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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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zerfleischen, muss
man so abgeklärt sein wie die Alten, die keine Besitzansprüche mehr stellen.
Jutta liebt ihre Freiheit mehr als alles andere.«
    »Eine nicht uninteressante Dame, Ihre Freundin«, meinte Jacobi.
    »Interessant – ja, Dame – nein! Eher eine Femme fatale.« Sandra
unterdrückte ein Schluchzen. »Deshalb ruft man sie ja auch ›Marlene‹ – nicht
nur in Anspielung auf ihren Nachnamen.«
    Jacobi wurde der Mund trocken. – Marlene! – Der unbekannte Anrufer vom Grünmarkt hatte den Namen erwähnt. Schremmer hatte
darauf geantwortet: ›Das hat aber nicht geklappt.‹ Er kannte Jutta Dietrich
also. Und er hatte gelacht, als der gute Ruf des Heiligenkreuz-Spitals zur
Sprache gekommen war. Vielleicht hatte er über den Versuch der Sökos gelacht,
in einem Krankenhaus Fuß zu fassen, an dem ohnehin bereits kräftig abgezockt
wurde – freilich auf subtilere Art und Weise als die Seniorenkiller.
    »Sagt Ihnen der Name Kurt Schremmer etwas, Frau Hasenkopf? Der Mann
ist Journalist.«
    »Hm, gehört hab ich schon von ihm, aber persönlich bekannt ist er
mir nicht.«
    »Schade. Aber Sie erinnern sich bestimmt an Bruno Grabowsky, nicht
wahr? Er hat Aids. War bis vor drei Wochen Patient auf Ihrer Allgemeinen.«
    »Ja, er lag auf der Hämatologischen. Ein schwieriger Patient. Litt
unter extremen Stimmungsschwankungen, war mal verzweifelt, mal zynisch
kaltschnäuzig und drehte auch schon mal durch. Da fällt mir ein: Jutta konnte
ihn nach solchen Schüben als Einzige beruhigen. Wir hatten damals gemeinsam
Dienst auf der Hämatologischen.«
    »Und Sie sagen, Jutta ist vor drei Wochen verschwunden? Also zu der
Zeit, als Grabowsky in häusliche Pflege entlassen wurde«, dachte Jacobi laut.
»Sie hat keine Adresse hinterlassen?«
    »Da müssen Sie Behrens fragen. Ich weiß jedenfalls nicht, wo sie
ist.«
    »Sie deuteten vorhin an, Juttas Fernbleiben von der Arbeit hätte mit
dem Herzinfarkt eines Gönners zu tun«, erinnerte Kotek. »Wie hieß der Mann?«
    »Kummetinger. Bodo Kummetinger. Aufsichtsratsvorsitzender der
Kummetinger & Bräumoser- AG . Kummetinger-Pils
sagt Ihnen vielleicht was?«
    »Natürlich. Ist denn Kummetinger an diesem Infarkt gestorben?«
    »Ja. Man erzählt sich an der Klinik, er sei gestorben, während Jutta
ihn – äh –, sagen wir es mal so, rittlings betreut hat. Aber das ist noch nicht
alles: In seinem Testament hat er das Legat für Jutta von einem Notar und zwei
Anwälten unanfechtbar absichern lassen. Aber die eigentlichen Erben sind selbst
reich, das Haus und die paar Aktien werden sie wohl verschmerzen können.«
    »Reiche Leute sind nicht automatisch großzügig. Auch unter ihnen
gibt es solche und solche. Hier die großen Mäzene, dort Millionäre und
Minister, die um Schillingbeträge feilschen. Der Bierbrauer wird schon Gründe
für seine Vorsichtsmaßnahme gehabt haben.«
    Kotek wechselte mit Jacobi einen Blick über den Rückspiegel. »Frau
Hasenkopf, wir sind Ihnen zu Dank verpflichtet. Ich glaube, Sie haben uns sehr
geholfen.«
    Dem Charme der attraktiven Kriminalbeamtin konnte sich Sandra
Hasenkopf nicht entziehen. Es drängte sie förmlich, noch eine Information
loszuwerden. »Jutta besitzt seit kurzer Zeit auch eines von diesen modernen
Mobilfunktelefonen, ich hab mich bisher aber nicht getraut, sie auf dieser
Nummer anzurufen.«
    »Ich verstehe nicht ganz«, sagte Kotek etwas konsterniert. »Erst
sagten Sie, Sie könnten sie nicht erreichen, und dann –«
    »Von Jutta habe ich die Nummer ja auch nicht bekommen. Selbst auf
meine diesbezügliche Bitte hin hat sie sie nicht verraten. Aber da es eine sehr
lange Nummer ist, hat sie sie aufgeschrieben. Muss ich weiterreden?«
    »Sie haben sie sich ohne ihr Wissen besorgt, nicht wahr?«
    Sandra Hasenkopf nickte verschämt. »Ich glaub, ich hab sie sogar
dabei.« Die Pflegerin kramte in ihrer Umhängetasche. »Hier ist sie.« Sie
reichte einen Bierblockzettel nach hinten.
    Kotek steckte ihn ein. »Ihre Hilfe ist wirklich unbezahlbar. Geben
Sie uns bitte auch Ihre Nummer. Wahrscheinlich werden wir Ihre Unterstützung
ein weiteres Mal benötigen. Wann sind Sie zu Hause erreichbar?«
    »In einer Stunde. Heute hab ich keinen Dienst mehr. Ich soll Jutta
für Sie anrufen, stimmt’s?«
    Jacobi nickte. »Ich schicke Ihnen einen netten jungen Mann vorbei,
der Ihnen sagen wird, was Sie zu tun haben. Bitte versuchen Sie nicht, Jutta
vor seinem Eintreffen zu erreichen. Das würde unsre einzige Chance, ihr zu
helfen,

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