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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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seit Monaten nicht mehr hier gewesen. Ich bin allein
heraufgefahren. Mein Porsche war vollgestopft mit Lebensmitteln. Ich bin
bestens versorgt und über TV und Radio mit der
Außenwelt verbunden. Was mir wirklich fehlt, ist ein Mensch, mit dem ich reden
kann. Drei Wochen lang hab ich mit niemandem von Angesicht zu Angesicht
gesprochen. Und die paar Telefonate mit Kurt waren auch kein Ersatz für einen
Menschen, den man vor sich hat, der einem gegenübersitzt. Aber nun sind Sie ja da.« Sie grinste vielsagend und stand auf. »Und Sie
sind ein Mann.«
    Gemessen an zeitgeistigen Schönheitsbegriffen war Jacobi keinesfalls
ein Ausbund von Attraktivität, aber Jutta Dietrich hatte es auf den Punkt
gebracht: Er war ein Mann, und er war hier.
    ***
    Vergnügt summend fuhr er ins Tal hinunter. Der Forstweg erfüllte
bestenfalls die Komfortansprüche eines Maultierpfads und konnte bei Regen
selbst für geübte Offroadfahrer zur Nervenprobe werden. Doch Jacobi nahm das
Schütteln und Stoßen nur im Unterbewusstsein wahr. Er war mit sich zufrieden.
    Noch vor Kurzem hätte er sich selbst nicht zugetraut, Jutta Dietrich
widerstehen zu können. Und fast hätte sie ihn vernascht. Aber eben nur fast.
    Als sie den Gürtel ihres Bademantels löste und in all ihrer
weiblichen Pracht vor ihm stand, hatte sich seine Vernunft bereits
verabschiedet. Doch dann war ihm die Bemerkung Hans Weiders wieder eingefallen,
Melanie habe gesagt, sie würde ihm beliebig viele Jutta Dietrichs gönnen, wenn
es ihm jedes Mal das Leben rettete. Und, oh Wunder: Mit diesem Satz im Ohr war
es ihm tatsächlich gelungen, dem Naturereignis vor ihm zu sagen, es solle sich
wieder anziehen.
    Nicht gelungen war ihm hingegen, Jutta den weiteren Verbleib im
Jagdhaus auszureden. Sie fühle sich nirgendwo sicherer als dort, hatte sie
gesagt und auch den angebotenen Personenschutz abgelehnt.
    »Es sei denn, du übernimmst das«, hatte sie lächelnd hinzugefügt.
Dass er sich nicht hatte verführen lassen, schien sie ihm nicht weiter übel zu
nehmen.
    Als er in den Quattro stieg, stand sie oben auf der Veranda. Ihre
rechte Hand zuckte in einer fahrigen Bewegung nach oben, doch ebenso schnell
senkte sie sie wieder und verbarg sie hinter ihrem Rücken, als wollte sie die
Geste im Nachhinein ungeschehen machen.
    Sie war drauf und dran gewesen, ihm etwas zu sagen, aber
buchstäblich im letzten Moment hatte sie es sich anders überlegt.
    Seine gute Laune wich echter Besorgnis. Viel fehlte nicht, und er
hätte am Klausen-Parkplatz gewendet und wäre zum Jagdhaus zurückgefahren. Keine
Frage: Er hätte Jutta Dietrich mitnehmen und unter Personenschutz stellen
müssen. Nur die Gewissheit, ihrer abermaligen Weigerung hilflos
gegenüberzustehen, hatte ihn davon abgehalten. Er griff nach dem Hörer des
Autotelefons und wählte eine Nummer.
    »Heiligenkreuz-Spital, Behrens.«
    »Jacobi hier. Freut mich, dass man Sie Ihren Job weiter ausüben
lässt. Ich –«
    »Nur auf Abruf, Jacobi, leider nur auf Abruf«, unterbrach ihn
Behrens.
    »Das tut mir leid, ehrlich«, sagte Jacobi und malte sich dabei aus,
was Waschhüttl mit ihm angestellt hätte, hätte er ihm jemals Beischlaf mit
einer Verdächtigen nachweisen können.
    »Schon gut. Ich bin nicht mehr so niedergeschlagen wie gestern. Im
Gegenteil: Ich bin erleichtert, dass der Druck der letzten Wochen von mir
genommen wurde. Heute Nacht hab ich zum ersten Mal seit Langem wieder ruhig
geschlafen. In dem kleinen Kärntner Gebirgsdorf, in das ich als Seelsorger
versetzt werde, kann ich das vermutlich jeden Tag. Aber Sie haben mich sicher
nicht angerufen, um mit mir über meine Zukunft zu plaudern, oder?«
    »Nein. Ich wollte Sie fragen, ob sich am Tag nach Jutta Dietrichs
Verschwinden eine anstaltsfremde Person nach ihr erkundigt hat. Und falls ja –
wie hat diese Person ausgesehen?«
    »Es hat tatsächlich jemand nach ihr gefragt. Den Burschen vergesse
ich so schnell nicht. Groß, blond, schwarze Lederkleidung. Gab sich als Cousin
von Jutta aus. Wollte wissen, warum sie ihren Dienst nicht angetreten habe und
wo sie sein könne. Jutta hatte mich am Abend davor angerufen und mir gesagt,
ich solle mich an Kurt Schremmer wenden. Der hat mich aufgeklärt. Ich wusste
also, wer da vor mir stand, und mir war ziemlich mulmig zumute. Der Kerl hat
das natürlich gemerkt und, nachdem er die gewünschte Auskunft nicht erhielt,
sich umgehend empfohlen.«
    »Sie wissen, dass das möglicherweise der Mann war, der Jutta
Dietrich zu erpressen versucht

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