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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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schlecht. Eine Fortführung der Vernehmung ist
nicht mehr zu verantworten.«
    »Eine letzte Frage noch«, sagte Weider.
    »Nein, ich hätte schon viel früher abbrechen müssen. Das Sprechen
hat Dr. Sorge überanstrengt.«
    »Haben Sie Schremmer Sonntagnacht einen Schließfachschlüssel aus der
Brieftasche klauen lassen?«, versuchte es Weider trotzdem noch. »Ja oder nein?«
    »Nein, ich weiß nichts von –« Damit war die Aufnahme zu Ende.
    »Der Arzt hat den Rekorder abgeschaltet und uns hinausgeworfen«,
erklärte Weider. »Ich hoffe, Sorges Aussage bringt uns trotzdem weiter.«
    »Ich denke schon, Hans. Vielen Dank, ich melde mich wieder.«
    ***
    Jacobi hatte selbst während der Zuspielung das Tempo nicht
gedrosselt. Zwischen Bischofshofen und Taxenbach musste er auf den Offroader
Zeit gutgemacht haben, falls dieser tatsächlich in Richtung Seidlwinkltal
unterwegs war.
    Die matschigen Landstraßen waren die Domäne des Quattro. Jacobi
stellte ihn vor jeder Kurve an und jagte ihn mit Vollgas hindurch. Zum Glück
gab es kaum Gegenverkehr. Ohne Zwang setzte sich bei diesem Wetter niemand in
ein Auto. Der Regen war inzwischen zu einer undurchsichtigen Wand rasch
fallender Flocken geworden, und die Straße begann sich weiß einzufärben.
    Als Jacobi in Wörth Richtung Seidlwinkltal abbog, lagen bereits zehn
Zentimeter Neuschnee. Doch der Niederschlag war griffig, und Jacobi kam auch
noch über die Klausen hinauf gut voran. Erst nach der Gollehenalm begann der
Kampf. Die steil ansteigende Forststraße hatte es in sich.
    Der Hauptmann nahm die erste Steigung in Rallyemanier. Die
Sperrdifferenziale taten ihre Schuldigkeit. Nur nicht hängen bleiben! Kehre um
Kehre wühlte er sich höher, und je näher das Hochplateau rückte, umso häufiger
wurden die Augenblicke, in denen er sich unwiderruflich festsitzen sah. Doch
irgendwie bekamen die Reifen immer wieder das bisschen Grip, das den Quattro
voranbrachte.
    Aber der Geschwindigkeitsverlust in den Kehren war nicht das einzige
Problem, der Schnee vor der Kühlerhaube wurde höher und höher.
    Dennoch erreichte er das Plateau. Im Jagdhaus und auf der Veranda
brannte Licht. Ringsum lag jungfräulicher Schnee. Kein Geländewagen, keine
Reifenspuren vor der Garage, dabei hätte er schwören können, auf der Anfahrt
verwehte Spurrillen gesehen zu haben.
    Eine Zentnerlast fiel von Jacobi ab. Es verlangte kein fahrerisches
Können mehr, rücklings in eine relativ schneefreie Mulde zwischen zwei Fichten
einzuparken.
    Es war neunzehn Uhr vorbei, der Rückruf an Melanie und Weider
überfällig, aber der eilte nun nicht mehr. Er stieg aus und stapfte zum
Jagdhaus hinüber.
    Als das Außenlicht anging, stand wieder eine umwerfend schöne Jutta
Dietrich in der Tür. Sie trug denselben Schlafrock wie bei ihrem ersten Zusammentreffen,
hatte sich aber zusätzlich eine dicke Wolljacke um die Schultern gehängt.
    »Sag, bist du total bescheuert, bei diesem Wetter hier
heraufzufahren?«
    Die Begrüßung war dem Temperatursturz angemessen. Immerhin duzte sie
ihn noch.
    »Na, komm erst mal rein!« Sie trat zur Seite, um ihn ins Haus zu
lassen.
    Davon, dass sie sich über die Zerschlagung der Sökos wahnsinnig
freute, wie Weider es ausgedrückt hatte, war im Moment nicht viel zu merken.
Aber sie lebte noch, das war das Wichtigste.
    Im offenen Kamin der Jagdstube glommen einige Scheite. Sie legte
eines nach, während er sich nicht auf die Eckbank, sondern auf einen Stuhl
setzte. So konnte er die Zufahrt besser im Auge behalten.
    »Hat Schremmer sich gestern oder heute bei dir gemeldet?«, fragte
er.
    »Nein, schon seit Tagen nicht mehr. Jetzt sag endlich, warum du
ausgerechnet heute hier aufkreuzt. Du scheinst wirklich ein Faible für
ausgefallene Besuchszeiten zu haben. Entweder kommst du zu nachtschlafender
Zeit oder beim miesesten Wetter. Ein Wunder, dass du es überhaupt bis hier
herauf geschafft hast.« Sie ging zur Bar, um ihm einen Drink einzuschenken.
    »Ich komme aus demselben Grund wie schon beim ersten Mal: um dein
Leben zu retten.«
    Sie lächelte irritiert. »Um mich vor den Sökos zu retten? Aber die
haben doch jetzt sicher andere Sorgen, als eine unwichtige Informantin in den
Bergen abzumurksen.«
    Jacobi winkte ab. »Ich weiß, dass du die Sökos nicht fürchtest – und
nie gefürchtet hast. Warum auch? Sie kannten dich ja gar nicht.«
    Sie brachte ihm den Drink an den Tisch. »Was soll das heißen?
Natürlich kannten mich die Sökos. Glaubst du etwa, ich hab den blonden

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