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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Schreibtisch.
    Schremmer schnaufte. »Mann, haben Sie’s eilig! Aber gut: Er wohnt in
Lehen, Gaswerkgasse 19 a. Ihre Eile könnte ich auch als Mangel an
Vertrauen auslegen.«
    Jacobi hob beschwichtigend die Hände. »Kein Mangel an Vertrauen, nur
dringend gebotene Vorsichtsmaßnahme. Sollte Behrens oder Ihnen etwas passieren,
muss ich mir doch wenigstens Grabowsky sichern.«
    »Wie tröstlich für Franz und mich. Aber leider ist Grabowsky
mindestens genauso gefährdet wie wir beide.«
    Jacobi schüttelte den Kopf. »Eigentlich dürfte er für seine Kumpane
keine Bedrohung darstellen. An uns Kiberer kann er sich nicht wenden. Es sei
denn, er will den kümmerlichen Rest seines Lebens im Gefängnisspital
verbringen. Nichts kettet stärker aneinander als gemeinsam begangene
Verbrechen, und ein Grabowsky, der sich mit dem Tod vor Augen in seiner
Gewissensnot an einen Priester wendet, ist für solche Barbaren erst recht zu
abstrakt.«
    »Unterschätzen Sie die Sökos nicht, Jacobi! Sie würden den alten
bourgeoisen Fehler machen, Barbarei mit Dummheit gleichzusetzen. Man hat
Grabowsky vor wenigen Tagen in häusliche Pflege entlassen, und dreimal dürfen
Sie raten, wer diese Pflege übernimmt. Er wird von Sökos überwacht, da geh ich
jede Wette ein.«
    Jacobi fluchte gotteslästerlich. »Und warum sagen Sie das erst
jetzt?« Er sprang auf, stürzte zum Telefon und wählte eine Nummer. »Hans? – Ja,
ich bin’s. Hör zu: Bruno Grabowsky, an HIV -1
erkrankt, wohnhaft in Lehen, Gaswerkgasse 19 a, ist sofort in Schutzhaft
zu nehmen. Sofort! Aber passt auf! Er könnte von jugendlichen Mördern überwacht
werden. Kriegen sie euch spitz, töten sie ihn. Ich brauche diesen Zeugen, hörst
du? Und benachrichtige das MEK ! Lenz soll das
übernehmen.« Er legte auf.
    »Und wie wird das jetzt ablaufen?«, fragte Schremmer. »Werden Sie
auch mich überwachen lassen?«
    Drauf kannst du deinen Arsch verwetten, dachte Jacobi, sagte aber:
»Nur wenn Sie’s ausdrücklich wünschen. Wie schätzen Sie denn Ihr persönliches
Risiko ein? Wissen oder ahnen die Sökos etwas von Ihren Recherchen?«
    »Will’s nicht hoffen, aber auszuschließen ist es nicht. Wer sich mit
Profis einlässt, sollte immer auf alles gefasst sein.«
    Jacobis Stirn legte sich erneut in sehenswerte Kummerfalten. »Wem
sagen Sie das?« Aber er bereute die ironische Zweideutigkeit schon, während sie
ihm noch entschlüpfte. Nicht nur die Sökos, auch den Amateur Schremmer durfte
man nicht unterschätzen.
    »Wie steht’s nun mit dem Einblick in Ihre Recherchen?«, versuchte er
es im dritten Anlauf, und Schremmer zierte sich nicht länger. Er ging zum
Schreibtisch und entnahm der obersten Lade einen umfangreichen Schnellhefter
und eine Diskette.
    »Hab ich erst vorhin ausgedruckt. Ist also auf dem neuesten Stand.
Die Originaldiskette liegt in einem Bankschließfach.«
    Jacobi hatte sich vom Fauteuil erhoben. »Vielen Dank.« Er nahm Mappe
und Diskette entgegen, als handle es sich um sakrale Gegenstände. Doch kaum
hielt er sie in Händen, setzte er sich auch schon wieder und fragte: »Wie haben
Sie die entscheidenden Infos eigentlich erhalten? Von Grabowsky persönlich oder
auf dem Umweg über Pater Behrens?«
    Man konnte es Schremmer ansehen, dass er geglaubt hatte, Jacobis
Besuch fände mit der Übergabe des Dossiers das erhoffte Ende. Seufzend nahm
auch er wieder Platz.
    »Ich habe nur mit Behrens gesprochen.«
    »Telefoniert?«
    »Nein, face to face .«
    »Wann und wo?« Jacobi sah angelegentlich zum Fenster hinaus, spürte aber,
dass Schremmers Widerstand gegen seine Art, zu fragen, wuchs.
    »Vor drei Wochen im Heiligenkreuz-Spital. Das sagte ich Ihnen
bereits.«
    »Nein, Sie sagten nur, Grabowsky habe sich Pater Behrens anvertraut.
Nicht, wann und wie Sie an die Infos gekommen sind.«
    »Es war einen Tag nach dem Gespräch zwischen Grabowsky und Behrens.
Am letzten Dienstag vor vierzehn Tagen.«
    »Schon irgendwie seltsam, nicht? Grabowsky wendet sich ausgerechnet
an den Klinikleiter von Gladius Dei, um sein Gewissen zu erleichtern? Hätte er
nicht auch einen gewöhnlichen Ordensbruder aufsuchen können?«
    »Nein. Abgesehen von einem sehr betagten pensionierten Pfarrer ist
Behrens der einzige Priester im Krankenhaus. Gladius Dei ist übrigens eine
Kongregation, kein Orden, also ist Behrens auch kein Ordensbruder. Und drittens
finde ich es ganz und gar nicht seltsam, dass Grabowsky sich an Behrens gewandt
hat. Als er eingeliefert wurde, pfiff er gesundheitlich

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