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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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wert. Kandutsch will sich nicht mit Wien anlegen, und Waschhüttl riecht
ohnehin schon jeden Furz aus dem Ministerium, noch bevor man ihn dort fahren
lässt. Die Medien sind durch die Anschläge auf Schremmer und dich hellhörig
geworden. Sie werden jetzt instinktsicher die Cermak-Morde aufgreifen, und eben
das versetzt so manche Politiker in gelinde Panik.«
    »Was zu erwarten war. Wir sollten Schremmer trotzdem einen
Schutzengel zur Seite stellen.«
    Weider griff zum Telefon. Er wusste, welchen Schutzengel Jacobi
meinte. Für diesen inoffiziellen Job kam unter diesen Umständen nur einer in
Frage: Lorenz Redl. Wenn Jacobi es wünschte, würde er Schremmer observieren,
ganz egal, welche Meinung Waschhüttl dazu hatte.
    »Waren deine Ermittlungen im Seidlwinkltal eigentlich von Erfolg
gekrönt?«, fragte Kotek hinterhältig, während Weider telefonierte.
    Jacobi hob die Schultern. »Teils, teils. Du wirst es nicht glauben,
aber die Dietrich hat doch tatsächlich versucht, mich zu verführen.«
    »Ach, was du nicht sagst?« Koteks sonst so sanfte Rehaugen
verschossen Blitze.
    »Vermutlich ein Ablenkungsmanöver, dessen Sinn mir leider verborgen
geblieben ist«, fuhr er nur mäßig irritiert fort. »Selbstverständlich hat sie
es umsonst versucht.«
    »Selbstverständlich?«, wiederholte sie schnippisch. »Das bezweifle
ich aber. Warum sonst bist du ihr noch gestern Nacht auf die Bude gerückt?«
    Trotz zur Schau getragener Gekränktheit war sie insgeheim
erleichtert. Sie glaubte, was er sagte. Verdächtigen, Zeugen oder Journalisten
gegenüber war Jacobi ein begnadeter Bluffer, aber privat war er als Lügner
grottenschlecht. Selbst nichtigste Verfehlungen waren ihm sofort anzusehen.
    »Vielleicht könntest du dich gütigst daran erinnern, dass die Frau
in Lebensgefahr schwebt. Aber sie hat was«, gab er unumwunden zu. »Und wenn
sie’s drauf anlegt, einen Mann auf die Matte zu kriegen, gibt es unter
hunderten vielleicht einen, der ihr widersteht.«
    »Und du bist dieser eine?«, fragte Weider, den Hörer auflegend. Im
Gegensatz zu Kotek nahm er Jacobi den keuschen Josef nicht ab.
    »Sagen wir mal so: Ich bin nicht wegen ihrer Titten in stockfinstrer
Nacht da raufgefahren, sondern um unsern kleinen Wissensvorsprung nicht gleich
wieder zusammenschrumpfen zu lassen. Im Übrigen habe ich bisher mit noch keiner
Zeugin geschlafen. Können wir uns darauf verständigen?«
    Wenn Jacobi den Bullen raushängen ließ, war es besser, sich aufs
rein Dienstliche zu beschränken. Weider schwieg demütig.
    »Und sie hat uns ein bisschen weitergeholfen, ja«, lenkte Jacobi,
nun wieder umgänglicher, ein. »Aber nur ein bisschen, wirklich Wichtiges hat
sie für sich behalten. Diesen Eindruck habe ich jedenfalls gewonnen. Leider
habe ich keine Ahnung, warum sie so zugeknöpft war.«
    Dass die Dietrich alles andere als zugeknöpft gewesen war, darauf
hätte Kotek wetten können, sie verkniff sich aber eine neuerliche Attacke. Eine
ernste Verstimmung zwischen Jacobi und ihr war das Letzte, das sie jetzt
brauchen konnten.
    Jacobi begann nun den Besuch bei Jutta Dietrich ganz ausführlich zu
referieren. Nichts, dem er auch nur die geringste Bedeutung beimaß, blieb
unerwähnt.
    »Und wie steht’s im Fall Grabowsky?«, fragte er abschließend. »Seid
ihr da weitergekommen?«
    Weider schüttelte den Kopf. »Nein. Leo und Max sind dabei, alle
durch die Mangel zu drehen, die am Ablenkungsmanöver beteiligt waren, aber
vorläufig hat noch keiner ausgepackt. War ja auch nicht anders zu erwarten, das
braucht eben seine Zeit.«
    Jacobi nickte gottergeben. »Wie wäre es zur Abwechslung mal mit
etwas Erbaulicherem? Du hast heute Vormittag am Telefon angedeutet, du hättest
Ergebnisse aus dem Datenvergleich vorzuweisen. Wie steht’s damit?«
    Sofort hellte sich Weiders Miene auf. Seine Lippen umspielte
plötzlich ein überlegener Zug, den Jacobi nur zu gut kannte. »Ja, einige
Zusammenhänge zeichnen sich bereits ab«, sagte er zurückhaltend. »Aber ich
denke, das müssen wir nicht hier besprechen. Wie wär’s in deiner Wohnung? Du
warst eh noch nicht dort, seit du zurück bist. Ich hab ein bisschen aufräumen
lassen, muss dich aber trotzdem warnen: Das Schlafzimmer sieht grauenhaft aus.
Eine Horrorfilmkulisse ist ein Klacks dagegen.«
    ***
    Auf dem Weg in die Parkgarage konnte Jacobi seine Neugierde
nicht mehr bezähmen. Er wusste, dass Weider fündig geworden war. »Jetzt rück
schon raus damit. Dieses Hinhalten geht einem ja auf die Prostata.

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