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Herbstbringer (German Edition)

Herbstbringer (German Edition)

Titel: Herbstbringer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Björn Springorum
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eine dunkle Stimme dicht an Emilys Ohr. Dann wurde sie von starken Armen fortgezogen.
    Später konnte sie nicht sagen, ob sie es sich eingebildet hatte oder nicht, doch die undurchdringliche Dunkelheit bewegte sich urplötzlich mit beunruhigender Geschwindigkeit auf sie zu, während die bis gerade eben noch betörende Musik in grobe, unschöne Töne voller Wut umschlug.
    Wieso ließ sie sich jetzt auch noch willenlos fortschleifen, ohne auch nur das Geringste über die Gestalt zu wissen, die sie mit festem Griff durch die Gänge zog? Aus irgendeinem Grund vertraute sie dem hochgewachsenen Fremden. Immer wieder blickte er über seine Schulter und enthüllte Emily für einen kurzen Moment sein Gesicht. Es waren diese kurzen Augenblicke, die ihr Vertrauen begründeten: Sie sah keine Wut, keine Boshaftigkeit in seinen Zügen. Nur Sorge … und etwas, das sie nicht auf Anhieb deuten konnte. Etwas wie Ehrfurcht.
    Nach endlosen Minuten und zahllosen Wegkreuzungen kamen ihnen endlich wieder Passanten entgegen. Langsam dämmerte ihr, wie weit sie sich tatsächlich in diese dunkle Welt vorgewagt hatte.
    Schwer atmend lehnte sich der Fremde an die Tunnelwand und schloss für einen Moment die Augen, was Emily die Gelegenheit gab, sich ihn genauer anzusehen. Strähnige Haare fielen über ein ernstes Gesicht. Er trug einen dunkelgrünen, abgewetzten Trenchcoat, ausgewaschene Jeans und schwarze Turnschuhe. Erstaunt stellte sie fest, dass er höchstens ein paar Jahre älter sein konnte als sie.
    »Danke«, sagte sie unsicher. Sie wusste ja nicht einmal, wofür sie sich bedankte.
    Da blickte der Fremde sie das erste Mal direkt an. Es war, als würden zwei Planeten kollidieren. Sie taumelte keuchend zurück. Emily wurde von kurz aufblitzenden Emotionen geflutet wie ein Stausee. Ein Gefühl von tiefer Trauer, durchmischt mit einer unendlichen Weite übermannte sie. Nur mit Mühe konnte sie den Blick abwenden.
    Es kam ihr vor, als hätte sie sich eine halbe Ewigkeit in den Augen des Fremden verloren. Als wären sie für einen Augenblick aus diesem Tunnel verschwunden.
    Was war nur geschehen?
    Ein Schwächeanfall vielleicht, verursacht durch den Schock der chaotischen Ereignisse? Zaghaft hob sie den Blick, suchte seine Augen. Unverändert blickte die groß gewachsene Gestalt auf sie herab. Nein, da war es wieder. Jedes Mal, wenn ihre Blicke sich kreuzten, zuckte sie zusammen, fühlte etwas, das mit einem elektrischen Schlag zu vergleichen war. Und etwas Altes, Weises.
    »Herbstbringer«, hauchte er ungläubig. Emily erstarrte. »Du bist nicht sicher hier«, fuhr er fort. Seine Stimme klang tief und selbstsicher, ließ ihn unweigerlich älter wirken.
    »Sicher wovor?«, fragte sie verwirrt.
    Er deutete mit dem Kopf in die Richtung, aus der sie gekommen waren. »Vor den Sirenen. Sie haben dich gespürt, Herbstbringer. Natürlich. So wie ich es getan habe – glücklicherweise.«
    Es dauerte ein paar Sekunden, bis Emily endlich begriff, wie er sie genannt hatte.
    Herbstbringer.
    Tausend Fragen schossen ihr durch den Kopf. Warum ausgerechnet »Wer bist du?« das Rennen machte, konnte sie sich nicht erklären.
    »Mein Name ist Elias.« Scheu senkte er den Kopf. »Dich zu retten ist eine große Ehre für mich. Aber das weißt du natürlich. Es ist nur merkwürdig, dich ausgerechnet hier zu finden.«
    Emily nahm seine Worte überhaupt nicht auf.
    Er hatte sie Herbstbringer genannt.
    Ihr Atem ging stoßweise. Mittlerweile lag ihr nur noch eine Frage auf der Zunge. »Was weißt du über mich?«
    »Alles«, raunte er ihr ins Ohr. »Wir können hier nicht reden. Du bist in großer Gefahr. Ich bin so froh, dass ich dich gefunden habe, Herbstbringer.«
    Wieder zuckte sie bei diesem Namen zusammen. Er schien viele der zurückliegenden Ereignisse in sich zu bergen. Dabei war sie sicher, ihn noch nie gehört zu haben. Dennoch fühlte es sich so an, als ob es ihr Name sei. »Aber …«
    »Komm heute Abend hierhin«, unterbrach er sie und drückte ihr einen gefalteten Zettel in die eiskalte Hand. »Es wird sehr voll werden, was bedeutet, dass wir sicher sind.« Er wandte sich zum Gehen. Dann drehte er sich abermals zu ihr um. »Halte dich von den U-Bahn-Schächten fern. Sie lauern überall.«
    »Was … und wieso …«, stotterte Emily nur. Doch Elias verschwand wortlos in der Menge.
    Es dauerte einen Augenblick, bis Emily klar wurde, wo sie sich befand. Langsam schob sich die Realität in ihr Blickfeld. Dann brandeten die Geräusche vorbeieilender

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