Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
Vom Netzwerk:
Evie.
    „Oh, er muss damit diskret umgehen“, sagte Daisy und seufzte. „Bei der kleinsten Andeutung eines Streits wird Lillian dickköpfig.“
    „Ich vermute, Mr. Hunt kann sehr entschieden werden. Er ist dafür bekannt, in Geschäftsangelegenheiten ein harter Verhandlungspartner zu sein.“
    „Du hast recht“, erwiderte Daisy und fühlte sich ein wenig besser. „Und er ist daran gewöhnt, mit Annabelle umzugehen, die selbst recht temperamentvoll ist.“ Während sie sprachen, bemerkte Daisy etwas, das ihr jedes Mal auffiel, wenn sie mit Evie allein war. Evie schien sich zu entspannen, und ihr Stottern verschwand vollkommen.
    Evie beugte sich vor, stützte mit einer anmutigen Bewegung den Ellenbogen auf den Tisch und legte das Kinn auf die Hand. „Was, glaubst du, geht da zwischen den beiden vor? Ich meine Lillian und Lord Westcliff.“
    Daisy lächelte und fühlte einen Anflug von Sorge um ihre Schwester. „Ich glaube, gestern hat meine Schwester die Erkenntnis erschreckt, dass sie Lord Westcliff attraktiv finden könnte. Und mit erschreckenden Erkenntnissen kann sie nicht gut umgehen – meistens läuft sie dann davon und tut etwas Unüberlegtes. Daher ihre Entschlossenheit, heute zu reiten und Leib und Leben zu riskieren.“
    „Aber warum erschreckt sie das?“ Evie schien verwirrt. „Man sollte meinen, es gefiele ihr, die Aufmerksamkeit von einem Mann wie dem Earl zu erregen.“
    „Nicht, wenn sie weiß, dass sie ständig miteinander auf Kriegsfuß ständen, sollte etwas daraus werden. Und Lillian hat kein Interesse daran, von einem so mächtigen Mann wie dem Lord eingeschränkt und erdrückt zu werden.“
    Daisy seufzte tief. „Ich wünsche ihr das ebenso wenig.“
    Widerstrebend nickte Evie. „Ich – ich vermute, es würde dem Earl schwerfallen, Lillians lebhaftes Wesen zu tolerieren.“
    „Ziemlich“, meinte Daisy mit einem Lächeln. „Evie, Liebes … Vermutlich ist es geschmacklos von mir, darauf hinzuweisen, aber in den letzten Minuten ist dein Stottern völlig verschwunden.“
    Hinter vorgehaltener Hand lächelte das rothaarige Mädchen Daisy schüchtern an. „Wenn ich von zu Hause fort bin, geht es mir immer besser – fern von meiner Eamilie. Und es hilft, wenn ich daran denke, langsam zu sprechen und mir zu überlegen, was ich sagen will. Aber wenn ich müde bin, wird es schlechter, oder wenn ich mit Fremden reden muss. Für mich gibt es nichts Schlimmeres, als auf einen Ball zu gehen und mich einem Raum voller Menschen gegenüberzusehen, die ich nicht kenne.“
    „Liebes“, sagte Daisy leise, „wenn du das nächste Mal einem Raum voller Fremder gegenüberstehst, musst du dir nur sagen, dass einige von ihnen Freunde sind, die du nur noch kennenlernen musst.“
    Der Morgen war kühl und neblig, als die Reiter sich vor den Stallungen versammelten. Es waren fünfzehn Männer und außer Lillian noch zwei weitere Frauen. Die Männer waren in dunkle Überröcke gekleidet, in Hosen zwischen Rehbraun und Senffarben und hohe Stiefel. Die Frauen trugen Kleider, die in der Taille eng waren, mit Bändern verziert und in weite, asymmetrische Röcke ausliefen, an der Seite hoch geknöpft. Dazwischen liefen Diener und Stalljungen umher, die die Pferde herausbrachten und den Reitern an einem der drei Blöcke beim Aufsteigen behilflich waren. Einige Gäste hatten ihre eigenen Pferde mitgebracht, während andere den berühmten Bestand der Marsden-Stallungen nutzten. Obwohl sie die Pferde schon bei einem früheren Besuch gesehen hatte, war Lillian erneut erstaunt von der Schönheit der gut gepflegten Vollblüter, die zu den wartenden Gästen geführt wurden.
    In Gesellschaft von Mr. Winstanley, einem braunhaarigen jungen Mann mit ansprechenden Zügen, aber einem zu weichen Kinn, und zwei anderen Gentlemen, Lord Hew und Lord Bazeley, die heiter plauderten, während sie auf ihre Pferde warteten, stand Lillian neben einem der Blöcke. Da das Gespräch sie nur wenig interessierte, ließ sie den Blick müßig umherschweifen, bis sie Westcliffs sehnige Gestalt über den Hof kommen sah. Sein Überrock war zwar gut geschnitten, doch abgenutzt vom vielen Tragen, und das Leder seiner langen Stiefel schien butterweich zu sein.
    Unerwünschte Erinnerungen ließen ihr Herz schneller schlagen. Ihr wurde heiß, als sie an seine leisen Worte dachte: Ich will dich überall küssen … Voller Unbehagen beobachtete sie, wie Westcliff zu einem Pferd ging, das schon hinausgeführt worden war. Ein Tier, das

Weitere Kostenlose Bücher