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Herbstfraß

Herbstfraß

Titel: Herbstfraß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Busch
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Vier-Gänge-Menü. Du wirst mir bestimmt ein belegtes Brot machen können. Oder willst du das Handy orten?“
    Bo muss sich für das Brot entschieden haben, da er die Wendeltreppe zu unserer Wohnung hinaufsteigt.
    „Und eine Irische Milch“, rufe ich ihm hinterher. Der verdammte Hals wird einfach nicht besser.
    Die Handyortung läuft an und ich bemühe mich, Noltes Wege in den letzten sieben Tagen nachzuvollziehen, um herauszufinden, ob es einen Ort gibt, den er regelmäßig ansteuert und an dem man einen Menschen verstecken kann. Als Architekt scheint man dauernd unterwegs zu sein, was meine Suche mithilfe der GPS-Aufzeichnungen ziemlich erschwert. Einige Orte hat er tatsächlich öfters aufgesucht, zum Beispiel das Rathaus und drei verschiedene Neubaugebiete. Das ist logisch, weil er im Bauamt vorsprechen wird und natürlich seine Projekte vor Ort überwachen muss. Beides sind allerdings keine geeigneten Plätze, an denen man ein Entführungsopfer versteckt. Es sei denn, eine Baustelle liegt still und er hat Ingo in dem Bauwagen der Arbeiter eingeschlossen. Nach kurzem Überlegen schüttle ich den Kopf. Mir persönlich wäre in einem Bauwagen das Risiko einer zufälligen Entdeckung zu groß.
    „Hast du schon was?“ Bo stellt einen Teller mit zwei dicken Mettwurstbroten und Orangenschnitzen sowie einem Pott dampfender Milch neben mir ab.
    „Du hast für mich Orangen geschält?“ Ich bin schier überwältigt.
    „Vitamin C ist gut bei einer Erkältung“, erklärt Bo.
    „Ist klar, allerdings weiß ich genau, dass du Orangen schälen hasst.“ Ich hauche ihm ein Küsschen zu, obwohl mir seine Lippen direkt an meinen viel lieber gewesen wären.
    „Ach, Dot.“ Bo beugt sich zu mir herab und schenkt mir einen tiefen Kuss. Hat er etwa meine Gedanken gelesen? Was für ein wunderbarer Mann … Einen Moment später keuche ich:
    „Ich stecke dich an.“
    „Blödsinn. In meinem ganzen Leben hatte ich keine einzige Erkältung.“
    Trotzdem sehe ich ihm an, dass er sich freut, weil mir sein kleiner Liebesbeweis in Form von Vitaminen aufgefallen ist.
    „Nun sag endlich. Hast du was gefunden?“, fragt Bo erneut. Und ob ich das habe.
    „Nolte war nie in Kiel. Nach dem Abstempeln der Fahrkarte ist er vorzeitig aus dem Zug ausgestiegen. Das Wochenende hat er in einem Hotel in Altenwerder verbracht.“
    „Ha! Und warum ist dir das nicht eher aufgefallen? Du hast ihn doch neulich schon gecheckt.“
    Frechheit! Bin ich denn Hellseher? „Weil meine Kristallkugel leider in der Werkstatt war. Er wird das Hotel bar bezahlt haben, Bo. Seine Kreditkarte ist nicht benutzt worden, sonst hätte ich das früher herausgefunden.“
    „Und Ingo?“
    „Den suche ich noch.“
    Bo hockt sich auf meine Schreibtischkante und sieht mir zu, wie ich das Programm für die Handyortung durchlaufen lasse. In regelmäßigen Abständen füttert er mich mit der Stulle und den Orangen. Als ich an meinem Milchpott nippe, schmecke ich, dass in meiner Irischen Milch kein Whiskey ist. Das degradiert meine Hustenmedizin zu einem schnöden Schlummertrunk für kleine Kinder. Empört schaue ich zu meinem Tweety auf.
    „Keinen Alkohol auf die Tabletten“, sagt er und schiebt mir gegen einen möglichen Protest einen Orangenschnitz in den Mund. Schnell schlucke ich die Vitamine hinunter, denn plötzlich stelle ich fest, dass Nolte regelmäßig in ein Waldgebiet fährt. Selbst von Altenwerder aus ist er in diesen Waldabschnitt gefahren. Zunächst habe ich es gar nicht bemerkt. Aber er steuert eine ganz bestimmte Straße an und dann scheint sich sein Handy für ein bis zwei Stunden nicht von der Stelle zu bewegen.
    „Sag mal, geht der Nolte joggen?“, frage ich Bo und unterdrücke mit einem neuerlichen Schluck Milch einen Hustenanfall.
    „Kannst du dir diesen Typ in Turnschuhen vorstellen?“, fragt Bo zurück.
    „Nicht wirklich. Obwohl er eine sportliche Figur macht. Wenn er nicht joggt, erkläre mir, was er ständig in der Haake treibt. Gibt es dort ein Lokal, in dem man als Jogger oder Spaziergänger eine Rast einlegen könnte?“
    Bo studiert skeptisch die Karte, die mir das Ortungsprogramm präsentiert. Langsam schüttelt er den Kopf.
    „Ich kenne mich in der Gegend nicht allzu gut aus. Kannst du nicht herausfinden, ob es da ein Café oder ähnliches gibt?“
    Ich google längst. Bo isst ein Stück Orange, anstatt sie mir in den Mund zu schieben. Das zeigt mir, wie gespannt mein Tweety ist.
    „Kein Café.“
    „Also verbirgt er dort Ingo.“ Bo

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