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Herbst - Stadt

Herbst - Stadt

Titel: Herbst - Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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Kerzen und Taschenlampen erhellte Gesichter verängstigt drein. Etliche weitere Menschen im Raum blieben durch die Düsternis verborgen.
    Ausnahmsweise hatten sich fast alle Überlebenden eingefunden, die im Gebäude Zuflucht gesucht hatten – selbst jene, die sich sonst zurückzogen und für sich blieben, hatten die Ereignisse im Zusammenhang mit dem Eintreffen des Soldaten aus ihren Verstecken hervorgelockt. Viele andere im Saal hielten sich ohnehin ausschließlich hier auf, weil es für sie in den einzelnen Zimmern, die sie zuvor besetzt hatten, zu beklemmend geworden war. Es schien besser, in Gesellschaft der anderen wenigstens hin und wieder kurz zu schlafen, als endlose Stunden alleine zu verbringen, wach und nervös.
    »Hört mal«, ergriff Donna wieder das Wort, »Phil schätzt, dass die Leichen in sechs Monaten so zersetzt sein werden, dass kaum noch etwas von ihnen übrig ist. Stimmt doch, Phil, oder?«
    Sie sah sich in der Düsternis um und versuchte, den Arzt auszumachen. Er saß ein paar Meter von ihr entfernt auf dem Boden und hatte zu vermeiden versucht, in das Gespräch einbezogen zu werden. Stattdessen beschäftigte er sich damit, einen etwa siebenjährigen Jungen mit einem Puzzlespiel abzulenken, damit er zu weinen aufhörte.
    »In etwa«, brummte er. »Ein paar Wochen auf oder ab.«
    »Also warten wir hier sechs Monate«, meinte Holmes.
    Donna schüttelte den Kopf. Das einstige Machogehabe des Mannes wich mittlerweile seinem wahren Gesicht. Seine Pläne, das Gebäude zu verlassen und aus der toten Stadt zu holen, was immer sie brauchten, waren längst vergessen. Er war so verängstigt wie der Rest der Überlebenden, aber nicht intelligent genug, um mit seinen Gefühlen umzugehen. Seine Furcht drückte sich in Form von Feindseligkeit und Zorn aus.
    »Welchen Teil haben Sie nicht verstanden, Nathan?«, seufzte Donna. »Wir haben nicht mehr genug Vorräte für sechs Tage, geschweige denn sechs Monate. Wir müssen so oder so hinaus, ob es Ihnen gefällt oder nicht.«
    Holmes erwiderte nichts. Er hätte es nie zugegeben, aber Donna schüchterte ihn ein. Ihm mangelte es an der Rhetorik, um ihren Worten etwas annähernd Sinnvolles und Zusammenhängendes entgegenzusetzen.
    »Sie hat Recht«, meinte Baxter und trat aus den Schatten, in die er bewusst zurückgewichen war, als die Diskussion immer hitziger geworden war. »Wir haben eigentlich gar keine andere Wahl. Wenn wir –«
    »Was wissen Sie schon?«, spie Holmes ihm plötzlich selbstsicherer entgegen. Mit Jack Baxter käme er sehr wohl zurecht, das wusste er.
    Jack jedoch ließ sich von der Wut des anderen Mannes nicht anstecken. Er fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und starrte durch die Düsternis in seine Richtung.
    »Ich weiß so viel wie Sie, Nathan«, erwiderte er, deutete anklagend mit dem Finger auf ihn und schüttelte den Kopf. »Aber wenn Sie mal für einen Augenblick vergessen, wie Sie sich fühlen und stattdessen das Gesamtbild betrachten, werden selbst Sie erkennen, dass wir keine Wahl haben.«
    Einige Stunden später hatten viele der Überlebenden die erhobenen Stimmen, die durch den Saal gehallt waren, so gut wie vergessen. Nathan Holmes hatte sich in die Tiefen des Gebäudes zurückgezogen, und mit ihm schien ein Großteil des Konflikts und der Feindseligkeit verschwunden zu sein. Abgesehen von ein paar gemurmelten Unterhaltungen und den leisen, aber allgegenwärtigen Geräuschen der Leichen draußen herrschte im Versammlungssaal vorwiegend Stille. Jack Baxter saß mit dem Rücken an der Wand und bemühte sich, mit dem unscheinbaren Hintergrund zu verschmelzen. Der Vorteil der Dunkelheit, dachte er bei sich, bestand darin, dass man sich in ihr verstecken konnte, ohne sich bewegen zu müssen. Er konnte Dinge in seinem Umfeld beobachten und sich dennoch in sicherer Ferne fühlen.
    Baxter befand sich in einer Ecke des Raumes in der Nähe von Cooper, Croft und Donna. Clare lag neben ihm auf einem behelfsmäßigen Bett aus mehreren zusammengelegten Decken und schlief relativ fest. Er beobachtete sie dabei oft. Irgendwie fühlte er sich dafür verantwortlich, sie zu beschützen, weil er am längsten bei ihr war. Sie war ein hübsches Mädchen mit weichen, fein geschnittenen Zügen, die im Moment ausnahmsweise unbekümmert und entspannt wirkten. Es kam nicht häufig vor, dass ...
    »Woran denken Sie, Jack?«, hörte er Phil Croft fragen. Bei der Erwähnung seines Namens schaute er auf.
    »Was?«, murmelte er.
    »Sie sind mit den Gedanken

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