Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
Vom Netzwerk:
eigenartig defensiv. Offenbar hatte Donna einen wunden Punkt getroffen. »Sie haben nicht die leiseste, verfluchte Ahnung, wovon Sie reden.«
    »Seien wir doch mal ehrlich«, bohrte sie weiter. »Der einzige Grund, warum Sie sich so vehement dafür aussprechen, hier zu bleiben, ist, dass Sie sich davor fürchten, nach draußen zu gehen.«
    »Blödsinn«, herrschte er sie an. »Glauben Sie das wirklich? Der Grund, warum ich bleiben will, ist –«
    »Der Grund ist, dass Sie nicht den Mumm haben, sich rauszuwagen.«
    »Ich will bloß nicht von unzähligen Scheißleichen angegriffen werden, deshalb will ich nicht weg«, verteidigte er sich. »Wenn Sie auch nur einen Schritt hinaus machen, werden Sie von denen regelrecht verschlungen. Es sind Tausende.«
    »Und was tun Sie, wenn die hier reinkommen?«
    »Werden sie nicht.«
    »Vielleicht doch. Wahrscheinlich sogar, früher oder später.«
    »Darüber denke ich nach, wenn es soweit ist. Vorerst bleibe ich dabei, dass ich meinen Hals nicht riskiere, solange ich eine andere Möglichkeit habe.«
    »Es gibt aber keine anderen Möglichkeiten mehr.«
    »Ich entscheide selbst, wann ich von hier verschwinde.«
    »Sie werden es nie tun. Weil sie ein verdammter Feigling sind. Sie werden einfach hier rumsitzen und sterben.«
    »Halten Sie die Scheißklappe, oder –«
    »Oder was? Na los, Sie Riesenarsch, was genau wollen Sie tun? Sie werden hier hocken bleiben, wenn der Rest von uns verschwindet, und Sie werden hier sterben.«
    Plötzlich sprang Holmes von der Bank auf und stürzte auf Donna zu. Sie taumelte rücklings in Richtung der Tür, die in den Versammlungssaal führte und prallte gegen Phil Croft. Seit etwa einer Minute stand er an der Tür.
    »Alles in Ordnung?«, fragte er und fing Donna an den Schultern auf. Sie fand das Gleichgewicht wieder, drehte sich um und drängte sich an ihm vorbei.
    »Ja«, murmelte sie, als sie in der Dunkelheit verschwand.
    Holmes und der Arzt wechselten stumm einen Blick, bevor Croft kehrtmachte und Donna ins Gebäude folgte.

36
    Das Geräusch verwesender Hände, die gegen die Seite des Wohnmobils klatschten, weckte Michael. Es war schon öfter geschehen – drei oder vier Mal in den vergangenen Tagen –, und er hatte sich rasch angewöhnt, die verseuchten, lästigen Kadaver zu beseitigen. Zumeist handelte es sich um einen vereinzelten Leichnam, der zufällig auf das Fahrzeug gestoßen war. An diesem Morgen jedoch hörte er mindestens zwei. Müde und frierend setzte er sich auf die Bettkante und zog die Stiefel an.
    Durch eine Lücke in einem der schweren Vorhänge sah er, dass sich draußen ein klarer und sonniger Tag anbahnte. Anscheinend tauchten die Leichen deshalb auf. Sie schienen insbesondere dann vom Wohnmobil angezogen zu werden, wenn kaum Bewölkung herrschte und die Sonne schien. Michael schloss daraus, dass die Reflexion der Sonne auf dem Metall und Glas ihre Aufmerksamkeit erregte. Sie parkten am Rand eines großen Felds, wo es weit und breit nichts von Menschenhand Geschaffenes gab, das die Toten irgendwie interessieren könnte.
    Emma regte sich im Bett. Offenbar hatte der Lärm auch sie geweckt. Sie zog sich ein Kissen über den Kopf, um das Geräusch der Hände auszusperren, während Michael den Vorhang vollständig aufzog und hinausblickte. Er drückte das Gesicht an die Scheibe und versuchte, die Leichname aufzuspüren.
    Einer befand sich nah an der Tür, die er gerade noch erkennen konnte, den anderen wähnte er aufgrund der Richtung, aus der die Laute stammten, an der Vorderseite des Fahrzeugs, wo der Kadaver unablässig auf die Motorhaube klopfte. Gähnend ging Michael zur Tür und hielt unterwegs inne, um ein Brecheisen zu ergreifen, das er neben dem kleinen Gasofen im beengten Küchenbereich zurückgelassen hatte.
    »Sei vorsichtig«, sagte Emma und setzte sich auf, als sie erkannte, dass er hinausgehen wollte.
    »Mir passiert schon nichts«, erwiderte er, öffnete die Tür und trat hinaus.
    Die Morgenluft war belebend und frisch. Der Himmel erstrahlte in einem klaren Blau, und es war bereits sehr hell. Michael schirmte die Augen gegen die Sonne ab.
    Der erste Leichnam befand sich kaum zwei Meter von ihm entfernt und wankte bereits linkisch, aber beunruhigend schnell auf ihn zu. Michael verharrte und betrachtete ihn einen Augenblick. Offenbar war der Tote relativ jung gewesen, als er gestorben war. Soweit er es erkennen konnte, handelte es sich um einen männlichen Weißen in den schäbigen Überresten eines

Weitere Kostenlose Bücher