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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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unisono.
    »Er hat wahrheitsgemäß angegeben, er habe sich mit einem Informanten
treffen wollen. Der sei nicht erschienen, stattdessen habe man versucht ihn zu
ermorden. Gendarmen der Kriminalabteilung hätten das zum Glück verhindern
können, deshalb läge es nahe, dass Jacobi und seine Truppe mehr über die ganze
Sache wissen müssten. Er, Schremmer, beschäftige sich gerade mit Hehlerei im
größeren Stil, aber anscheinend hätten schon die ersten Recherchen genügt, um
ihm ans Leder zu wollen. Er hoffe auf das Verständnis der Medien, dass er in
diesem frühen Stadium der Ermittlungen keine näheren Angaben machen könne.
Damit hat er Conte stehen lassen. Die beiden sind sich nicht besonders grün,
seit Schremmer den Atommüllskandal in den Achtzigern im Alleingang aufgeklärt
hat.«
    »Okay, danke.« Jacobi atmete durch, während Stubenvoll wieder ins
Info-Center zurückging.
    »Ist ja tröstlich«, sagte Weider, »dass Schremmer uns den Ball zugespielt hat. Was werden wir Conte jetzt
erzählen, Oskar?«
    Der melancholische Zug um Jacobis Mundwinkel trat noch deutlicher
hervor. Ein untrügliches Zeichen, dass er nachdachte. »Eine verzwickte
Angelegenheit. Wir haben strikte Order, die Medien außen vor zu lassen. Und
ehrlich gesagt: Ich bin im Moment auch dafür. Was die Absetzbewegung der Sökos
betrifft, so liegt Schremmer vermutlich nicht falsch. Eine Indiskretion, und
dieser Trend wird sich rapide verstärken. Von der Panik in der Bevölkerung mal
gar nicht zu reden, und eine solche ist unter allen Umständen zu vermeiden.
Andererseits könnten wir in naher Zukunft in eine Lage geraten, in der die
Medien unsere einzige Stütze darstellen.«
    »Du meinst, wenn alles außer Kontrolle gerät und Politiker und
Behörden nach dem Sündenbock schreien«, präzisierte Kotek.
    »Und für eben diesen Fall sollten wir den Topf am Köcheln halten.«
    »Was hältst du davon, Behrens den Medien zum Fraß vorzuwerfen?«,
fragte sie. »Ein Priester des Gladius Dei verwickelt in einen Sexskandal! Und
das an einer noblen Privatklinik, an der die Pflegerinnen zu den Patienten
unter die Tuchent schlüpfen.« Kotek schien sehr angetan von ihrer Idee und
untermauerte ihren Vorschlag mit einem kaum widerlegbaren Argument: »Damit
hätten wir mindestens eine Woche Ruhe vor den Medien.«
    »Kommt trotzdem nicht in Frage. Erstens wäre die ›K. u. K.‹ nicht
die richtige Adresse für einen katholischen Skandal, zweitens will ich mir den
General des Gladius Dei nicht zum Feind machen, sondern ihn als Atout
zurückbehalten, und drittens könntest du dir selbst nicht mehr in die Augen
schauen, wenn du den Ruf eines Menschen auf diese Art und Weise zerstörst. Oder
vielleicht doch?«
    »Ich muss doch sehr bitten!«, entrüstete sie sich. »Behrens hat sich
das Schlamassel doch selbst eingebrockt. Warum war er denn erpressbar? Oder
besser: In welcher Eigenschaft? Doch nicht als Verwalter der Klinik, sondern
als Priester einer besonders lustfeindlichen Kongregation. Damit hatten ihn
Jutta Dietrich & Co. am Haken.«
    »Ja, er kam von Jutta Dietrich nicht los. Das war sein Verbrechen.
Aber wüsste jeder die Folgen seiner Fehltritte im Voraus einzuschätzen, dann
wären Behörden wie unsre überflüssig, und man würde uns wegrationalisieren. Es
ist nicht unser Stil, einen schwach gewordenen Priester fertigzumachen. Nein, Behrens
wird nicht ausgeliefert.«
    »Und wen sonst sollen wir Conte dann vorsetzen?«, fragte sie
schnippisch.
    »Grabowsky. Das Heiligenkreuz-Spital erwähnen wir gar nicht. Im
Gegenteil: Wir spielen den Ball zu Schremmer zurück. Grabowsky hat sich
angesichts seiner reduzierten Lebenserwartung an ihn gewandt und ihm seine
Geschichte erzählt. Die Geschichte des Chefs einer Raubmörder-Gang. Sehr
wahrscheinlich wird er Conte genauso wenig verraten wie uns.«
    Das Telefon auf Jacobis Schreibtisch läutete, und er hob ab. Schon
nach den ersten Worten des Anrufers verdüsterte sich sein Gesichtsausdruck. Als
der andere Gesprächsteilnehmer aufgelegt hatte, hielt Jacobi den Hörer noch
immer geistesabwesend in der Hand.
    »Was ist, Oskar? Schlechte Nachrichten?« Kotek fasste ihn am Arm.
    Jacobi fuhr sich übers Gesicht. »Man sollte es nicht verschreien:
Grabowsky wird tatsächlich nichts verraten. Nie mehr! Er ist eben auf der
Krankenstation der VZA ermordet worden.«
    »Nein!«
    »Doch. Vom Mörder fehlt natürlich jede Spur. Niemand hat was gesehen
oder gehört.«
    Weider zerrte an seinem Krawattenknoten. »Das

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