Herbstmilch
zurückgekommen. Konrad hatte ihn gebeten, auch zur Hochzeit zu kommen, weil sie Freunde waren. Dieser nun hieß Albert. So ergab es sich, daß ich auch mit ihm ein wenig tanzte. Die beiden Freunde setzten sich zusammen und nahmen auch mich an ihren Tisch. Aber erst mußte ich meinen Vater fragen, der nicht weit weg saß. Er erlaubte es mir. Da waren nun lauter junge Leute beisammen, und alle lachten und waren lustig, und ich war auch fröhlich. Sie bezahlten mir die Brotzeit und machten auch mit mir ihre Späße.
Im Laufe des Nachmittags gingen die Gäste dann ins Nachbarwirtshaus, und da wurde nur mehr Wein getrunken. Die geladenen Hochzeitsgäste nahmen ein Mädchen ihrer Wahl mit. Als besondere Auszeichnung galt es für ein Mädchen, wenn es vom Brautführer gewählt wurde. Der Brautführer war der Bruder des Bräutigams, und der erwählte gerade mich. Nun saß ich am Ehrenplatz und wußte gar nicht, wie ich dazu gekommen war.
Da meine Schwester auch schon die Kühe melken konnte und meine Firmpatin den gleichen Heimweg wie ich hatte, durfte ich am Abend noch auf der Feier bleiben. Nun hatte dieser Albert, der mir nicht mehr von der Seite wich, zufällig die gleiche Richtung zu gehen, und ich erlaubte ihm, mich zu begleiten. Die Firmpatin ging mit ihrem Mann ein gutes Stück voraus und wir zwei hinterher. Albert schob sein Rad, und wir gingen Hand in Hand bis zu unserem Hof.
Es war eine mondhelle Nacht. Bei unserer Scheune blieben wir stehen. Da redeten wir lange miteinander, und dann schwiegen wir, und dann küßten wir uns. Wir konnten uns gut leiden. Aber schließlich mußte ich ins Haus und Albert auch heim. Aber er wußte den Weg nicht, so nahm er nur die Richtung an und fuhr los.
Ich ging ins Haus und schlief noch lange nicht ein. Ein bißchen stolz war ich schon, weil ich bei der Hochzeit so gut angekommen war, und ein wenig Hoffnung hatte ich auch, daß ich einmal einen Mann bekommen würde, da doch die Nachbarstöchter immer zu mir sagten, ich hätte keine Aussichten. Viele Tage erinnerte ich mich daran freudig, aber ich sagte nichts.
Eines Nachts kam ein Bursch an mein Kammerfenster. Es war gegen Mitternacht. Meine Schwester schlief auch in meiner Kammer. Eine Weile ließ ich ihn klopfen und rufen. Weil aber keine Ruhe wurde, öffnete ich doch das Fenster. Wir redeten eine Weile miteinander, dann fing der Bursche an zu jammern, daß ihm so kalt sei und ihm die Zehen frieren, ich möchte ihn doch in mein Bett lassen, damit er sich aufwärmen könne. Zwar wollte ich das nicht recht glauben, er aber ließ nicht nach. Er war aus der Nachbarschaft, und ich kannte ihn gut. Schließlich ließ ich ihn doch herein. Da waren wir bald schön warm im Bett, und er rückte mir immer näher und wurde handgreiflich. Das gefiel mir nicht mehr so recht. Da nahm ich von der Außenseite das Leintuch und wickelte mich darin ein, so war er von mir abgeschnitten. Da blieb er nicht mehr lange, zog sich an und ging heim. Meine Schwester schlief so fest und hat nichts gehört, auch der Vater nicht. Am nächsten Morgen war Sonntag, und ich ging zur Kirche. Auf dem Kirchplatz standen die Burschen und lachten ganz laut über mich und auch über den Burschen, weil ich mich ins Leintuch eingewickelt hatte.
*
Von dem Albert, der mich von der Hochzeit heimbegleitet hat, sah und hörte ich nichts mehr. So war wohl ein dreiviertel Jahr vergangen. An einem schönen sonnigen Sonntag fuhr ich mit dem Fahrrad in die Stadt zur Kirche. Ich schaute in das Schaufenster eines Fotografen. Da kamen zwei Burschen, einer war ein Verwandter von mir, in seiner Begleitung Albert. Aber ich erkannte ihn nicht mehr, es war schon so lange her, und wir hatten uns ja erst einmal gesehen.
Aber nun trafen wir uns jeden Sonntag und blieben befreundet. Nach der Kirche gingen wir in ein Gasthaus und aßen immer Schweinswürstel mit Kraut, in eine Konditorei gingen wir auch. Wir hielten uns bei den Händen und waren sehr glücklich, und ich wartete schon wieder auf den nächsten Sonntag. Er kam auch zu mir ans Kammerfenster.
Später hat er sogar mit mir schlafen dürfen. Es war ein großes Erlebnis, und ich mochte ihn immer lieber.
Eines Abends war ein altes Ratschweib bei mir, und es war abgemacht, daß Albert kommen wird. Am Hauseck war eine große Hollerstaude, unter dieser wartete er stundenlang, aber die Alte ging nicht. Über ihm in den Zweigen hatten sich Hühner zur Nacht eingerichtet. Die ließen von Zeit zu Zeit etwas fallen, und in der
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