Herbstgeflüster (Die Kanada-Reihe)
Magen und sie diskutierten hier schon mehrere Minuten herum. Seit er seinem Gast gesagt hatte, dass er duschen konnte und sich Zeit lassen durfte, stand der neben der Toilette und starrte ihn mit vor der Brust verschränkten Armen an. Es hätte ihm klar sein müssen, dass der Mann ihm nicht so einfach glauben würde, aber dieses Hin und Her zerrte langsam an Bomers Nerven.
„Herrje, es ist nur Wasser und Duschgel. Keine Säure auf deiner Haut. Stell' dich nicht so an.“
Auch wenn er danach böse angesehen wurde, entging Bomer der sehnsuchtsvolle Blick nicht, der einen kurzen Augenblick zur Duschwanne wanderte. „Und du bleibst die ganze Zeit wieder an der Tür stehen, damit ich nicht aus dem Fenster hüpfe, oder was?“
„Korrekt“, antwortete Bomer trocken und ließ seine Augen mit Absicht genießerisch über seinen Gefangenen wandern. Er wusste nicht, woher der plötzliche Wunsch kam, den Sturkopf ein bisschen zu necken, aber dessen Reaktion folgte auf dem Fuße.
„Sieh mich nicht so an!“
„Warum denn nicht?“, stichelte Bomer grinsend. „Ich will schließlich auch etwas davon haben, dass du mir seit Tagen auf die Nerven gehst.“
„Und das bekommst du, indem du mich unter deiner Dusche bespannst?“ Den Worten folgte ein abwertendes Schnauben. „Echt jämmerlich. Fällt dir keine vernünftige Foltermethode mehr ein?“
„Ich überlege noch, und bis mir etwas Passendes für dich einfällt, genieße ich einfach deinen Anblick.“
Ein trotziger Blick traf ihn, der Bomer beinahe lachen ließ. Aber damit hätte er möglicherweise eine Schlägerei herausgefordert, daher grinste er nur, was kurz darauf erwidert wurde. Bomer ließ sich sein ehrliches Erstaunen darüber nicht anmerken.
„Ein schwuler Parkranger, der aussieht, als hätte er in den letzten zwanzig Jahren zu viele Gewichte gestemmt. Ich glaub's ja nicht.“
Bomer verschränkte die Arme vor der Brust. „Hast du etwas gegen Schwule?“
„Solange du mir nicht an den Arsch gehst, nein.“ Der Mann stutzte, blickte ihn misstrauisch an. „Ah, verstehe. Das gehört also zu deinem Plan. Du wartest, bis ich nackt bin, und dann fällst du über mich her.“
Der letzte Satz vertrieb jede alberne Stimmung, die in ihm eben noch vorgeherrscht hatte. Bomer erstarrte und das entging dem Namenlosen nicht, der irritiert die Stirn runzelte. Doch bevor er etwas sagen konnte, hatte Bomer die wenigen Schritte von der Tür bis zur Toilette bereits überbrückt und drängte sein Gegenüber wütend gegen die Wand.
„Es gibt weitaus schlimmere Foltermethoden, als eine Frau oder einen Mann zu vergewaltigen, aber trotzdem ist es genau das, wovon sich die wenigsten Opfer jemals wieder erholen. Sofern sie es überhaupt überleben. Aber nur zu deiner Information, ich werde deinen Arsch nicht mit Gewalt anrühren. Das würde ich niemals jemandem antun, kapiert?“
„Oh mein Gott.“
Bomer ließ von dem Mann ab und machte kehrt. Die Tür des Badezimmers knallte hinter ihm zu, als er in den Flur stürmte. Das gerufene und zu ehrlich klingende, um eine Lüge zu sein, „Es tut mir leid.“, aus dem Inneren, hörte er dennoch.
Soviel zu Freundlichkeit, Gelassenheit und Ruhe. Am liebsten hätte er das Haus verlassen, um eine sehr lange Runde durch den Wald zu machen. Aber das wagte er sich nicht, immerhin war ein ungefesselter Attentäter in seinem Badezimmer. Der keine Kleidung zum Wechseln besaß, fiel ihm abrupt ein. Bomer fluchte unflätig und machte kehrt, um in sein Schlafzimmer zu gehen und Abhilfe zu schaffen. Was er trug, dürfte dem Kerl zwar nicht passen, dazu war er zu schlank und zudem kleiner als er selbst, aber fürs Erste musste es eben reichen.
Als er mit einem Stapel Wäsche in den Flur trat, ging die Tür vom Badezimmer auf. Sein Gast hatte sich in eins der größeren Badetücher gewickelt und Bomer runzelte irritiert die Stirn, da er sich damit bis zur Brust bedeckte. Das taten normalerweise eher Frauen. Seltsam.
Ihre Blicke trafen sich. Keiner sagte ein Wort. Bomer war trotzdem klar, dass sein Gast genau wusste, was ihm angetan worden war. Vielleicht zu genau?
„Hier“, sagte er schließlich und streckte den Arm mit der Kleidung aus.
„Ich hoffe, du hast ihn dafür fertiggemacht.“
„Ja.“
„Gut“, erklärte Mister Unbekannt daraufhin nur und nahm die Sachen. Im nächsten Moment seufzte er leise. „Es gibt einen dritten Beutel mit Ersatzkleidung. Neben deinem Schuppen, von der Tür aus rechts.“
Bomer verstand ohne weitere
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