Herbstfrost
habe ihn auf dem
Parkplatz vor dem Club angebaggert. Schließlich wollte ich ja da rein. Ich hab mich als Promifotografin ausgegeben, was ja nicht ganz
gelogen ist. Hab ihm weisgemacht, jemand hätte mich versetzt, und ich hätte
mich gern davon überzeugt, dass der Herr nicht ohne mich im Club abgetaucht
sei. Leo antwortete galant, es sei unvorstellbar, dass man mich ohne Not
versetzen könnte. So kamen wir ins Gespräch, und schließlich hat er mich als
seine Begleitung in den Club eingeladen.«
»Aber dass es zwischen ihm und Phryne Rottenstein im Moment nicht so
gut läuft, das wird er dir kaum selbst auf die Nase gebunden haben, oder?«,
fragte Jacobi.
»Nein, das hat mir Adelheid Nilson, die Frau eines AIC -Direktors gesteckt. Im Club herrscht eine ziemlich
entspannte Atmosphäre. Die Betonung liegt dabei auf ziemlich! Will sagen, es
geht in diesem Hautevolee-Treff nicht anders zu als in einem Wald- und
Wiesen-Golfclub. Es wird viel gesoffen, noch mehr geklatscht, und man findet
sofort Anschluss, schließlich ist man unter seinesgleichen. Leo war mit
Geschäftsfreunden zu einer Partie Golf verabredet. Er hat mich dort vorgestellt
und mich dann mir selbst überlassen. Allerdings nicht, ohne sich mit mir für
heute Abend im ›Österreichischen Hof‹ verabredet zu haben. Während er draußen
auf dem Grün war, hab ich drinnen versucht Kontakte zu knüpfen. Heidi Nilson
fiel mir durch beachtlichen Martini-Konsum und gerötete Nasenflügel auf, also
hab ich mich ihr vorgestellt. Der Geschäftsführerin des Clubs, Carina Talbusch,
schien das nicht zu passen. Sie hielt sich auffallend oft in unsrer Nähe auf
und versuchte wiederholt sich in unsre Plauderei einzuklinken, was Heidi aber
ebenso oft abblockte. Es war offensichtlich, dass sie Carina nicht mag. An mir
hat sie hingegen sofort einen Narren gefressen. Hab allerhand
Schlafzimmerklatsch von ihr erfahren. So zum Beispiel, dass sie bereits vor Phryne Rottenstein mit Leo verbandelt gewesen sei. Eben
das habe ihre Freundin Gudrun der arroganten Phryne unlängst gesteckt, weshalb
es zum Zoff zwischen Phryne und Leo gekommen sei. Gudrun Sorge wiederum soll
was mit Schremmer haben, was diesen aber nicht daran hindere, aus der
Verstimmung zwischen Phryne und Leo Kapital zu schlagen.«
»Jede mit jedem – wie in einem Swingerclub«, ätzte Jacobi, wirkte
dabei aber ungewohnt zerfahren.
»Und jetzt rate mal, wer Schremmer in den Club eingeführt hat?«,
fragte Kotek, sichtlich befremdet von seiner Geistesabwesenheit. Jacobi war
sonst der Erste, der bei Briefings volle Aufmerksamkeit einforderte.
»Ich tippe auf Ruth Maybaum.«
»Bingo! Die Maybaum hat übrigens auch schon das eine oder andere
Wochenende auf Leos Jacht an der Costa Smeralda feiernderweise verbracht.«
»Stichwort feiern «, schaltete sich Weider
ein, um das Gespräch wieder auf das Wesentliche zu lenken. »Übermorgen findet
die Fünfzig-Jahr-Feier der hiesigen AIC -Filiale
statt. Das Fest steigt im Palais Auerspach. An internationaler und regionaler
Prominenz wird kein Mangel herrschen, der Kreis der für uns interessanten Leute
ist allerdings überschaubar. Da wäre zunächst der Generaldirektor der AIC für Bayern und Österreich, Julius Rottenstein,
Neffe des Firmengründers Benno Nussbaum. Nominell leitet er die Geschicke der
Versicherung, soll aber seit dem Unfalltod seiner Gattin ein gebrochener Mann
sein. Ein menschliches Wrack, das sich langsam, aber unaufhaltsam zu Tode
säuft.«
Er blickte Jacobi an, als würde er von ihm einen Kommentar erwarten,
aber da kam nichts.
Weider setzte fort: »Sein kompetenter erster Vize, Direktor Lysander
Sorge, ist der eigentliche Chef der AIC . Er hat
alles im Griff – nur nicht seine Frau Gudrun. Der zweite Vize, Siegfried
Nilson, scheint keine Konkurrenz für ihn zu sein. Nilson ist ein Bonvivant, ein
Womanizer Schremmer’schen Zuschnitts. Lässt nichts anbrennen, soll aber Mühe
haben, seinen aufwendigen Lebensstil und die Drogensucht seiner Adelheid zu
finanzieren. Im Kampf um Rottensteins Nachfolge hat Sorge wohl eher die Tochter
des Alten, Dr. Phryne Rottenstein, zu fürchten. Der ebenso aparten wie
ehrgeizigen Wirtschaftsanwältin sagt man nach, sie sei eiskalt wie Katharina
von Medici und hinterhältig wie Lucrezia Borgia. Im Vergleich zu ihr sei Theo
Basidius, der längst pensionsreife Direktor der Sparte Krankenversicherung,
handzahm wie ein Teddybär. Außerdem ist er der Vater von Paul Basidius. Schwer
vorstellbar, dass der Sohn uns auf
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