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Herbstfeuer

Herbstfeuer

Titel: Herbstfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Lillian sich dem Anfang des Parcours näherte, sah sie das erste Hindernis, das etwa zwei Fuß hoch und sechs Fuß lang sein musste. „Das bereitet uns doch keine Probleme, nicht wahr, Starlight?“, flüsterte sie dem Pferd zu. Sie verlangsamte zum Schritt und gesellte sich der Gruppe von wartenden Reitern zu. Ehe sie sie erreichte, bemerkte sie einen Reiter neben sich. Es war Westcliff auf seinem dunklen Braunen, der mit solcher Eleganz und Leichtigkeit ritt, dass sich die kleinen Härchen an ihren Armen und in ihrem Nacken aufrichteten, wie sie es immer taten, wenn sie etwas Perfektes sah. Sie musste zugeben, dass der Earl auf einem Pferd einen hinreißenden Anblick bot.
    Anders als die anderen anwesenden Herren trug Westcliff keine Reithandschuhe. Lillian dachte daran, wie sich seine rauen Finger auf ihrer Haut angefühlt hatten, schluckte und vermied es, die Zügel in seinen Händen anzusehen. Ein vorsichtiger Blick in sein Gesicht verriet ihr, dass er mit irgendetwas unzufrieden war – er hatte die Brauen zusammengezogen und presste die Lippen fest aufeinander.
    Lillian brachte ein sorgloses Lächeln zustande. „Guten Morgen, Mylord.“
    „Guten Morgen“, erwiderte er ruhig. Er schien seine Worte sorgfältig abzuwägen, ehe er weitersprach. „Sind Sie mit Ihrem Pferd zufrieden?“
    „Ja, es ist herrlich. Mir scheint, ich muss mich bei Ihnen dafür bedanken, dass Sie ihn für mich ausgesucht haben.“
    Westcliff verzog ein wenig das Gesicht, als wäre das eine unwichtige Belanglosigkeit. „Miss Bowman – mir ist aufgefallen, dass Sie das Reiten im Damensattel nicht gewohnt sind.“
    Ihr Lächeln verschwand. Sie dachte daran, dass Westcliff eben mit Simon Hunt gesprochen hatte, und begriff sofort, wer sich hier gerade in ihre Angelegenheiten einmischte. Verdammt soll Annabelle sein, dachte sie. „Ich komme zurecht“, sagte sie knapp. „Denken Sie sich nichts dabei.“
    „Ich fürchte, ich kann nicht zulassen, dass einer meiner Gäste sich in Gefahr begibt.“
    Lillian sah, wie ihre behandschuhte Hand sich um die Zügel ballte. „Westcliff, ich reite ebenso gut wie jeder andere hier. Und was immer man Ihnen auch gesagt haben mag – ich bin nicht ganz unerfahren mit dem Damensattel. Wenn Sie mich also einfach in Ruhe lassen …“
    „Hätte man mir das früher gesagt, so hätte ich Sie vielleicht über den Parcours führen und Ihr Können abschätzen können. Jetzt ist es zu spät.“
    Sie bedachte seine Worte, seinen entschiedenen Tonfall, sein autoritäres Wesen. „Heißt das, ich darf heute nicht reiten?“
    Westcliff hielt ihrem Blick stand. „Nicht auf dem Hindernisparcours. Gern dürfen Sie überall sonst auf dem Anwesen reiten. Wenn Sie es wünschen, sehe ich mir Ihre Fähigkeiten im Lauf der Woche an, und vielleicht ergibt sich eine zweite Gelegenheit. Heute kann ich es jedenfalls nicht zulassen.“
    Da sie es nicht gewohnt war, sich von jemandem sagen zu lassen, was sie zu tun oder nicht zu tun hatte, unterdrückte Lillian nur mühsam eine Flut von Beschimpfungen. „Ich weiß Ihre Sorge um mein Wohlergehen durchaus zu schätzen, Mylord. Aber ich schlage einen Kompromiss vor. Beobachten Sie meine ersten zwei oder drei Sprünge, und wenn ich nicht gut damit zurechtkomme, werde ich Ihren Ratschlag beherzigen.“
    „Was Sicherheit angeht, so gibt es bei mir keine Kompromisse“, sagte Westcliff. „Sie werden meine Entscheidung akzeptieren, Miss Bowman.“
    Er verhielt sich nicht fair. Nur, um seine Macht über sie kundzutun, verbot er ihr etwas. Es fiel ihr schwer, ihren Zorn zu beherrschen. Zu ihrem Ärger gelang es ihr nicht.
    „Ich schaffe die Sprünge“, erklärte sie wütend. „Ich werde es Ihnen beweisen.“

8. KAPITEL
    Ehe Westcliff reagieren konnte, presste Lillian ihre Fersen in Starlights Flanken und beugte sich über den Sattel, um durch die Verlagerung ihres Gewichts das Vorwärtspreschen zu unterstützen. Das Pferd reagierte sofort und fiel in Galopp. Lillian versuchte, sich mit den Schenkeln an dem Damensattel festzuhalten, fühlte aber, wie ihre Kraft nachließ und ihr Körper sich verkrampfte, was, wie sie später erfuhr, von einer zu angespannten Haltung herrührte.
    Vorsichtig setzte sie sich etwas gerader hin, in ebenjenem Moment, da Starlight zum Sprung ansetzte. Sie fühlte, wie er die Vorderbeine anhob und sich mit den hinteren kraftvoll vom Boden abstieß, sodass sie einen kurzen Moment lang den Eindruck gewann zu fliegen. Bei der Landung allerdings musste

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