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Herbst - Zerfall

Herbst - Zerfall

Titel: Herbst - Zerfall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Moody
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funktionierte. Er folgte Priest in den Besprechungsraum und beobachtete ihn bei seiner eingespielten Auftankroutine, dann ging er zum Büro. Ihm fiel auf, dass Priest den Kopf geneigt hielt und nach Möglichkeit zu Boden schaute.
    »Was ist denn los?«, fragte Hollis besorgt.
    »Nichts«, gab Priest zurück. »Ich sehe sie bloß nicht gerne an, das ist alles.«
    Priest setzte die Arbeit fort und bewegte sich zur Seite. Hollis trat vor, gab seiner Neugier nach. Er beugte sich aus dem Fenster und hielt sich am Rahmen fest.
    »Verfluchte Scheiße!«, stieß er unwillkürlich hervor. Die Musik übertönte seine Worte. Er schaute zu Priest zurück, der sich von ihm abwandte, da er das Grauen dessen nicht mit ihm teilen wollte, was er gerade gesehen hatte. Hollis drehte sich zurück nach draußen.
    Die Sonne ging gerade über dem Horizont auf. Schillerndes gelbes Licht kroch langsam über die Welt, erhellte alles, brannte die Schatten hinfort. Unter Hollis erstreckte sich in jede Richtung, so weit das Auge reichte, die größte Masse von Leichen, die er je gesehen hatte. Tausende – vielleicht Hunderttausende – füllten jeden Quadratzentimeter des Golfplatzes aus. Millionen Fliegen schwirrten in der Luft über den verrottenden Schädeln wie Hitzeflimmern. Das Ausmaß der Menge war unbegreiflich und furchteinflößend. Hollis konnte sie nicht mit den Scharen vor den Wohnungen vergleichen; dort hatten sich die Toten frei bewegen können, hier befanden sie sich dicht gedrängt auf umzäuntem Gelände.
    Jedenfalls wurde ihm schlagartig klar, weshalb Priest dermaßen aufgebracht auf das bisschen Lärm reagiert hatte, das sie in den vergangenen zwei Tagen verursacht hatten. Wenn diese Masse sich gegen sie wandte, gäbe es kein Entrinnen. Wenn diese Menge näher zum Hotel gelangt , dachte er, reißen sie uns entweder in Stücke oder zerquetschen uns. Es wird keinen Ausweg geben, keine Flucht. Und wenn sie uns nicht töten, ist es mit so vielen in unmittelbarer Nähe nur eine Frage der Zeit, bis sich tödliche Keime verbreiten.

40
    Während der Rest der Gruppe sich noch drinnen befand, stahl Jas sich hinaus und schlich zu dem Bus, den sie am Vortag direkt vor dem Hoteleingang abgestellt hatten. In der plötzlichen Euphorie im Anschluss an ihren erfolgreichen Beutezug hatten sie nur genug Lebensmittel und Getränke für den Abend ausgeladen und wollten die Aufgabe am nächsten Morgen zu Ende bringen. Es war noch früh, und bislang war nichts getan worden. Lethargie, Kater und allgemeine Müdigkeit schienen sich auf alle niederzuschlagen. Auf alle außer Jas.
    Er fühlte sich unbestreitbar schuldig und unbehaglich, als er in den Bus stieg und anfing, Lebensmittelkartons zu ergreifen. Er trug sie zum Hotel, achtete darauf, nicht gesehen zu werden, und brachte sie hinauf in den mittleren Raum im ersten Stock des Ostflügels, Zimmer 24 Ost. In diesem Bereich schlief kaum jemand, und Jas hatte festgestellt, dass dieses Zimmer eines der größten war. Im ersten Stock fühlte es sich sicherer als in den anderen Geschossen an. Auf der verglasten Treppe hatte er eine Weile innegehalten und den fast identischen Westflügel des Gebäudes gegenüber und den umschlossenen Rasenhof unten betrachtet. Er wusste, sollte etwas geschehen und er gefangen in dem Zimmer landen, für das er sich soeben entschieden hatte, hätte er die Sicherheit, sich nicht ebenerdig zu befinden, könnte aber dennoch aufgrund der geringen Höhe im Notfall aus einem Fenster springen, falls er plötzlich flüchten müsste.
    Sein Plan für diesen Morgen war einfach – er wollte das Zimmer mit Vorräten bestücken, um ein zusätzliches Notlager zur Verfügung zu haben. Die anderen könnten es mitverwenden. Nun, zumindest einige der anderen. Jedenfalls erschien es ihm nicht sinnvoll, alles, was sie erbeutet hatten, an einem Ort des Gebäudes zu lagern.
    Er stieg gerade zum siebenten Mal aus dem Bus, als er erwischt wurde.
    »Was, zur Hölle, machst du da?«, verlangte Webb zu erfahren und kam mit einer frühmorgendlichen Zigarette im Mund und einem Bier in der Hand um eine Ecke.
    Jas sprang vor Schreck zurück. Panik stand ihm ins Gesicht geschrieben, und Webb kicherte bei sich, während er die Bierdose schwenkte.
    »Nichts«, antwortete Jas rasch.
    »Ja, genau. Sieht auch nach nichts aus.«
    »Verpiss dich einfach, Webb«, zischte Jas. »Das geht dich nichts an.«
    »Und ob. Das ist mein Zeug, das du da trägst.«
    »Unser Zeug«, berichtigte ihn Jas.
    »Wie auch immer.

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