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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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ein ansehnliches Stück
seines Reichtums abzuluchsen und ihn anschließend unauffällig entschlafen zu
lassen.«
    »Ich sollte Sie auf der Stelle hinauswerfen, Jacobi. Sehen Sie denn
nicht die Widersprüche in Ihrer Argumentation? Wären unsre Mädchen die Sirenen,
als die Sie sie hinstellen, dann wären sie doch dumm, ein derartiges Risiko
einzugehen – für etwas, das ihnen, wenn auch etwas später, ohnehin zufiele. Die
Sökos-Schablone passt nicht auf unser Haus, und wenn hundertmal ein
Sökos-Mitglied hier Patient war. Nehmen Sie das zur Kenntnis. Weiß Gott, wie
Grabowsky ausgerechnet an uns geraten ist.«
    »Da haben Sie recht: Gott weiß es, Grabowsky weiß es, und mindestens
ein Dritter weiß es auch.«
    »Sie meinen hoffentlich nicht mich?«
    Jacobi lächelte. »Nein. Obwohl auch Sie mir nicht alles verraten
haben, was Sie wissen.«
    »Sie gehen wirklich zu weit, Jacobi. Entschieden zu weit! Vorhin
bezeichnen Sie mein Krankenhaus als Abstauberklinik, wenn nicht gar als
Tummelplatz von Erbschleichern, und jetzt verdächtigen Sie mich auch noch der
Komplizenschaft mit Mördern?«
    »Davon war nicht die Rede. Sie übertreiben maßlos – und das
bewusst.«
    Behrens betätigte eine Taste der Sprechanlage. »Felicitas, wir
brauchen keinen Kaffee mehr. Der Herr Hauptmann und seine Begleitung möchten
gehen. Bringe sie bitte zu ihrem Wagen!«
    Kotek hob abwehrend die Hand. »Nicht nötig, Pater. Wir finden den
Weg – auch ohne Ihre Hilfe!«
    ***
    Im Lift machte sie ihrem Unmut Luft. »Nicht eben rasend
ergiebig, diese Vernehmung, oder bist du andrer Meinung? Wir hätten sein
Telefonat mit Schremmer zur Sprache bringen sollen, vielleicht wäre er uns dann
weniger pampig gekommen.«
    Jacobi schüttelte den Kopf. »Nein. Behrens ist zwar kein so harter
Brocken wie Schremmer, macht aber auch nicht den Eindruck, als ließe er sich
mit jedem mageren Blatt bluffen. Im Gegenteil: Er kann uns große
Schwierigkeiten machen. Fundamentalchristliche Gruppierungen wie Gladius Dei
sind nicht zu unterschätzen. Ihr Einfluss in Europa wächst von Tag zu Tag.
Still, unauffällig – aber eben auch unaufhaltsam.«
    »Irgendwo hab ich gelesen, dass Gladius Dei zu den Trendsettern der
Zweiten Cluniazensischen Reform zählt.«
    »Das stimmt. Bewegungen wie diese beginnen in konservativen
Gesellschaftskreisen spürbar zu greifen. Kandutsch und Waschhüttl sind jetzt
schon Getriebene. Fühlen sich eingeklemmt zwischen Skylla und Charybdis. Auf
der einen Seite sollen sie ihre Aufgabe erfüllen, die Gesellschaft zu schützen,
auf der andern Seite drohen ihnen Watschen von oben, wenn sie durch unsensibles
Vorpreschen eine Panik auslösen. Eine Intervention von Gladius Dei könnte ihren
Gewissenskonflikt bereits im Vorfeld bereinigen, und wir wären draußen.«
    ***
    Als sie den Quattro erreichten, hörten sie hinter sich eine
Wagentür zuschlagen. Schritte näherten sich. Kotek griff verstohlen unter die
offene Lederjacke, Jacobi wandte sich um.
    Eine junge Frau im Trenchcoat war aus einem blauen Polo gestiegen
und kam auf sie zu. Es war die Pflegerin, die ihnen zuvor den Weg zu Behrens’
Büro gezeigt hatte. Sie blieb vor ihnen stehen und stemmte die Fäuste in die
Hüften.
    »Na? Hat er Ihnen gesagt, wo sie ist?«, fragte sie patzig.
    »Wo wer ist? Wen meinen Sie?«, fragte
Jacobi betont desinteressiert. Seine Handflächen hatten zu kribbeln begonnen.
Mit dem Instinkt des Terriers spürte er, dass jetzt etwas passieren würde.
    »Wollen Sie mich pflanzen, oder was? Jutta Dietrich meine ich
natürlich. Seit drei Wochen ist sie wie vom Erdboden verschwunden. Behrens
glaubt wahrscheinlich, dass das Gerede um den Infarkt des Bierbrauers schneller
verstummen wird, wenn er sie von der Klinik fernhält. Oder waren Sie gar nicht
Juttas wegen hier?«
    »Doch, natürlich sind wir ihretwegen hier. Aber Behrens war nicht
eben gesprächig. Hält sich bedeckt, der Streiter Gottes. Dementsprechend zäh
ist auch die Vernehmung verlaufen. Nun, ich denke, vielleicht könnten Sie uns
da ja weiterhelfen, Frau – äh …?«
    »Hasenkopf. Sandra Hasenkopf. Ich bin Diplompflegerin auf der
Internen. Und von mir erfahren Sie sicher mehr, als Behrens Ihnen gesagt hat.«
    Jacobi schloss den Wagen auf. Kotek öffnete die Beifahrertür und
lächelte die junge Frau an.
    »Setzen Sie sich! Hier drinnen redet sich’s besser.«
    Sandra Hasenkopf erwiderte das Lächeln. Die junge Polizistin war ihr
auf Anhieb sympathisch. Kotek setzte sich auf den Rücksitz und

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