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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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die Spur des eigenen Vaters führt. Weniger
harmlos wäre eine sechste Person. Vorausgesetzt, sie hat mit den Sökos
irgendwas zu tun. – Was ich aber für ausgeschlossen halte«, fügte Weider rasch
hinzu.
    »Du meinst den Schwiegervater von Julius Rottenstein«, sagte Jacobi
betreten. Er hatte es nicht glauben wollen, als Kotek den Namen »Rottenstein«
zum ersten Mal erwähnte.
    »Wer ist das?«, fragte sie. »Kenn ich ihn?«
    »Du kennst ihn tatsächlich, Melanie, wenn auch nur flüchtig«, sagte
Weider und sah dabei wieder Jacobi an. »Es ist Bernd Vogt, der Vorgänger von
Kandutsch. Als er in den Ruhestand trat, hast du noch die Schulbank gedrückt.
Vogt war ein Spitzenmann. Heute ist er längst über siebzig, bekommt eine Pension
ausbezahlt, von der wir nur träumen können, und verdient sich ein nettes Zubrot
als Konsulent und Sicherheitsbeauftragter der AIC und der ASAG , der ANUBIS Synthetics AG , einem weiteren Zweig des
Multikonzerns.«
    »Dr. Bernd Vogt, der Sarah Feldbach gerettet hat?«, fragte
Kotek ungläubig. »Welch ein Zufall!« Ihre ungewollt ironische Anmerkung brachte
es auf den Punkt, aber noch eindringlicher veranschaulichte ein Seufzer Jacobis
das Dilemma, in dem sie sich plötzlich befanden.
    »Ich erinnere mich dunkel. Bernd hat die ASAG das eine oder andere Mal erwähnt«, sagte er mit belegter Stimme. »Das Kürzel
war mir geläufig, aber ich hatte vergessen, wofür es steht. Die Firma erzeugt
hitzebeständige Materialien aus Keramik und hochfester Kunstfaser. Hat in
Bayern fünf Niederlassungen und in Österreich drei. Eine weitere an der Grenze
zur Slowakei befindet sich gerade im Bau. Werkschutz wird da natürlich überall
großgeschrieben.«
    Vogt hatte selten über seine Angehörigen gesprochen, was mit dem
Unfalltod seiner einzigen Tochter Livia zusammenhing. Jacobi hatte Livia
Rottenstein kaum gekannt und Vogts Enkelin Phryne war er nur wenige Male
begegnet. Beim ersten Mal war sie noch ein Kind gewesen, beim zweiten Mal,
zwischen Tür und Angel, hatte der Backfisch die Nase schon ziemlich hoch
getragen und seinen Gruß kaum noch erwidert.
    Wie auch immer: Er würde Kandutsch morgen nachdrücklich ersuchen,
ihm Einsicht in die Personalakte Vogts zu gewähren. Nicht eine Sekunde
verschwendete er an den Gedanken, Kandutsch könnte ihm diesen Wunsch
abschlagen.
    »Wenn Vogt Sicherheitsbeauftragter der AIC ist, müsste dich das eigentlich auf eine Idee bringen, Oskar«, sagte Weider,
der ihm Zeit gelassen hatte, den Brocken zu verdauen.
    »Du meinst, weil der AIC -Werkschutz
beim Fest Sicherheitsagenden übernehmen wird?«
    Weider lächelte. »Und ich dachte schon, der Schock hat deine
Ganglien vorübergehend lahmgelegt. Ja, genau das meine ich. Die VIP s bringen ihre eigenen Bodyguards mit, aber der
Werkschutz wird strategisch wichtige Punkte kontrollieren und das Palais nach
außen hin abschirmen. Einer dieser Security-Leute könntest du sein. Und auch
auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ich halte es für extrem
unwahrscheinlich, dass Vogt etwas mit den Sökos zu tun hat. Aber angenommen,
dass ich mit meiner Vermutung falschliege: Selbst dann könnte er dir diesen
Wunsch nicht abschlagen, ohne sich sofort verdächtig zu machen.«
    Jacobi schüttelte den Kopf. »Bernd kann unmöglich der Komplize oder
gar der Chef solcher Hyänen sein. Das ist doch unvorstellbar. Ein Mensch kann
sich nicht ein ganzes Leben lang so verstellen.« Aufgebracht stand er auf, ging
zur Bar und schenkte sich einen Cognac ein.
    »Wir glauben es ja auch nicht, Oskar«, solidarisierte sich Melanie,
»aber unsre private Meinung darf die Ermittlungen nicht beeinflussen.«
    Jacobi ließ erneut einen bühnenreifen Seufzer hören, ehe er den
Courvoisier in einem Zug hinunterkippte. »Ich werde ihm morgen einen Besuch
abstatten. Danach wird unser Verhältnis vermutlich nicht mehr dasselbe sein wie
vorher.« Eine volle Minute lang herrschte Schweigen. Jacobi nahm wieder auf dem
Fauteuil Platz.
    »Und was machen wir mit Schremmer?«, fragte Weider schließlich.
»Redl hat keinen Zutritt zum ›Paris-Lodron-Club‹, sodass er ihn dort nicht
beschützen kann.«
    Jacobi winkte ab. »In der Höhle des Löwen wird Schremmer schon
nichts passieren. Niemand wird ihm ein Haar krümmen, solange man auch nur im
Entferntesten die ANUBIS   AG damit in Verbindung bringen könnte.«
    »Wahrscheinlich hast du recht«, pflichtete ihm Weider bei. »Im Club
werden ihn die Sökos nicht anrühren. Dafür werden sie an anderer

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