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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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das
ist er fast immer. Aber selbst wenn Bernd bei der SS war: Chef der Sökos? Ich weiß nicht. Das würde einfach zu gut passen.«
    »Und wenn Phryne mit an Bord wäre? Immerhin hat Rottenstein die AIC nach dem Tod seiner Frau in die Bredouille
gebracht. Wäre es nicht denkbar, dass Vogt und seine Enkelin von da an mit
allen Mitteln versucht haben, den Karren aus dem Dreck zu ziehen?«
    »Denkbar ist es, aber nicht in der von Ihnen unterstellten Weise.
Bernd Vogt und Phryne sind ein schlagkräftiges Duo, aber Massenmörder?« Er
schüttelte den Kopf. »Nein, das ist ebenso abstrakt wie die gesamte
Sökos-Groteske.«
    »Sie sagten, Sie kennen Bernds Kriegsvergangenheit. Dann wissen Sie
wohl mehr als ich. Seine NS -Akte ist lückenhaft,
und in der 1955 angelegten Stapo-Akte wird ausdrücklich darauf hingewiesen,
dass er in zwei Kriegsverbrecherprozessen mangels Beweisen freigesprochen
wurde, obwohl in beiden die Indizienlage gegen ihn sprach.«
    »Mehr weiß ich auch nicht. Aber kennen Sie vielleicht einen Fall,
bei dem ein SS ler, der Dreck am Stecken hat,
davon später irgendjemandem erzählt? Warum stürzen Sie sich eigentlich so auf
Bernd? Ich dachte, Sie seien befreundet?«
    »Das war einmal. Nachdem er mir fünfzehn Jahre lang seine SS -Vergangenheit verschwiegen hat, habe ich ihm gestern
die Freundschaft gekündigt. Auf unsre Ermittlungen hat das allerdings keinen
Einfluss. Ich würde ihn auch überprüfen, wenn dieser Vertrauensbruch nicht
stattgefunden hätte.«
    »Aha. Sind wohl einer von der gusseisernen Sorte, was?«
    »Wenn es um Verbrechen dieser Größenordnung geht – ja.«
    ***
    Im Garten brandete Gejohle auf. Etliche Frauenstimmen
skandierten im Chor: »Eins, zwei und – drei!« Es folgte ein lautes Platschen,
und das Gejohle steigerte sich zu frenetischem Kreischen. Jacobi sprang ans
Fenster, Sorge folgte etwas langsamer.
    Ein Dutzend weiblicher Festgäste hatte sich Schremmers bemächtigt
und ihn in den Pool geworfen. Aber nicht nur das: Einige Damen waren ihm gleich
hinterhergesprungen. Jacobi griff zum Funksprechgerät, und Kotek meldete sich
mit einiger Verzögerung.
    »Melanie, wo bist du? Ich seh dich nicht mehr. Ein Haufen
entfesselter Weiber hat Schremmer in den Pool geworfen. Das kann
brandgefährlich werden.«
    »Bin im ersten Stock und im Moment leider unabkömmlich, aber Lenz
sollte noch unten sein.« Abrupt beendete sie das Gespräch.
    Redl hielt sich tatsächlich in der Nähe des Beckens auf und ließ
Schremmer und dessen weibliche Fans nicht aus den Augen. Rottenstein, Phryne
und Piritz standen nach wie vor an der Poolbar, Nilson war nirgendwo zu sehen.
Jacobi entspannte sich.
    »Haben Sie noch konkrete Fragen an mich?«, wollte Sorge wissen,
während er den Blick gleichgültig auf den Mann im Pool gerichtet hielt. »Ich
möchte wieder hinuntergehen. Es fällt auf, wenn ich so lange abwesend bin.«
    Jacobi zuckte mit den Achseln. »Konkrete Fragen? Nachdem Sie so
ahnungslos sind, würde ich wohl kaum erschöpfende Antworten erhalten. Dem
Hinweis auf Nilson werden wir natürlich nachgehen. Danke, dass Sie sich
herbemüht haben.«
    ***
    Nilson war es vor einiger Zeit gelungen, den dunkelhaarigen Vamp
von den balzenden Jünglingen loszueisen und mit ihm Richtung Buffet zu
schlendern. Man aß eine Kleinigkeit und schlürfte Champagner.
    »Ein paar Stockwerke höher hätten wir es natürlich gemütlicher«,
sagte er angelegentlich. Er wirkte so nervös, als stünde er unter Zeitdruck.
Der Vamp grinste verschlagen.
    »Wenn Sie meinen …?«
    Sie fuhren mit dem Lift in die zweite Etage. Bei Firmenfesten ließ
sich Nilson immer einen Raum für besondere Gelegenheiten reservieren. Dass er
nicht der Einzige war, der diesen Service in Anspruch nahm, bewies die
Anwesenheit eines Etagenkellners, der beflissen herbeiwieselte.
    »Zweimal Austern und eine Flasche Schampus, Alois«, sagte Nilson und
steckte ihm im Vorbeigehen einen Schein zu.
    »Kommt sofort, Herr Direktor!« Der Mann eilte zum Personalaufzug.
    Das mit rotem Samt ausgeschlagene Zimmer erinnerte an die Separees
der Wiener Varietészene um 1900. Die kommode Sitzecke mit Sofa, Chaiselongue,
Fauteuil und niedrigem ovalem Tisch nahm die Hälfte des Raumes ein, das große
Doppelbett die andere Hälfte.
    Kaum war die gepolsterte Tür mit sanftem Schmatzen ins Schloss
gefallen, wollte Nilson zur Sache kommen. Er drängte die junge Frau in Richtung
Bett, wollte dabei gleich in die Vollen greifen, aber der Vamp wich geschmeidig
zur

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