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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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Seite.
    »Nicht so stürmisch, Herr Direktor«, säuselte sie, während sie etwas
aus ihrer Handtasche zog.
    Nilson brauchte einige Sekunden, bis er begriff, was ihm da vor die
Nase gehalten wurde. »Polizei? Was wird hier gespielt?«
    »Gendarmerieinspektorin Melanie Kotek, Sonderkommission OGAS . Herr Nilson, wir haben einige Fragen an Sie.«
    Sein verlebtes Gesicht lief rot an. »Du tickst wohl nicht richtig,
du Nutte! Erst geilst du mich auf, und dann das? Wenn du was von mir willst,
lass dir gefälligst am Montag einen Termin geben.« Er griff zum Zimmertelefon.
Vielleicht, um die Bestellung beim Etagenkellner rückgängig zu machen,
vielleicht aber auch, um eine Hostess mit der Beseitigung seines Hormonstaus zu
beauftragen.
    »Reißen Sie sich gefälligst zusammen«, pfiff Kotek ihn zurück. »Hat
man Sie nicht informiert? Auch Ihre Herren Kollegen werden eben einvernommen.
Die Aktion erfolgt mit Billigung von ganz oben, also setzen Sie sich
gefälligst!« Sie selbst nahm auf dem Fauteuil Platz. Nilson war so verblüfft,
dass er sich tatsächlich auf das Sofa fallen ließ.
    »Worum geht es denn? Hätten Sie wenigstens die Güte, mir das
mitzuteilen?«
    »Es geht um hundertfachen Mord, Herr Nilson.«
    Sein Blick zeigte eine entsprechende Reaktion. »Also hatte ich doch
recht. Sie spinnen ja wohl.« Er erhob sich und wandte sich zum Gehen.
    »Ihre Gesellschaft, Herr Nilson, profitiert seit Jahren vom
termingerechten Ausfall betagter Kunden«, sagte Kotek, ohne die Stimme
sonderlich zu heben. »Und wenn von hundertdreiundsiebzig überprüften Todes-
beziehungsweise Abgängigkeitsfällen hundertsechsundvierzig ehemalige AIC -Kunden betreffen, dann spinnt wohl einer der AIC -Direktoren und nicht die Polizei!«
    Nilson war an der Tür stehen geblieben, als Koteks Walkie-Talkie
knackte. Jacobi! Er wollte wissen, wo sie abgeblieben war. Während sie ihm kurz
antwortete, kehrte Nilson widerstrebend zum Sofa zurück.
    »Sagt Ihnen die Bezeichnung ›Sökos‹ etwas?« Kotek beobachtete ihn
mit Argusaugen. Er wich ihrem Blick nicht aus, schüttelte nur verständnislos
den Kopf.
    »Nie gehört. Wer oder was soll das sein?«
    »Die Sökos sind Killer. Sie ermorden AIC -Kunden
– zum Vorteil der Gesellschaft. Die Morde werden als Unfälle, Infektionen oder
andere letale Schicksalsschläge getarnt. Etliche Zielpersonen lässt man auch
spurlos verschwinden. Der Kopf der Bande muss in der Führungsetage der AIC sitzen, alles andere ergäbe keinen Sinn. Sagen Sie,
haben die Rottensteins und Sorge Sie wirklich nicht informiert?«
    »Informiert? Mich? Die vier würden mich doch am liebsten dumm
sterben lassen. Von dieser abgefahrenen Nummer hör ich jetzt zum ersten Mal.«
    »Vier? Rechnen Sie den Schwiegervater Rottensteins zur
Führungsspitze?«
    »Natürlich. Bernd ist ja nicht nur Sicherheitsbeauftragter der AIC und der ASAG , sondern
wird von Phryne und Julius über fast alle Interna genauestens informiert. Er
ist sozusagen eine Art graue Eminenz. Es wird sogar gemunkelt, er höre
Aufsichtsratssitzungen ab. Und mit seinem gar nicht so kleinen Stammaktienpaket
bildet er gemeinsam mit Phryne, Rottenstein, Sorge und einigen anderen wenigen
Großaktionären das Zünglein an der Waage bei Sperrminoritätsentscheidungen.«
    »Rottenstein scheint ziemlich fertig zu sein. Würden Sie ihm
trotzdem den Versuch zutrauen, den Offenbarungseid der AIC durch einen Massenmord hinauszuzögern? Und falls nicht, wem sonst würden Sie
das zutrauen?«
    »Ich kann mir das bei allen vieren nicht vorstellen. So was – falls
Ihre Vermutungen stimmen – kann doch nur einem Irren einfallen. Und verrückt
ist keiner von denen. Eiskalt, ja, das sind sie, aber nicht durchgeknallt.«
Wieder schüttelte er den Kopf. »Davon abgesehen würde ich Rottenstein noch
nicht abschreiben. Er hat die AIC zwar vor fünf
Jahren durch eine Fehlspekulation fast an die Wand gefahren und säuft wie ein
Loch, aber wenn er halbwegs nüchtern ist, steckt er seine Tochter und auch
Lysander noch dreimal in den Sack.«
    »Aber nicht Vogt?«
    »Nein, Bernd ist der einzige Mensch, vor dem Julius Respekt hat.«
    Der Kellner kam mit den Austern und dem Champagner zurück.
    »Wär doch schade, wenn wir das Zeug verkommen ließen«, sagte Nilson,
während er die Rechnung unterzeichnete. »Bedienen Sie sich!« Er schob den
Teewagen zu Kotek hinüber, während der Kellner sich diskret verzog.
    »Muss zu meinem Bedauern ablehnen, bin im Dienst«, sagte sie und
erhob sich von dem

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