Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
Vom Netzwerk:
gibt’s doch nicht. Was
war denn mit der Wache? Hat dieser blöde Hund geschlafen, oder was?«
    »In einem Krankenzimmer am Ende des Flurs sind Häftlinge über einen
jungen Pfleger hergefallen. Sie haben ihn ausgezogen und dann absichtlich auf
den Gang hinaus entwischen lassen. Der Wachhabende hat sich zwei Wärtern
angeschlossen, die dem armen Kerl zu Hilfe geeilt sind.«
    »Worauf der Mörder nur gewartet hat«, ergänzte Kotek.
    Jacobi nickte.
    »Als die Wache zurückkam, lag Grabowsky mit durchgeschnittener Kehle
im Bett. Und einen Mörder beziehungsweise einen Zeugen in einer VZA zu finden, ist so gut wie unmöglich.«
    Kotek zerknitterte geistesabwesend den Fotoabzug in ihrer Hand. »Die
Sökos machen also die Schotten dicht. Schremmer ist noch einmal davongekommen,
aber das Problem Grabowsky ist immerhin vom Tisch.«
    »Jetzt musst du dir wohl was anderes einfallen lassen, womit du
Conte abspeisen kannst«, sagte Weider.
    »Nein, wir bleiben bei unserem Plan: Grabowsky war der Chef einer
Bande, die auf Brüche bei alleinstehenden Senioren spezialisiert ist und auch
vor Raubmord nicht zurückschreckt. Als Abnehmer für die erbeuteten
Wertgegenstände hatte er bestimmte Hehler an der Hand. Diese Leute haben Angst
bekommen, er könnte am Ende seines Lebens auspacken, also haben sie Killer
engagiert, die sowohl Schremmer, der ihnen auf die Schliche gekommen war, als
auch Grabowsky liquidieren sollten. Bei Letzterem hat es geklappt, bei
Schremmer nicht.«
    »Zumindest vorläufig nicht«, verbesserte Kotek.
    »Danke. Dein Optimismus ist wirklich ansteckend, Melanie. Ein
Hintertürl lassen wir uns freilich offen, indem wir die Verbindung zu den
Cermak-Morden herstellen. Wir machen die Vermutung publik, Grabowsky und seine
Gang könnten die Handlanger Dr. Cermaks gewesen sein. Jene Handlanger, die
nie gefasst worden sind. Und von Cermak zu den Sökos ist es bei Bedarf nur ein
kleiner Schritt. Sollte man versuchen, uns zu knebeln oder gar kaltzustellen,
dann werden Conte & Co. nach eigener Recherche die Schlussfolgerung für uns
ziehen.«
    Kotek und Weider war klar, was das bedeutete: Entweder ließ man
Jacobi arbeiten, oder alle Welt würde von den Sökos erfahren.
    »Falls Conte den Schritt nicht schon früher tut«, warnte Kotek. »Er
ist mindestens so gerissen wie Schremmer, wittert Sauereien meilenweit gegen
den Wind. Und unsre Schwachstelle ist eben Schremmer.
Conte kennt ihn und weiß, dass ein Spürhund seines Kalibers nicht hinter
gestohlenen Fahrrädern her ist.«
    »Damit hast du leider recht. Trotzdem: Es kann, muss aber kein Nachteil sein, wenn Conte uns misstraut. Vielleicht wird er dann
nicht so leicht vorpreschen, wie das sonst seine Art ist. Hans, schick bitte
Erkennungsdienst und Spusi in die VZA . Und Leo
und Max sollen sich in den nächsten Tagen alle Knackis vornehmen, die zur Zeit
des Mordes auf der Krankenstation waren. Vor allem jene, die am
Ablenkungsmanöver beteiligt waren. Sie werden nonstop verhört, bis sie
zusammenbrechen.«
    Kotek und Weider sahen sich an. Die kompromisslose Härte war neu an
Jacobi. Weider ging in sein Büro hinüber.
    »Und was ist mit den beiden unverletzten Killern vom Lagerplatz?«,
fragte Kotek.
    »Deren Einvernahme hat keine Eile. Das sind nur Gamma-Leute. Was die
wissen, wird uns kaum weiterhelfen. Davon abgesehen werden sie stumm wie Fische
bleiben. In den nächsten Tagen werden sie dem Untersuchungsrichter vorgeführt.«
    ***
    Jacobi versuchte ansatzweise Ordnung in den Papierwust auf
seinem Schreibtisch zu bringen und sperrte den Aktenschrank zu. Feierabend.
Kotek ging ins Büro auf der anderen Seite des Flurs, das sie sich mit Feuersang
und Haberstroh teilte, sperrte die Fotoabzüge weg, schlüpfte in ihren weißen
Parka und war auf dem Weg zurück in Jacobis Büro, als sie wie angewurzelt in
der Tür stehen blieb.
    »Wird Schremmer nicht inzwischen wissen, dass wir Jutta Dietrich von
der Hasenkopf haben anrufen lassen?«
    Jacobi hatte seine graue Lederjacke angezogen und griff nach dem
zerknautschten Fischerhut. Ohne Eile wandte er sich um. »Glaub ich nicht. Er
hat der Dietrich sicher verboten, ihn anzurufen. Notfälle natürlich
ausgenommen.«
    »Na, hör mal! Ist das etwa kein Notfall, wenn sie Gefahr läuft, in
ihrem Versteck aufgespürt zu werden?«
    »Möglicherweise sieht sie es so. Aber sie wird ihn kaum über eine
Nummer zurückrufen, auf die die Kripo oder die Sökos Zugriff haben könnten. Und
über den Hausanschluss erst recht nicht. Also hat

Weitere Kostenlose Bücher