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Herbstfrost

Herbstfrost

Titel: Herbstfrost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Gracher
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ihrem
Käfig aus. Lysander toleriert das, denn er liebt sie – wie ein Sammler eine
erlesene Kostbarkeit liebt. Nur wenn sie es zu toll treibt, um die Scheidung zu
provozieren, setzt er ihr die Daumenschrauben an. Auch die Tränen und Bitten
ihrer Eltern, sie doch nicht ins Unglück zu stürzen, haben die missratene
Tochter bisher noch immer zur Räson gebracht.«
    »Haben die Sorges Kinder?«
    »Nein, das hat Gudrun zu verhindern gewusst.«
    »Okay. Nachdem du also ausschließlich Sorge favorisierst, wirst du
mir sicher erklären, warum nicht Nilson der Mann hinter den Sökos sein kann?«
    »Ich habe nicht gesagt, dass es Nilson nicht sein kann. Durch seine
Connections zur Halb- und Unterwelt wäre er sogar prädestiniert dafür. Außerdem
ist er am Erhalt der AIC interessiert. Wer nimmt
ihn denn noch, wenn wir vor die Hunde gehen? Was natürlich, Gott sei Dank,
nicht passieren wird«, fügte sie rasch hinzu.
    »Bist du dir dessen so sicher?« Er dachte an die Übernahmegerüchte,
die Cynthia Basidius erwähnt hatte. »Ich kann mir gut vorstellen, dass sich die
Sökos-Groteske auf den Aktienkurs der ANUBIS   AG nicht eben positiv auswirken wird.«
    »Deine Süffisanz ist voreilig und unangebracht«, entgegnete Phryne
Rottenstein eisig. »Natürlich würde ein allfälliger Medienhype dem gesamten
Konzern zu schaffen machen, aber den freien Fall würde es trotzdem nicht geben.
Hätte sich der erste Wirbel gelegt, dann sähe die Zukunft gleich wieder rosiger
aus.« Über die genauen Umstände dieser rosigen Zukunft schwieg sie sich
allerdings aus.
    »Meine Anmerkung war durchaus nicht süffisant gemeint«, verwahrte
sich Jacobi. »Aber zurück zu Nilson: Was fehlt ihm zum Sökos-Führer?«
    »Nichts, das mit Moral oder Gewissen zu tun hätte. Siegi besitzt
beides nicht. Die einzige für ihn maßgebende Richtlinie ist sein persönliches
Wohlergehen. Auch die Realisierung eines Mammutprojekts wie die
Sökos-Organisation würde keine unüberwindliche Hürde für ihn darstellen. Er ist
ein hervorragender Verkäufer, kann gut reden. Eine Bande von Dumpfbacken auf
ein Ziel einzuschwören, das wäre kein Problem für ihn. Aber ich halte ihn
schlicht und einfach für zu feige, für zu wenig entschlussfreudig, als dass er
eine so furchtbare Idee in die Tat umsetzen würde.«
    »Okay. Das war’s auch schon.« Zu versuchen, sie über Vater
Rottenstein und Großvater Vogt auszufragen, wäre nur Zeitverschwendung gewesen.
    »Ich nehme an, morgen werden die Buchprüfer und Steuerfahnder über
uns herfallen«, sagte sie im Aufstehen. Es war keine Frage, sondern eine
Feststellung. Sie wusste es bereits. Jacobi las es in ihren Augen.
    »Kommt darauf an, ob wir die richterliche Verfügung bekommen«, log
er trocken und überlegte gleichzeitig, woher sie die Info haben konnte. In
Salzburg wussten nur vier Personen von den auf Montag angesetzten Haussuchungen
und Buchprüfungen: Untersuchungsrichterin Zehentner, Kandutsch, Waschhüttl und
er selbst. Kandutsch war sicher nicht der Informant. Er mochte leutselig sein,
aber eine solche Indiskretion hätte er sich nicht geleistet. Abgesehen davon
hatte er keine Veranlassung, Vogt zu warnen. Zu oft hatten ihn die Medien mit
dem fähigeren Vorgänger verglichen. Also kam nur Waschhüttl oder eine undichte
Stelle im Ministerium in Frage.
    Phryne verließ das Zimmer zuerst. Jacobi trat noch ans Fenster. Als
er Schremmer wieder bei den anderen an der Poolbar stehen sah, trat auch er,
für den Augenblick beruhigt, auf den Flur.
    ***
    Redl stand neben der Eingangstür zum Festsaal. Jacobi
schlenderte an ihm vorbei.
    »Melanie ist wieder da. Passt am Pool auf Schremmer auf«, raunte ihm
der MEK -Mann zu, während er interessiert einer
drallen Blondine hinterherblickte.
    ***
    Ein Uhr dreißig. Die Reihen im Festsaal hatten sich gelichtet.
Auf dem Weg zur Veranda begegnete Jacobi Ruth Maybaum und Paul Basidius. Das
Abendkleid der Journalistin stand Koteks kleinem Schwarzen in seiner
Offenherzigkeit nicht nach.
    »Hallo, Jacobi! Na, sind Sie in der Sache Feldbach vorangekommen?«,
flirtete sie ihn an und hängte sich vertraut bei ihm ein. Sie hatte schon einen
kleinen Schwips.
    »Ich denke, meine Anwesenheit beantwortet diese Frage«, gab ihr
Jacobi reserviert Bescheid. »Und wenn Sie und die Familie Basidius Ihre
staatsbürgerlichen Pflichten ernst nehmen würden, dann könnte der Fall längst
abgeschlossen sein«, fügte er in plötzlich aufwallendem Ärger hinzu und
befreite sich sanft, aber

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