Herbsttagebuch: Roman (German Edition)
Juli heißt.
Wir sind
seit drei Monaten zusammen. Wir lieben uns. Wir sitzen stundenlang zusammen und
quatschen. Wir haben den weltbesten Sex. Ich habe für seine Mutter zwei Kleider
genäht und sie hat mir das Du angeboten. Ich habe gedacht, das ist etwas ganz Besonderes
und Festes zwischen uns.
Und er hat
eine Tochter und sagt es mir nicht!!!
Unsere Beziehung
kann für ihn also nicht dasselbe sein wie für mich. Ich bin eine blöde, bescheuerte
und naive Kuh!
»Siehst
du! Jeder Mann muss sein kleines Geheimnis haben«, sagt eine feine, traurige Stimme
in meinem Kopf. Es ist Augusta. Jetzt verstehe ich, was sie gefühlt hat, als sie
von Friedrichs Betrug erfuhr.
Etwas zerreißt
in mir. Ich könnte schreien vor Kummer!
4. Kapitel
… Frauen auch
Immer wenn Basti anruft, bin ich
nicht da. Besser gesagt, ich tue so, als sei ich nicht da. Ich gehe nicht an mein
Handy und wenn das Telefon in der Werkstatt klingelt, muss Margret erfinden, dass
ich gerade auf dem Klo/im Schraders/im Lottoladen oder sonst wo bin.
»Also, noch
einmal lüge ich nicht für dich«, sagt Margret nach Bastis fünftem Versuch.
»Dann lügt
eben Jola«, beschließe ich.
»Hast du
ein Problem, musst du sprechen mit ihm«, sagt Jola.
Ich weiß,
dass sie recht hat. Aber ich kann jetzt nicht mit ihm reden! Ich würde einen gigantischen
Heul-Schrei-und-Motz-Anfall kriegen. Ob das was bringt? Ich fürchte nicht.
Meine Gedanken
drehen sich seit Tagen unentwegt im Kreis.
Basti hat
also ein Kind.
Das ist
eigentlich überhaupt kein Drama. Ich finde Kinder süß und so ist es nun mal, wenn
man kein Teenie mehr ist und einen Mann kennenlernt. Man kann nicht davon ausgehen,
dass er vorher im Dornröschenschlaf gelegen hat. So weit, so gut. Aber warum hat
er mir nichts von seiner Tochter erzählt? Wir reden doch sonst über alles. Es muss
einen handfesten Grund geben. Meine Gedanken überschlagen sich beinahe. Sind er
und die Mutter seiner Tochter ein Paar oder (oh, Gott!) sogar verheiratet? Ist er
deshalb oft unterwegs und hat keine Zeit für mich? Bin ich womöglich nur sein kleiner
dummer Zeitvertreib, seine Affäre?
»Rosa, was
ist eigentlich los?« Margret steht neben mir, ihre Hand auf meiner Schulter. Dieses
Mal aber nicht hart wie ein Schraubstock, sondern federleicht und beruhigend. »Du
bist käsebleich und führst Selbstgespräche und ich fürchte, du wirst diesen armen
Seidenrock in tausend Fetzen zerschneiden, anstatt ihn umzunähen.«
Ich schaue
hilflos in ihr freundliches Gesicht. Und dann fange ich an zu heulen. Kein Wort
kommt aus mir heraus, nur Tränen, Tränen, Tränen. Ich bin bitter enttäuscht und
ich finde allein keinen Trost.
Erst nach
einer halben Stunde und zwei Päckchen vollgeweinter Taschentücher versiegt der Strom
und ich kann meinen beiden Kolleginnen erzählen, was passiert ist.
»Umso mehr
musst du endlich mit ihm reden«, sagt Margret. »Beim nächsten Klingeln gehst du
ran oder besser noch, du rufst ihn selbst an. Sonst drehst du gleich durch.«
»Er ist
arbeiten«, sage ich. »Da kann ich ihn nicht einfach anrufen. Er ist dann immer total
im Stress.«
»Für dich
hat er Zeit«, sagt Jola. »Ist lieber Mann, dein Basti. Wollte er seine kleine Prinzessin
nur nicht erschrecken. Weißt du?«
Welche Prinzessin
meint sie wohl? Mich oder Bastis Tochter?
Ich verzichte
darauf, nachzufragen, zumal beide Varianten nicht besonders schmeichelhaft für mich
sind.
»Ich finde
es aber nicht lieb, dass er mich angelogen hat«, sage ich ärgerlich.
»Eigentlich
hat er gar nicht gelogen«, meint Margret.
Warum verteidigen
die beiden Basti eigentlich?
Natürlich
er hat nicht gesagt: ›Ach, Rosa, übrigens, ich wollte dir noch mitteilen, dass ich kein Kind habe.‹ Das wäre eine glatte Lüge gewesen. Aber ist Verschweigen
nicht ebenso eine Form von Schwindelei? Wie bei meinen Eltern, die mir jahrelang
nicht gesagt haben, dass Lila meine Zwillingsschwester ist. Beinahe wäre unsere
ganze Familie deswegen kaputt gegangen. Und bis heute frage ich mich manchmal, wenn
wir alle zusammen sind, was sie mir womöglich noch alles verheimlichen.
So wird
es also mit Basti und mir jetzt auch sein. Das Urvertrauen ist zerstört, die ganze
Leichtigkeit futsch!
In diesem
Moment trällert mein Handy drauflos. Margret schnappt es sich, bevor ich es in eine
Ecke schmeißen kann, und geht ran.
»Sebastian,
grüß dich«, sagt sie fröhlich. »Ja, sie ist endlich da. Ich gebe sie dir.«
Ich will
nicht rangehen.
Weitere Kostenlose Bücher