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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Aussichten für Emma und die anderen ausmalte. Sie würden vielleicht eingekesselt zurückbleiben und langsam verhungern. Die Leichen könnten sie erreichen und ...
    Darüber nachzudenken war sogar noch düsterer.
    Er musste bei ihr sein.
    Sie waren nun seit zwei Tagen und zehn Stunden voneinander getrennt. Seine Nervosität und der Schmerz stiegen jede weitere Minute an, in der er nicht bei ihr war.

42
    Was sich wie Tage angefühlt hatte, waren vermutlich nur einige Stunden gewesen. Die elf Überlebenden hatten in dem kleinen, quadratischen Raum zusammengepfercht verharrt, hatten sich kaum bewegen können und waren beinahe zu verängstigt, um zu atmen. Sie standen eine qualvolle, scheinbar ewige Zeit in entsetztem Schweigen da und lauschten der Welt außerhalb. Draußen war nichts deutlich genug gewesen, um es einordnen zu können, doch sie schienen von einer unausgesetzten Tonkulisse, zusammengesetzt aus den Geräuschen schlurfender Körper, trampelnder Schritte und ungeschickter, kümmerlich koordinierter Bewegungen umgeben zu sein. Bisweilen gab es auch noch anderen Lärm – höchstwahrscheinlich von einzelnen, blindwütigen Leichnamen, die andere in ihrer Nähe angriffen.
    Ihre Situation war kaum zu ertragen. Wenn sie so verblieben, konnten sie es vielleicht bis zum Morgen so aushalten, doch was dann? Croft spürte, wie sehr die Menschen rings um ihn kämpften. Der körperliche und mentale Druck verstärkte sich nahezu mit jeder Sekunde.
    »Muss mich bewegen«, erklang die verängstigte Stimme der ersten Person, die es seit Stunden wagte, laut zu sprechen.
    »Ruhe«, zischte Croft unterdrückt demjenigen zu – ganz gleich, wer es war –, der die kostbare Stille gebrochen hatte. Der Toilettenraum des Bürogebäudes wurde immer beengender und ungemütlicher. Er hätte viel für einen Sitzplatz gegeben, denn der Schmerz in seinem Bein wurde unerträglich. Er wusste nicht, wie lange es ihm noch möglich sein würde, aufrecht zu stehen.
    Jemand im Bereich der Rückseite des Raumes war ebenfalls kurz davor, die Grenze des Leidens zu erreichen. »Ich muss mich bewegen, sonst werde ich ...«
    »Ruhe!«, befahl wieder eine gedämpfte Stimme. Die letzten Lichtstrahlen des zur Neige gehenden Tages waren bereits verschwunden und der kleine Raum wurde in abweisende, tiefschwarze Dunkelheit gehüllt. Croft konnte nicht erkennen, wer sprach. Um wen auch immer es sich handelte, er musste ruhig sein. Sie hatten sich alle bisher recht gut geschlagen, hatten es geschafft, nahezu vollkommen still zu bleiben und waren so noch in Sicherheit. Die Leichen schienen das Interesse am Bürogebäude und dessen Insassen für eine Zeit verloren zu haben. Der Arzt wusste, dass es nicht viel brauchen würde, um sie wieder hierher zurückzubringen und dass sich selbst eine Stimme dafür als ausreichend erweisen konnte. Mit Sicherheit war bereits der gesamte Flugplatz von ihnen überrollt worden.
    »Ich kann nicht ...« Das war wieder die klagende Stimme. Neben Croft winselte ein anderer Überlebender, da er den Ernst ihrer heiklen Lage begriff. Er konnte auf der ihm gegenüberliegenden Seite eine Bewegung sehen. War das schon wieder Jacob Flynn? Wer auch immer es war, die anderen stolperten vorwärts und versuchten, die Person zu packen, die für den Lärm verantwortlich war, um sie zum Schweigen zu bringen.
    »Weg von mir!«, kreischte eine Frauenstimme. Croft fühlte, wie seine Beine vor Nervosität nachgaben. Himmel, das war alles, was sie brauchten. Unter Umständen mussten sie Stunden hier drin verbringen. Jeder musste nur ruhig bleiben und versuchen, nicht in Panik zu geraten. Wenn sie das schafften, hatten sie möglicherweise immer noch eine Chance. Alles, was sie tun mussten, war ...
    »Herr im Himmel«, fauchte er. Nun war es der Arzt, der die Stille brach, als er durch eine wellenförmige Bewegung von seinen müden und schwankenden Beinen gerissen wurde und in die Tür hinter sich krachte. Der laute Aufprall hallte wie ein Kanonenschuss durch das leere Gebäude. Sein schwächeres Bein knickte unter ihm weg, und während er zu Boden fiel, riss er andere aus dem Gleichgewicht. Er lag auf dem kalten, gekachelten Boden und konnte sich kurze Zeit nicht bewegen. Das ist so sinnlos, dachte er. Verdammt noch mal – so absolut sinnlos.
    Eine Hand griff nach ihm, zog ihn vom Boden hoch, und eine müde Stimme sagte: »Komm schon, Kumpel. Alles in Ordnung?«
    Der Arzt nickte – dabei vergaß er, dass ihn der andere nicht sehen konnte – und

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