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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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nicht. Wenn die
hier«, sie tippte mit dem Zeigefinger auf das Foto, »in ihren raffinierten
Disco-Fetzen antanzte, dann bekamen alle Männer Stielaugen. Auch mein Freddy.
Deshalb die gute Erinnerung.«
    Jacobi steckte Ausweis und Foto ein. »Es wäre sehr wichtig, zu
wissen, mit wem die Frau das letzte Mal hier war. Aber das wird wohl zu viel
des Guten verlangt sein?«
    Die Frau schenkte zwei Gästen Bier ein und kam dann zurück. »Nein,
das ist nicht zu viel verlangt. Apropos verlangt: Was trinken Sie?«
    »Ein Pils. Und Sie?«
    »Einen Gin-Highball. Das Mädchen war nie mit einem Kerl zweimal
hier, hatte aber immer die coolsten Typen im Schlepptau. Männer! Keine Bubis!«
    Sie warf einen angelegentlichen Blick auf seinen offen stehenden
Hemdkragen. Wäre Brustbehaarung ein Gradmesser für Virilität gewesen, dann
hätte Jacobi ein Kentaur sein müssen.
    »Der blanke Neid konnte einen fressen«, fuhr sie fort und stellte
das Pils vor ihn hin. »Ihr letzter Begleiter war was ganz Besonderes. Groß,
blond, blaue Augen und so was von cool. Der hatte was drauf, das sah man auf
den ersten Blick. Cheers! «
    Jacobi prostete ihr ebenfalls zu. »Sollte es Ihnen hier eines Tages
keinen Spaß mehr machen, kriegen Sie bei uns sofort einen Job«, sagte er aufgeräumt.
Dass er mehr erfahren hatte als erwartet, das ermunterte ihn weiterzufragen:
»Können Sie sich etwa auch noch an die Kleidung dieses coolen Typen erinnern?«
    »Klar doch. Hatte teure Designersachen an, der Knabe. Todschicke
schwarze Lederjacke, schwarzes Seidenhemd, schwarze Jeans und Boots.«
    Jacobi war baff. »So genau haben Sie ihn angesehen?«
    Sie lehnte sich ihm über die Theke entgegen. Jacobi hätte die
Papillen rund um ihre Brustwarzen zählen können. »Würdest du die Frau deiner
Träume nicht genauso genau ansehen?«, fragte sie grinsend zurück.
    Jacobi dachte an Melanie und ein bisschen auch an Jutta Dietrich.
    »Ja, doch. Hast recht. Ich habe dir wirklich zu danken. Was zahl
ich?«
    Obwohl sie ihm einen Preis nannte, der selbst für Salzburger
Verhältnisse geschmalzen war, gab er ihr ein saftiges Trinkgeld.
    ***
    Die kühle Nachtluft tat ihm gut. Als er am Parkplatz vor dem
Quattro stand, wanderten seine Gedanken zu dem Sprengstoffanschlag. Er nahm die
kleine Taschenstablampe am Schlüsselbund und bückte sich, um den Wagenboden
abzuleuchten.
    Als neben der Eingangstür zum »Drop in« Glas splitterte, duckte er
sich instinktiv auf den Boden. In einiger Entfernung röhrte ein Motor auf,
Reifen quietschten, dann war der Spuk vorbei.
    Die Sökos hatten sich also nicht abhängen lassen. Waren ihm bis zum
»Drop in« gefolgt. Nur der unwillkürliche Impuls, unter den Wagen zu schauen,
hatte ihm ein zweites Mal das Leben gerettet. Und das nicht einmal
vierundzwanzig Stunden nach dem ersten Anschlag.
    Mit zittrigen Knien stand er auf, klopfte seine Hose ab und ging zum
Eingang des Lokals hinüber. Neben der Tür hing ein Schaukasten mit einem
Hochglanzposter, das Stripperinnen zeigte, an der Wand. Die Scheibe in der
Mitte hatte ein faustgroßes Loch, und einer der abgebildeten Nackedeis fehlte
der Kopf.
    Jacobi benachrichtigte zunächst den Gendarmerieposten in Glasenbach
und rief dann den Bereitschaftsdienst im Büro an, um die Spurensicherung zum
»Drop in« zu beordern.
    Stubenvoll wand sich wie ein aufgespießter Regenwurm. »Chef, ich …
ich darf von Ihnen keine Anordnungen –«
    »Auf mich ist geschossen worden«, sagte Jacobi ruhig. »Der zweite
Anschlag innerhalb eines Tages. Dieser Vorfall ist zu untersuchen und zu
protokollieren, und das wissen Sie so gut wie ich. Außerdem beantrage ich
Personenschutz für meine Tochter. Sie rufen jetzt unverzüglich Waschhüttl an
und sagen ihm, dass ich privat im ›Drop in‹ war. Privat, Stubenvoll!
Schließlich bin ich beurlaubt. Bis zu den Sökos hatte sich das aber noch nicht
herumgesprochen, denn sonst wäre der neuerliche Anschlag sicher unterblieben.«
    Minuten später war die Spusi vor Ort. Feuersang war mitgekommen und
meldete, Waschhüttl habe den Personenschutz für Nadine bewilligt.
    Der Auflauf vor dem Club lockte auch dessen Besucher vor die Tür.
Die Gendarmerie sperrte den Tatort ab, und das Projektil, ein großkalibriges
Teilmantelgeschoss, wurde sichergestellt. Jagdpatronen dieser Machart rissen
beim Aufprall gewaltige Löcher. Hochwild, mit solchem Kaliber angeschossen,
brach im Regelfall allein durch den Wundschock auf der Stelle zusammen. Der
Schuss war aus einer Entfernung von

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