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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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wenn jemand anderer als Schremmer am
Telefon ist. Freundin hin oder her!«
    »Unke!«
    »Keine Unke, nur Realist! Bei einer zeitlich limitierten Funkpeilung
mit Richt- und Hilfsantenne können wir vermutlich nur eine beiläufige
Ortsbestimmung erreichen.«
    Die eigene griesgrämige Miene konterkarierend sagte Jacobi: »Ich
baue auf Melanie. Vielleicht findet sie ja etwas in Schremmers Wohnung, das uns
weiterhilft.«
    Ein Telefon klingelte. Kotek nahm den Anruf entgegen.
    »Schremmer hat sich mit Ruth Maybaum im ›Tomaselli‹ getroffen. Lenz,
Leo und Max haben sich bereits am Lagerplatz eingebunkert.«
    Jacobi sah auf die Uhr. »Bald sechs. Da wird er vor dem Treffen beim
›Welikije Luki‹ kaum mehr nach Hause fahren. Worauf wartest du noch?«
    Kotek schnitt eine Grimasse und zog ab.
    »So. Und ich geh jetzt zu Waschhüttl.« Jacobis kämpferischer
Unterton war nicht zu überhören. Weider versuchte ein aufmunterndes Grinsen,
aber es blieb beim Versuch.
    ***
    Waschhüttls Sekretärin, Frau Griseldis Plachutka, genannt »die
Spinne«, blickte kurz von ihrer Arbeit auf, als Jacobi eintrat, und zeigte
wortlos auf die Tür von Waschhüttls Büro. Er klopfte und trat ein.
    Waschhüttl brüllte nicht gleich los, noch ehe Jacobi die Tür hinter
sich geschlossen hatte, wie er es üblicherweise bei unbotmäßigen Untergebenen
zu tun pflegte, allerdings antwortete er auch nicht auf Jacobis Frage, was denn
anliege. Erst nach mitgezählten zehn Sekunden hob er den Blick von den Akten
auf dem Schreibtisch und sagte in normaler Lautstärke: »Sie können sich
bestimmt denken, wer mich vor einer Stunde angerufen hat, nicht wahr?«
    Jacobi hob die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Keine Ahnung.
Vielleicht Pater Behrens?«
    »Pater Behrens, Pater Behrens! Der ist doch nur ein kleiner Fisch. Der
General von Gladius Dei persönlich war am Apparat, Jacobi. Ich habe ihm
versprechen müssen, Sie unverzüglich zu ihm zu schicken, sowie Sie sich hier
blicken lassen. Er ist rein zufällig in Salzburg, ist auf der Synode als
Gastredner geladen und hat in St. Peter Quartier bezogen. Er wollte mir
nicht sagen, worum es geht, sehr wohl aber gab er mir zu verstehen, Sie könnten
die Tragweite Ihrer absurden Behauptungen nicht im Entferntesten einschätzen.
Schon das leiseste Gerücht würde unermesslichen Schaden anrichten.«
    Mittlerweile hatte sich das moderate Adagio seiner Stimme zum
vertrauten Furioso gesteigert. »Jacobi! Wissen Sie denn nicht, dass dieser Mann
jeden von uns abservieren lassen kann? Minister geben sich seine Türklinke in
die Hand, und er selbst geht bei den Mächtigsten dieser Welt ein und aus. Sagen
Sie mir endlich, was Sie angestellt haben! Oder denken Sie, es war angenehm,
vom General gefragt zu werden, ob ich denn nicht auf dem Laufenden sei?«
    »Eine Spur im Fall Cermak führte uns zum Heiligen –«
    »Und sagen Sie nicht immer Cermak«, unterbrach Waschhüttl ihn brüsk,
»wenn Sie den Fall Sökos meinen! Ich hab mich inzwischen in Schremmers Dossier
eingelesen.«
    »Aber sollten wir’s nicht lieber beim Fall Cermak belassen, Herr
Oberst? Schon allein wegen der gebotenen Diskretion. Was denken Sie?«
    Waschhüttls rosiger Teint verdunkelte sich zu gefährlichem
Tomatenrot.
    »Was ich denke? Ich denke, Sie sagen mir jetzt, womit Sie Gladius
Dei derart an den Wagen gefahren sind! Der General rotiert wie ein
angeschossener Tiger!«
    »Das war so: Behrens informierte mich über ein Gespräch, das er mit
dem HIV -Patienten Grabowsky geführt hatte. Dieser
hatte ihm, wohl aus Gewissensnot, ein Dutzend Auftragsmorde gestanden. Ich
fragte Behrens nun, ob … ob ein gewisser Verdacht gänzlich auszuschließen sei.«
    »Was für ein Verdacht? Mann, so reden Sie doch!«
    »Nun, dass die Sökos ihrer obskuren Tätigkeit auch an seiner Klinik
nachgehen könnten.«
    Waschhüttl saß da wie vom Donner gerührt. Dann sagte er ganz leise:
»Sie sind komplett wahnsinnig, Jacobi, das wissen Sie doch, oder?«
    »Nein, weiß ich nicht. Aber auch Behrens scheint Ihrer Meinung zu
sein. Er hat uns rausgeworfen. Wenn Sie erlauben, ruf ich den General gleich
von hier aus an. Ich denke, er wird nach dem Gespräch auf meinen Besuch
verzichten.«
    Jacobis selbstbewusste Attitüde verfehlte ihren Eindruck nicht. In
Waschhüttls Miene stritten Furcht und Neugierde um die Oberhand. Ausnahmsweise
gewann die Neugierde.
    »Gut. Dann rufen Sie halt an!« Er schob Jacobi den Apparat hin und
legte einen Zettel mit der Telefonnummer

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