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Herbst - Läuterung

Herbst - Läuterung

Titel: Herbst - Läuterung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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konnte.
    Draußen vor dem Fenster war das Flugfeld dunkel und obwohl sie wusste, dass sich knapp außer Sichtweite Tausende von Leichen befanden, war der Boden um den Beobachtungsturm leer. Das Gebäude war widerstandsfähig und abgeschottet. Sie konnte sich nicht vorstellen, dass irgendeiner der Kadaver genügend Kraft, Intelligenz und Koordinationsvermögen besaß, um den Turm zu erreichen, geschweige denn, die Treppen nach oben zu gelangen. So hoch in der Luft fühlte sie sich unendlich viel sicherer als verborgen unter der Erde, wo sie den Großteil der letzten vierzehn Tage verbracht hatte.
    »Sehen Sie die Frau, die neben Michael sitzt?«, fragte Emma und brachte Donna dazu, sich umzudrehen und über ihre Augen zu wischen. Die Frau, auf die Emma zeigte, saß zwischen Michael und Phil Croft und war rundlich, rotgesichtig und ausgesprochen laut. Donna wunderte sich, wie zum Teufel sie es geschafft hatte, so lange in einer Welt zu überleben, in der Schweigen die stärkste Form der Verteidigung und Selbsterhaltung war und immer noch ist.
    »Die stattliche Frau?«, erwiderte sie und wählte ihre Worte sorgfältig.
    »Ganz genau. Sie heißt Jackie Soames.«
    »Hat sie das Sagen?«
    »Ich denke, dass niemand wirklich das Sagen hat, aber sie scheint am Großteil der Entscheidungen, die hier getroffen werden, beteiligt zu sein.«
    »Sie sieht nicht ...«, begann Donna.
    »Sie sieht nicht so aus wie eine Person, von der man an einem Ort wie diesem erwarten würde, dass sie sich hinsetzt und Ratschläge erteilt«, unterbrach sie Emma, die erfolgreich vorhersah, was Donna zu sagen versuchte. »Man bringt ihr hier allerdings eine Menge Respekt entgegen. Ich habe mit einigen Leuten gesprochen, die nur Gutes über sie zu berichten hatten. Anscheinend gehörte ihr eine Kneipe. Man erzählt, dass sie alles, was am ersten Tag geschah, verschlief. Sie ging mit einem Brummschädel ins Bett, wachte dann um die Mittagszeit auf und fand ihren Ehemann tot hinter dem Tresen.«
    »Wie nett. Wer ist sonst noch hier?«
    »Sehen Sie den jungen Burschen, der da alleine mit dem Rücken zu uns steht?«
    »Ja.«
    »Das ist Martin Smith. Er ist derjenige, der ...«
    »... angeblich herausgefunden hat, wie all dies geschehen ist?« Donna hörte sich wenig überzeugt an.
    »Das ist er. Und der Kerl, der da drüben steht und aus dem Fenster sieht«, fuhr Emma fort und wies mit dem Kopf zur diagonal gegenüberliegenden Ecke des quadratischen Raumes.
    »Der mit dem Jackett?«
    »Das ist er«, erwiderte sie, »ich denke, er heißt Keele – er allerdings nennt sich Tuggie.«
    Donna sah den Mann an und verspürte eine eigenartige Mischung aus Überraschung, Enttäuschung, aber auch ein gewisses Maß an Misstrauen. Nahezu jeder Überlebende trug die Kleider, die er zufällig gerettet hatte. Das Auftreten dieses Mannes hingegen suggerierte, dass er es aus unerklärlichem Grund noch immer für notwendig hielt, gut gekleidet und respektabel zu wirken. Sein Haar war – im Gegensatz zu dem von fast jedem anderen – überraschend sorgfältig frisiert. Er sah irgendwie fehl am Platz aus und befand sich, von den anderen abgesondert, allein auf weiter Flur. Lag der Grund darin, dass er sich dazu entschieden hatte, sich wenig mit den anderen einzulassen, oder wollte der Rest der Gruppe nichts mit ihm zu tun haben? Aus welchem Grund auch immer, er war in einem Raum voller Menschen sehr einsam.
    »Was hat er hier zu tun?«, fragte sie, da sie vermutete, der Mann würde eine gewisse Bedeutung für die Gruppe haben, weil Emma auf ihn hingewiesen hatte.
    »Haben Sie das Flugzeug im Hangar gesehen?«
    Donna schüttelte den Kopf. »Nein, aber ich weiß, dass sie eines haben müssten.«
    »Anscheinend ist er derjenige, der es fliegen wird.«
    »Warum sagen Sie das so? Was meinen Sie mit anscheinend?«
    »Das Mädchen da drüben, sie heißt Jo, hat mir erzählt, dass er kleine Schleppflugzeuge in einem Segelfliegerklub geflogen hat ...«
    »Daher der Spitzname ...«
    »Das stimmt. Jedenfalls behauptet sie, dass er noch nie etwas so Großes wie das Flugzeug, das sie hier haben, geflogen hat.«
    »Muss er das? Sie haben den Helikopter, oder?«
    »Der Plan sieht vor, dass Leute in Dreier- und Vierergruppen auf die Insel geschickt werden, um sie sicher zu machen. Wenn alles freigeräumt ist, werden sie das Flugzeug beladen und alle Personen und alles andere dorthin bringen.«
    Donna nickte und trank aus. »Was ich noch sagen wollte. Ich habe draußen auf der Piste keine

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