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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Lillian schon einmal gesehen hatte. Es trug den Namen Brutus und wurde in beinahe jedem Gespräch erwähnt, in dem es um Pferde ging. Kein Jagdpferd wurde gegenwärtig in England mehr bewundert als dieser herrliche dunkle Braune, der klug und gleichzeitig belastbar war. Sein kraftvoller Körperbau ermöglichte es ihm, mühelos auch unebenes Terrain zu überwinden und gleichzeitig ein souveräner Springer zu sein. Auf dem Boden bewegte sich Brutus so diszipliniert wie ein Soldat. In der Luft jedoch schienen ihm Flügel zu wachsen.
    „Sie sagen, mit Brutus braucht Westcliff kein zweites Pferd“, bemerkte einer der Gäste.
    Lillian sah den Sprecher neugierig an. „Was bedeutet das?“
    Der braunhaarige Mann lächelte ein wenig ungläubig, als wäre das etwas, das jeder wissen sollte. „An einem Jagdtag“, erläuterte er, „reitet man gewöhnlich das erste Pferd am Vormittag und nimmt am Nachmittag ein frisches. Aber es scheint, als hätte Brutus den Hunger und das Durchhaltevermögen von zwei Pferden.“
    „Wie sein Besitzer“, bemerkte einer der anderen, und alle lachten.
    Lillian sah, wie Westcliff in ein Gespräch mit Simon Hunt verwickelt war, der sehr gelassen etwas zu erklären schien. Auf dem Gesicht des Earls zeigte sich ein leichtes Stirnrunzeln. Brutus, der neben seinem Herrn wartete, wurde unruhig und stupste den Earl mit rauer Zuneigung an. Erst als Westcliff ihm die Nase rieb, wurde er ruhiger.
    Allerdings wurde Lillian rasch abgelenkt, denn einer der Stalljungen, der am Vortag auch an dem Spiel beteiligt gewesen war, kam mit einem schlanken Grauen zu ihr. Der Junge zwinkerte ihr verschwörerisch zu, als sie auf den Block stieg. Sie zwinkerte zurück, während der Junge überprüfte, ob der Gurt und der Sattel fest genug geschnallt waren. Sie musterte das Pferd und stellte fest, dass es sich um ein gut gebautes Tier handelte, das klug und lebhaft schien und dabei nicht zu hoch war. Das perfekte Pferd für eine Dame.
    „Wie heißt er?“, fragte sie. Beim Klang ihrer Stimme drehte das Pferd die Ohren zu ihr.
    „Starlight, Miss. Sie werden gut mit ihm zurechtkommen – gleich nach Brutus ist er das am besten erzogene Pferd im Stall.“
    Lillian tätschelte den seidigen Hals des Tieres. „Du siehst aus wie ein Gentleman, Starlight. Ich wünschte, ich könnte dich richtig reiten und nicht mit so einem dummen alten Damensattel.“
    Mit beruhigendem Gleichmut wandte der Graue ihr den Kopf zu.
    „Der Earl sagte mir, dass man Ihnen Starlight geben soll, wenn Sie reiten möchten“, sagte der Stalljunge. Allem Anschein nach beeindruckte es ihn, dass Westcliff sich persönlich darum gekümmert hatte, ein Pferd für sie auszuwählen.
    „Wie aufmerksam“, meinte Lillian, schob ihren Fuß in den Steigbügel und saß mühelos auf. Sie versuchte, möglichst bequem zu sitzen, sodass der größte Teil ihres Gewichts auf der rechten Seite lastete. Das rechte Bein hatte sie um einen Sattelknopf gehakt, sodass die Zehen nach unten zeigten. Der linke Fuß ruhte ganz normal im Steigbügel. Im Augenblick war es nicht unbequem, obwohl Lillian aus Erfahrung wusste, dass von der ungewohnten Haltung recht bald ihre Beine schmerzen würden. Doch als sie die Zügel nahm und sich noch einmal vorbeugte, um Starlight zu streicheln, stieg Vorfreude in ihr auf. Sie liebte es zu reiten, und dieses Pferd war denen in den Stallungen ihrer eigenen Familie weit überlegen.
    „Ah – Miss …“, sagte der Stalljunge leise und deutete auf ihre Röcke, die noch immer aufgeknöpft waren. Jetzt, da Lillian auf dem Pferd saß, war ein gutes Stück ihres Beins zu sehen.
    „Danke“, sagte sie, löste den großen Knopf an ihrer Hüfte und ließ die Röcke über ihr Bein gleiten. Zufrieden, dass alles seine Ordnung hatte, ließ sie das Pferd behutsam angehen, und Starlight gehorchte sofort auf die leiseste ihrer Berührungen.
    Lillian gesellte sich zu einer Gruppe von Reitern, die sich auf den Wald zubewegten, und musste bei dem Gedanken an den Hindernisparcours erwartungsvoll lächeln. Alles zusammen waren es zwölf Sprünge, so hatte sie es gehört, sämtlich auf einem Reitweg angelegt, der durch Wald und Feld führte. Sie war sicher, dass sie mit dieser Herausforderung fertig werden würde. Selbst im Damensattel saß sie tadellos, der Schenkel ruhte fest auf dem Sattelknopf, und der Graue war ein wunderbar ausgebildetes Pferd: lebhaft, aber auch gehorsam, als er mühelos vom Trab in einen leichten Galopp überging.
    Während

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