupt wussten, was vor sich ging ...«
Michael hörte nicht zu. Er drängte sich an Baxter vorbei, um näher an das Flugzeug heranzukommen und musste sich seinen Weg durch den Menschenstrom bahnen, der ihm entgegen kam. Noch immer stiegen welche aus dem Flugzeug – Jean Taylor, Stephen Carter und etliche andere – doch von Emma war nichts zu sehen. Er stand weniger als einen Meter von der Tür entfernt, beobachtete und wartete. Es kamen noch mehr – Sheri Newton, Jo Francis – und dann verebbte der Strom der Überlebenden. Er ging weiter nach vorne und beugte sich hinein, da er verzweifelt hoffte, er würde sie entdecken. Sie musste doch da sein! Aber das Flugzeug war leer. Er verfiel in Panik, drehte sich wieder um und rannte zurück, weit die Landebahn hinunter, wo sich die verängstigten Überlebenden zusammengeschart hatten. Vielleicht hatte er sie versäumt. Es musste so sein.
Donna bemerkte, wie sich Michael näherte, und zerrte Richard Lawrence am Arm, um seine Aufmerksamkeit zu wecken.
»Wo zum Teufel ist sie?«, fragte Michael. »Wo ist Emma?«
Lawrence holte tief Luft. »Tut mir leid, Kumpel. Sie ist noch am Flugplatz. Wir konnten nicht jeden hierher bringen, ohne ...«
»Sie fliegen wieder zurück, oder?«
»Mit dem Flugzeug geht es nicht, wir haben dort keine Möglichkeit mehr, um es zu landen ...«
»Aber Sie fliegen zurück, oder?«, fragte er wieder.
»Ich werde zurückfliegen, aber ich weiß nicht, wann ich dazu imstande sein werde. Es tut mir leid, Mike. Sie wissen nicht, was dort drüben los war. Als sie erst einmal am Zaun vorbeigekommen waren, konnten wir nichts mehr tun. Wir konnten nicht ...«
»Ich komme mit Ihnen mit«, sagte er mit einer Stimme, die beunruhigend flach und emotionslos klang. »Wir werden jetzt gehen.«
»Nein, Michael«, protestierte Donna. »Das werden Sie nicht, es hat keinen Sinn. Wir brauchen Sie hier, um ...«
»Ich komme mit Ihnen mit«, sagte er wieder und ignorierte sie.
Lawrence schüttelte den Kopf und blickte zur Seite. »Hören Sie, Donna hat recht. Es gibt nicht genug Platz. Dort drüben sind mehr als zehn Leute zurückgeblieben. Wenn ich es schaffe, zu ihnen zurückzukommen, werde ich jeden Platz, den ich habe, dafür brauchen, um so viele wie möglich mit mir hierher zurückzubringen, falls ich irgendwo in ihre Nähe kommen kann ...«
»Wann fliegen Sie los?«
Lawrence blickte in den Himmel hinauf. »Sehen Sie, ich brauche etwas Zeit, in Ordnung? Bevor ich irgendetwas tue, müssen wir innehalten und darüber nachdenken, wie ich ...«
»Fliegen Sie jetzt zurück!«
»Ich kann nicht.«
»Warum nicht? Was hält Sie davon ab?«
»Etwa fünfzigtausend tote Körper.«
»Sie müssen zurück. Sie können sie nicht dort zurücklassen.«
»Ich weiß nicht, was ich sonst tun kann. Es wird mindestens drei oder vier Flüge benötigen.«
»Dann machen Sie drei oder vier Flüge.«
»Kommen Sie, Michael.« Donna griff nach seinem Arm und versuchte, ihn von dem erschöpften Piloten wegzuführen, »es ist nicht seine Schuld ...«
Er schüttelte sie ab und wich nicht von der Stelle.
»Michael«, sagte Lawrence sanft. »Ich werde vor morgen nirgendwohin fliegen, sofern ich überhaupt zurückfliegen werde. Es gibt keinen Grund, mehr als ein Risiko einzugehen, und das müsste ich, wenn ich in der Nacht fliege. Halten Sie für eine Minute inne und denken Sie ...«
Michael hörte nicht zu. Er starrte den Piloten lange an, drehte sich dann um und ging in die Dunkelheit hinein, während sein Kopf mit dunklen und verzweifelten Gedanken und Abbildern von Emma gefüllt war. Donna beobachtete, wie er in der Nacht verschwand und wusste, dass es nichts gab, womit sie ihm helfen konnte.
Tief in seinem Inneren wusste er, dass Lawrence recht hatte. Es gab keine Möglichkeit für ihn, in dieser Nacht zurück auf das Festland zu gelangen.
Wie konnte es sein, fragte er sich, während ihm der kalte Wind ins Gesicht biss, dass so gut wie alle anderen hier waren, während die einzige Person, die ihm mehr als alle anderen bedeutete, zurückgelassen worden war? Wie hatten sie es ihr nur antun können? Wie hatte er es nur zulassen können? Er verfluchte sich dafür, dass er sie überhaupt verlassen hatte. Als er sie sich vorstellte, wie sie am Flugplatz, Hunderte Meilen von jedem entfernt, der ihr helfen konnte, von Leichen umzingelt war, wuchs die Qual in ihm ins Unermessliche. Der Schmerz stieg noch weiter, als er sich die wenigen denkbaren
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